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Blaesing, David

David Blaesing

„M. David Blaesing, Mathem. Professor“ (Selbstbezeichnung auf dem Titelblatt, zit. 1698, zweiter Teil)
* 29.12.1660 Königsberg, † 7.10.1719 Königsberg
Kalender seit 1692, verfaßt bis mindestens 1701
Übernommene Reihe: → Kirch, Gottfried

David Blaesing wurde am 29. Dezember 1660 als Sohn des Zinngießers Paul Blaesing und dessen Frau Katharina, geborene Föltzke, in Königsberg (Preußen) geboren (Voigt, 1824, S. 457; vgl. Altpreußische Biographie, 1941, Bd. 1, S. 305). Als einiziges Kind der Eltern erhielt er zunächst Privatunterricht und besuchte dann die Altstädtische Schule. Hier wurde er von dem Rektor Matthäus Freund, der ihn „in sein Haus und an seinen Tisch“ nahm, besonders gefördert (Voigt, 1824, S. 458). 1678 verließ Blaesing mit einem sehr guten Zeugnis vom damaligen Rektor → Andreas Concius diese Schule (ebd., S. 458 mit Quelle: Lilienthals Leichenpredigten, Fol. 1, p. 43) und immatrikulierte sich am 11. Oktober des Jahres an der Universität in Königsberg (Erler, 1910, Bd. 2, S. 111 „11. Octobris. [1678.] Blesing Dav., Regiomonte-Pruss., jur.“). Er besuchte Vorlesungen zur Philosophie, Geschichte, Theologie, Medizin und Mathematik (Buck, 1764, S. 110). Insbesondere zu letzterem Fach, das damals von Georg Wosegin vertreten wurde, verspürte Blaesing besondere Neigung. Nach vier Jahren wechselte er an die Universität in Leipzig, wo er sich im Sommersemester 1682 in die Matrikel einschrieb (Erler, 1909, Bd. 2, S. 34 „Blesing, Blaesing Dav. Regiomontan. 16 gr. i S 1682 P 61, b. a. 28.X.1682, m. W 1682“) und bereits im Juni 1682 als Respondent einer Disputation auftrat (anderer Druck, Titel 1). Hier wurde er am 28. Oktober 1682 zum Baccalaureus und am 25. Januar 1683 zum Magister der Philosophie (Buck, 1764, S. 110) promoviert. In Leipzig könnte er dem Astronomen und Kalendermacher Gottfried Kirch begegnet sein, denn Blaesing war mit dem Königsberger Christoph Colb (1657–1689) bekannt; Colb war damals ebenfalls in Leipzig und wurde von Kirch in der Astronomie unterrichtet (Herbst, 2006, Bd. 3, S. 807; vgl. Buck, 1764, S. 114).
Im September 1684 kehrte Blaesing nach Königsberg zurück, schrieb sich erneut in die Matrikel der Universität ein (Erler, 1910, Bd. 2, S. 140 „8. Septembris. [1684.] Mag. Blaesing Dav. Ius Academicum, ab exteris Academiis redux, repetiit praestito antehac iuramento“), hielt Vorlesungen und stand zahlreichen Disputationen vor (Buck, 1764, S. 111; Voigt, 1824, S. 459; vgl. andere Drucke, Titel 3 und folgende). Nachdem Wosegin seine Professur niedergelegt hatte, wurde Blaesing am 2. Mai 1690 dessen Nachfolger und zum ordentlichen Professor der Mathematik ernannt (Buck, 1764, S. 111). Gottlieb Kirch schrieb darüber am 27. Juni / 7. Juli 1690 aus Warschau an seinen Vater Gottfried Kirch in Leipzig: „An unserm Tische habe ich erfahren von einen Königsberger daß hl. M. Kolbe vor ungefehr 5 Viertel Jahren gestorben, welches ich mit grosser Verwunderung vernahm. hl. Mag. Bläsing der zu gleich mit ihme in Leipzig studirte ist Prof. Mathes. worden, es ist derjenige er ging an hl. D. Oleari Tische und wolte gerne mit ihme bekandt werden welches M. Kolbe verhinderte. Nun ist dieser nichts desto weniger Prof. worden und jener liegt im Grabe“ (Herbst, 2006, Bd. 2, S. 44). Im August 1690 hielt er die Pro-loco-Disputation (anderer Druck, Titel 5) und am 14. September 1690 trat er die Professur an (Buck, 1764, S. 111).
Von September 1697 bis ins Jahr 1699 bereiste Blaesing Deutschland, Holland, Frankreich und England und machte sich mit zahlreichen Gelehrten bekannt (Voigt, 1824, S. 460f.). Vorher hatte er an Herzog Friedrich III. geschrieben und um finanzielle Unterstützung gebeten, die ihm auch gewährt wurde (Milewska-Kozłowska, 2018, S. 156 mit Verweis auf eine Akte im GSAPK Berlin). Nach Königsberg zurückgekehrt, heiratete er 1699 Regina Meyer (gest. 1716), Witwe von Georg Roscheyen, dem Diakon an der kneiphöfischen Domkirche. Die Ehe blieb kinderlos (Voigt, 1824, S. 461). In der akademischen Laufbahn wurde er am 11. Juli 1701 in die Brandenburgische Societät der Wissenschaften zu Berlin aufgenommen (Hartkopf, 1983, S. 72; vgl. Brather, 1993, S. 334) und er übernahm verschiedene Ämter an der Königsberger Universität bis hin zum Rektorat (Arnoldt, 1746, Teil 1, S. 337, Teil 2, S. 348, 378; Buck, 1764, S. 112f.; Voigt, 1824, S. 461). Blaesing starb am 7. Oktober 1719 (Buck, 1764, S. 113; Voigt, 1824, S. 462). Er hinterließ eine reichhaltige Bibliothek, eine beträchtliche Münzsammlung und zahlreiche mathematische Instrumente, was er alles per Testament der Universität vermachte (Buck, 1764, S. 113; die Privatbibliothek ist beschrieben in Milewska-Kozłowska, 2018, S. 159–164).
In Königsberg war es seit dem Ende des 16. Jahrhunderts üblich, daß der Universitätsprofessor für Mathematik auch die Jahreskalender verfaßte (vgl. → Nicolaus Neodomus, → Matthias Meine, → Joachim Radenicius, → Heinrich Hermann, → Sigismund Weier, → Johann Strauss, → Albert Linemann, Andreas Concius). Auch David Blaesing unterzog sich dieser Aufgabe und „gab die hiesigen mit verschiedenen gelehrten Anmerkungen angefüllte Calender, einige Jahre nach einander heraus“ (Buck, 1764, S. 112). Dabei geriet er in Konkurrenz zu Gottfried Kirch, der für die Jahre 1683 bis 1691 den Schreibkalender für Königsberg (bzw. Preußen) verfaßte und in Königsberg von Christoph Lange verlegen ließ (Herbst, 2004a, S. 142). In einem Brief vom 26. September / 6. Oktober 1691 an seinen Sohn Gottlieb schrieb Kirch darüber: „Lange in Königsberg hat mir den Kalender auffgekündiget, weil Churfl. Durchl. zu Brandenb. haben will (oder vielmehr erlaubet hat) daß der neue Prof. Math. M. Bläsing den Preußischen Kalender machen soll“ (Herbst, 2006, Bd. 2, S. 107; vgl. ebd., S. 185 „Der Königsbergische Kalender, von welchem mich der dasige Mathematicus verdrungen hat.“ und ebd., S. 364f. „würde auch den [Königsbergischen] Calender gern länger continuiret haben, wann nicht Hl. Prof. Bläsing mich abgedränget hätte“). Blaesing hat somit die Königsberger Kalenderreihe von Gottfried Kirch ab 1692 fort- und mindestens bis für 1701 weitergeführt (vgl. Brather, 1993, S. 253 „Blaesings Kalender“ 1700 und 1701). Von Blaesings Kalendern sind nur drei Exemplare für die Jahre 1694, 1698 und 1700 überliefert (vgl. Preuß, 1929, S. 297 mit Nennung der Exemplare für 1693 und 1694, die damals in der UB Königsberg vorhanden waren; die Kalender von Blaesing sind beschrieben und inhaltlich ausgewertet in Milewska-Kozłowska, 2018, S. 164–180). Ein Textbeispiel aus dem Kalender für 1698 verdeutlicht (siehe Quellenzitat), daß Blaesing zu jenen Kalenderautoren gehörte, die bereits im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts ihre Kalender mit frühaufklärerischen Inhalten versahen (vgl. neben den oben genannten Gottfried Kirch und Andreas Concius z. B. auch → Johann Christoph Sturm, → Christian Grüneberg und → Christoph Richter).

Titel:
1692–1701[?]: Königsbergischer […] Schr.Calender.
Druck und Verlag:
1692–1694: Druck Johann Zacharias Stolle, Danzig, Verlag Christoph Lange, Königsberg, 1695–[1699?]: Druck: Johann Zacharias Stolle, Danzig, Verlag Christoph Langes Witwe und Erben, Königsberg, 1700[?]–1701: Druck Johann Zacharias Stolle, Danzig, Verlag Michael Lange, Königsberg.
Nachweis:
BPAN Gdańsk (Ex. für 1694, 1700). UB Warschau (Ex. für 1698, Fragment). Alle drei überlieferten Exemplare nicht in Herbst, 2008a. Brather, 1993, S. 253 (Kalender für 1700 und 1701 erwähnt). VD17 (ohne Kalender). CERL.
Andere Drucke:
Zahlreiche Disputationen werden in Buck, 1764, S. 110–114 genannt. Hier werden nur die in heutigen Bibliotheken auffindbaren nachgewiesen.
(1) Lorenz Weger (Praeses) und David Blaesing (Respondent): De Verbo Dei, ex Occasione Phraseos Chaldaicae. Juni 1682. Königsberg. HAAB Weimar, 4° XXXVII: 176 (65). Und in anderen Bibliotheken.
(2) David Blaesing (Praeses) und Johannes Woyt (Respondent): Disqvisitio Mathematica qvam de Erronea Temporis Mensuratione In Itinere Benedicente Divino Numine et […]. 3. Mai 1684. Leipzig. SUB Göttingen, 8 ASTR I, 403 (21), online. SLUB Dresden, Coll. diss. A. 11,11, online [18.05.2016]. Und in anderen Bibliotheken.
(3) David Blaesing (Praeses) und Jacob Mittelpfort (Respondent): Disqvisitio Physica, De Nive […]. Mai 1686. Königsberg. SLUB Dresden, Coll. diss. A. 149,14. Online [18.05.2016].
(4) David Blaesing (Praeses) und Andreas Hedio (Respondent): Exercitatio Academica De Euclidis Propos. XLVII. Lib. I. Element. […]. November 1689. Königsberg. SUB Göttingen, 8 MATH I, 3933:5 (22) RARA. Online [18.05.2016].
(5) David Blaesing (Praeses) und Andreas Hedio (Respondent): Dissertatio Astronomica De Mercurii Per Solem Transitu, Die X. Novembr. a. c. Observando, […] Pro Loco Professionis Mathematum Ordinariae […]. August 1690. Königsberg. FB Gotha, StW 4° 00258 (14).
(6) David Blaesing (Praeses) und Albertus Columbus (Respondent und Autor): Schediasma Academicum, De Columna Ostrocolensi […]. 19. September 1702. Königsberg. BSB München, 4 Diss. 483#Beibd. 4. Online [18.05.2016].
(7) David Blaesing (Praeses) und Georg Sigismund Rast (Respondent und Autor): Exercitatio Geometrica, De Lineae Juxta Proportionem Divinam Divisione […]. Januar 1703. Königsberg. BSB München, 4 Diss. 2297#Beibd. 9. Online [18.05.2016].
(8) David Blaesing (Praeses) und Johann Jakob Quandt (Respondent): Exercitatio mathematico-physica: De sphaerarum coelestium symphonismo […]. 1705. Königsberg. SLUB Dresden, Coll. diss. A. 11,12.
(9) David Blaesing (Praeses) und Christoph Langhansen (Respondent): Dissertatio Academica, De Eclipsi Lunari, Ejusque secundum Tab. Rudolph. instituendô calculô, duobus exemplis, quorum alterum d. 29. Jul. Ao. 1711., alterum d. 23. Januar. Ao. 1712. apparebit, illustraô: […]. 1711. Königsberg. BSB München, 4 Diss. 2048#Beibd. 27. Online [18.05.2016].
(10) Johann Jakob Quandt (Praeses) und David Blaesing (Respondent sic): Exercitatio de symphonismo sphaerarum […]. 1715. Königsberg. SLUB Dresden, Exeg. C. 540,17.
(11) David Blaesing (Praeses) und Georg Heinrich Rast (Respondent und Autor): Dissertatio Astronomica De Linea Meridiana […]. 12. Juni 1716. Königsberg. BSB München, 4 Diss. 2048#Beibd. 4. Online [18.05.2016].
Literatur (Auswahl):
Friedrich Johann Buck: Lebens=Beschreibungen derer verstorbenen Preußischen Mathematiker überhaupt und des vor mehr denn hundert Jahren verstorbenen großen Preußischen Mathematikers P. Christian Otters insbesondere in zwey Abtheilungen glaubwürdig zum Druck befördert. Königsberg, Leipzig 1764. Zu David Blaesing: S. 110–114.
Johannes Voigt: Skizze vom Leben David Blaesings, Professors der Mathematik zu Königsberg. In: Beiträge zur Kunde Preußens. Bd. 6. Königsberg 1824, S. 457–464.
Joanna Milewska-Kozłowska: Der Königsberger Professor und Kalendermacher David Bläsing (1660–1719). In: Klaus-Dieter Herbst und Werner Greiling (Hrsg.): Schreibkalender und ihre Autoren in Mittel-, Ost- und Ostmitteleuropa (1540–1850). Bremen 2018, S. 155–181.
Quellenzitat:
Kapitel „Von Gesundheit und Kranckheit“: „Mit diesem Capitel ist es so weit gekommen/ daß kein kluger mehr auf dasselbige was geben will/ weil der Leser so offt in gantz vergebene Furcht oder Hoffnung gesetzet wird. Deßhalben vermeine ich dieses Capitel in einem besseren Credit zu setzen/ wenn ich den Discurs von Gesundheit und Kranckheit/ nicht allzuweit/ mit den Abergläubischen Astrologen, biß von den Sternen herhole/ sondern vielmehr von den erfahrnesten Medicis und Naturkündigern einen guten Unterricht entlehne. Vor diesesmahl wollen wir auß einem sehr berühmten Autore, einige Regelen hersetzen/ worinnen angewiesen wird Daß der Jenige/ so seiner Gesundheit warnehmen will/ nicht allzuordentlich und sorgfältig nach der Diaet zu leben habe.“ (David Bläsing: Königsberger Kalender für 1698, zweiter Teil, S. G2b).
Kapitel „Von Frucht und Unfruchtbarkeit der Erden“: „Auff das Prognosticon des gegenwertigen Capitels gibt ein kluger Wirth so viel/ als auff das Prognosticum des kurtz=vorhergehenden/ und auff beyder nicht das allergeringste. Es ist auch einmahl Zeit/ daß wir die aberglaubische abgeschmackte Prognostica fahren lassen/ […].
Wir wollen anstat des ungewissen und betrüglichen prognosticirens/ dem Leser aus einem berühmten Autore ein Kunststücklein communiciren/ wie man die Erd=Früchte multipliciren solle. Es erweiset selbiger Autor, mit sehr vielen Proben und Gründen/ daß das Saltz der Kräuter=Saamen/ und der Tau der Kräuter=Milch sey. Deswegen will er daß der Saamen/ bevor er der Erden anvertrauet wird/ etzliche Stunden vorher in Tauwasser geweichet werde/ so würde er sich wunderbar vermehren.
So man noch eine grössere Vermehrung des Saamens verlangte/ befiehlt er daß man in das Tauwasser/ in welchem man den Saamen geworffen/ ein wenig von dem Sale nitro zerlasse. […].“ (ebd., S. G3b).

Erstellt: 19.05.2016
Letzte Aktualisierung: 09.07.2019

blaesing_david.txt · Zuletzt geändert: 2019/07/09 10:20 von klaus-dieter herbst