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Meine [Menius], Matthias

„M. Matthias Meine von Dantzigk, Professor der Universitet zu Königsberg in Preussen“; „[…] vnd Illustris: Ducum Prussiae Bibliothecarium“ (Selbstbezeichnungen auf den Titelblättern, zit. 1581, 1593)
* 1544 Danzig, † 3.6.1601 Königsberg/Preußen
Kalender seit 1573, verfaßt bis 1602
Übernommene Reihe: → Neodomus, Nicolaus

Matthias Meine (lat. Menius; Namensansetzung nach CERL und VD16) wurde 1544 in Danzig geboren (Buck, 1764, S. 45). Über die Eltern und Kindheit konnten keine gesicherten Einzelheiten ermittelt werden. Vermutlich war Andreas Menius, Lehrer an der Marienschule in Danzig, sein Vater (so die Vermutung in Faber, 1925, S. 32, Anm. 4). Vielleicht war er ein Bruder von Josias Menius, dem ebenfalls aus Danzig stammenden Schullehrer in Nürnberg, Wittenberg und Elbing (Will, 1755, Bd. 2, S. 611–613). 1565 und 1566 gab es noch einen Joachim Menius als Schulgeselle an der Johannisschule in Danzig (Faber, 1925, S. 32, Anm. 4 u. S. 115).
Am 20. Oktober 1558, also mit ca. 14 Jahren, wurde er an der Universität in Wittenberg immatrikuliert (Förstemann, 1841, Bd. 1, S. 353 „[1558 Mense Octobri. 20.] Matthias Menius Dantiscanus“). Sieben Jahre später (1565) bat Meine den Danziger Rat um ein Stipendium, um seine Studien fortsetzen zu können. Der Rat bewilligte ihm dieses mit der Verpflichtung, nach dem Studium dem Danziger Rat zur Verfügung zu stehen. 1569 und 1570 kam er dem nach, doch benötigte man ihn in Danzig noch nicht (Koch, 1907, S. 69). So zog er erneut nach Wittenberg und wurde dort am 29. August 1570 zum Magister der Philosophie promoviert (UA Halle, Rep. 1, Nr. XXXXV, 1, Bd. 2, S. 239, Nr. 6; vgl. Koch, 1907, S. 69). Von Wittenberg aus wandte er sich nach Görlitz, wo er am 15. Juni 1571 eintraf.
Die Verbindung nach Görlitz kam über seinen Freund → Bartholomaeus Scultetus zustande, den er in Wittenberg kennengelernt hatte und in Görlitz besuchte (Koch, 1907, S. 69). Aus dem Tagebuch von Scultetus lassen sich aus dieser Zeit mehrere Reisen von Meine nach Danzig und wieder zurück nach Görlitz rekonstruieren. Sein erster Aufenthalt in Görlitz dauerte nicht lange. Nachdem er erneut in Danzig gewesen war, traf er am 12. Oktober 1571 im Hause von Scultetus in Görlitz ein und betrieb fortan seine Verheiratung mit einer reichen Witwe (Koch, 1907, S. 70). Am 12. November wurde ihm Clara Weidner (gest. 11. Dezember 1590; Koch, 1907, S. 71, nach einem Eintrag in Scultetus’ Kalender), Tochter des dortigen Bürgermeisters und verwitwete Bernt, als Braut zugesagt (Scultetus machte den Vermittler). Am 10. Dezember 1571 reiste Meine ein weiteres Mal nach Danzig, um vor der Verheiratung die „Freiheit“ vom Danziger Rat zu erlangen. Doch man gewährte ihm nur Urlaub. Am 24. Januar 1572 war er zurück in Görlitz und am 11. Februar 1572 fand die Hochzeit statt (ebd., S. 70). Die Freundschaft mit Scultetus äußerte sich auch darin, daß Meine seinem Freund das Geld für den Verlag von dessen Werk „Gnomonice De Solariis“ gab (ebd., S. 71; bei Scultetus der andere Druck, Titel 3).
In Görlitz blieb Meine bis zum 27. September 1574, denn dann mußte er dem Ruf seiner Vaterstadt Danzig folgen. Als er mit Frau und Kind (ein Sohn aus erster Ehe der Frau namens Friedrich Bernt; Koch, 1907, S. 71) Görlitz verließ, mußte er Haus und Hof im Wert von 1000 Gulden zurücklassen. In Danzig erhielt er 1575 die Stelle eines außerordentlichen Lehrers für Mathematik am Akademischen Gymnasium (ebd., S. 70). (Mit dieser Schilderung gemäß Koch, 1907 nach den Aufzeichnungen von Bartholomaeus Scultetus und nach den Auszügen aus Akten vom „Königlichen Preußischen Staatsarchive zu Danzig“ (Koch, 1907, S. 71, Anm. 2) stimmt die in der Literatur anzutreffende Behauptung, Meine sei 1571 Rektor der Johannisschule in Danzig geworden, nicht; so in Praetorius, 1713, S. 168 und in Buck, 1764, S. 45; vgl. Faber, 1925, S. 34, der Zweifel an Meines Rektorat äußerte).
1579 erhielt Meine einen Ruf an die Universität in Königsberg als ordentlicher Professor der Mathematik, weshalb er dort am 2. Dezember 1579 in die Matrikel eingetragen wurde (Erler, 1910, Bd. 1, S. 70 „[1579] 2. Decembris. M. Matthias Menius, Dantiscanus, vir ornatissimus, cum ad mathematum professionem vocatus esset, in honorem Academiae remissum est ei precium inscriptionis“; vgl. Arnoldt, 1746, Teil 2, S. 374). Als Professor vertrat Meine öffentlich in einer heute nicht mehr auffindbaren Arbeit von 1595 das heliozentrische Weltbild von Copernicus (Lawrynowicz, 1999, S. 75).
Ebenfalls an der Königsberger Universität wurden am 29. September 1593 gemeinsam drei junge Männer immatrikuliert: ein in Königsberg geborener namensgleicher „Matthias Menius“ und die in Danzig geborenen „Theophilus Menius“ und „Stanislaus Meine“ (Erler, 1910, Bd. 1, S. 118). Denkbar ist, daß es sich hier um drei Söhne von Matthias Menius, dem Mathematikprofessor, handelt.
Seit 1586 (nicht 1585) war er auch fürstlicher Bibliothekar, d. h. er war für die Schloßbibliothek verantwortlich (Kuhnert, 1926, S. 85; vgl. Shevchenko, 2007, S. 107). Zuvor war der Vorgänger Michael Scrinius am 13. Oktober 1585 gestorben, dessen Witwe ein volles Jahr lang (die „Gnadenzeit“) das Bibliothekarsgehalt erhielt, weshalb die Stelle bis Michaelis 1586 unbesetzt blieb (Kuhnert, 1926, S. 85). Das Jahresgehalt als Professor und Bibliothekar betrug zusammen 316 Mark und 30 Schilling (Shevchenko, 2007, S. 107, Anm. 52; 150 Mark als Professor, 150 Mark und Biergeld 16 Mark 30 Schilling als Bibliothekar, siehe Kuhnert, 1926, S. 86f.). Zusätzlich erhielt Meine jedes Jahr 16 Mark für die dem preußischen Herzog bzw. dessen Gemahlin gewidmeten Kalender als Verehrung (Shevchenko, 2007, S. 193; vgl. Kuhnert, 1926, S. 86, Anm. 2 mit einer präziseren Aufschlüsselung der Verehrungen von Kalendern für 1581 bis 1584, 1586, 1587, 1599). 1596 bezeichnete er sich in dem Stammbuch des Ephraim Praetorius (vgl. Praetorius, 1713) auch als „Geodetarumque Praeceptor & Inspector“ (Buck, 1764, S. 46; Kuhnert, 1926, S. 87). Drei Mal (1587, 1593, 1599) bekleidete Meine das Amt des Rektors an der Universität. Nach einem „Schlag“ starb Meine am 3. Juni 1601 (Buck, 1764, S. 46; Kuhnert, 1926, S. 94 mit Verweis auf den von Rektor und Senat der Königsberger Universität ihm gewidmeten Nachruf vom 5. Juni 1601, früher vorhanden in der SUB Königsberg, Q 62. 2°). Da Meine eine Witwe hinterließ, die bis Ostern 1602, also ein volles Jahr lang, das „Gnadengeld“ erhielt (Kuhnert, 1926, S. 94), und Meines erste Frau Clara bereits 1590 gestorben war (siehe oben), muß Meine ein zweites Mal geheiratet haben. Hierüber sind keine Einzelheiten bekannt.
Nachdem Meine Ende 1579 Mathematikprofessor geworden war, oblag es ihm ab 1580 die jährlichen Kalender zu verfassen. Aber erst 1583 wurde er „zum offiziellen Kalendermacher als Nachfolger des Neodomus bestellt“, wofür er bis 1586 jährlich 75 Mark aus der herzoglichen Rentkasse erhielt. Danach hat er „offenbar, um bei seinen astronomischen Arbeiten möglichst wenig behindert zu sein, für die Bibliothek einen Gehilfen erbeten und zu dessen Gunsten auf seine Besoldung als Kalendermacher verzichtet“ (Kuhnert, 1926, S. 86). Dieser Gehilfe war der Hofkaplan Ziegler (Kuhnert, 1926, S. 84).
Meine begann bereits 1572 mit dem Verfassen von Schreibkalendern. Damals weilte er noch in Görlitz und vermutlich ließ er Kalendarium und Prognostikum für 1573 auch dort drucken. Über diesen Anfang des Kalendermachens berichtete Meine in einem Brief vom 8. Dezember 1572 an den Danziger Rat, dem er seine erste Kalenderarbeit widmete (APG, Gdańsk, 300,36-18, S. 9–12; im gleichen Archiv sind sieben weitere Briefe überliefert, die Meine in Danzig (10.11.1578, 26.8.1579) und in Königsberg (8.7.1581, 24.11.1596, 14.11.1597, 21.2.1598, 25.9.1598) verfaßt und an den Danziger Rat gerichtet hatte; für den am 29. Oktober 2018 gegebenen Hinweis auf diese Briefe danke ich Dr. Ulrich Schlegelmilch, Würzburg). Aus einem weiteren Brief vom 8. Juli 1581 geht ferner hervor, daß Meine bereits für 1580 einen lateinischen Kalender mit Prognostikum (vgl. Reihe 5) und einen weiteren deutschen Kalender (vermutlich Reihe 2) verfaßte. Hierzu hatte er mit den Danziger Buchführern Steffen Scholtz und Salomon Gisser einen Vertrag („contract“) geschlossen, dessen Einhaltung Meine jetzt auch für den Jahrgang 1581 einforderte und „einen abtrag, wie fürm Jar gescheen“, erwartete. Dafür erbat er Unterstützung beim Danziger Rat (APG, Gdańsk, 300,36-18, S. 3–16). Ob die 1573 begonnene Kalenderreihe nahtlos in den „Schreibkalender vnd Allmanach“ (Reihe 2) überging, konnte nicht ermittelt werden.
Aus dem Jahrgang 1581 ist ein „Schreibkalender vnd Allmanach“ bekannt und ein lateinisches „Calendarivm“ mit dem „Prognosticon Astrologicvm“ sogar überliefert (FB Gotha, Math 4° 00177/01 (01)–(02)). Beide Kalender, den deutschen und den lateinischen, widmete Meine dem Markgrafen Georg Friedrich von Ansbach. Meines Kalender zeichnen sich dadurch aus, daß er ihnen als erster in Preußen ein Verzeichnis der Märkte beigab (Preuß, 1929, S. 296) und „allemal zum Beschluß ein Verzeichnüß der preußischen Müntzen und ihres rechten Werthes beygefüget“ hat (Jöcher, 1750/51, Bd. 3, Sp. 377). Offenbar kam neben der in Königsberg gedruckten Kalenderreihe auch eine Reihe in Riga heraus, denn es ist ein großes Prognostikum für 1592 überliefert, das in Riga gedruckt wurde (für die am 8. Dezember 2011 zugesendete Kopie des Titelblatts des Prognostikums für 1592, das sich in einer Rigaer Bibliothek befindet, danke ich Prof. Janis Kletnieks, Riga). Schon für 1591 soll diese Rigaer Reihe erschienen sein (Richter, 1906, S. 63). Nachdem Meine gestorben war, setzte → Joachim Radenicius die bei Georg Osterberger bzw. dessen Witwe gedruckte Kalenderreihe fort.

Titel:
Deutsche Kalender:
(1) 1573–[?]: „Kalender“ und „Prognosticon“ [kein Exemplar ermittelt, aber erwähnt in einem Brief vom 8.12.1572].
(2) 1580–1583: Schreibkalender vnd Allmanach.
(3) 1583–1602: Schreibkalender vnd Allmanach [in Nachfolge von Nicolaus Neodomus].
(4) [1591?]–1592[?]: Schreibkalender vnd Allmanach [nur Prognostikum überliefert].
Lateinischer Kalender:
(5) 1580–1581[?]: Calendarivm Et Ephemeris Sive Diarivm.
Druck und Verlag:
(1) 1573: [?, Görlitz?].
(2) 1581–1583: Andreas Kelner, Stettin.
(3) 1583–1602: Georg Osterberger, Königsberg.
(4) 1591–1592: Nicolaus Mollyn, Riga.
(5) 1580: Druck ?, Verlag Steffen Scholtz und Salomon Grisser, Danzig, 1581: Druck Johann Beyer, Leipzig, Verlag [Steffen Scholtz und Salomon Grisser ?, Danzig].
Nachweis:
Herbst, 2008a, S. 125. Ergänzung: BPAN Gdańsk, Ta 6907.8° (Ex. für 1593, 1598, 1600 der Reihe 3; gesehen am 28. Juni 2010). Zinner, 1941/64, S. 276, Nr. 2992 (Kalender für 1581, Reihe 2), Nr. 2993 (Kalender für 1581, Reihe 4), Nr. 2994 (Vorhersage für 1581), Nr. 2995 (Vorhersage für 1582) und passim. Preuß, 1929, S. 296f. (Ex. für 1581 bis 1602). VD16. CERL.
Andere Drucke:
(1) Observationes von dem neuen Stern, welcher im Jahr 1572. in der Caßiopaea erschien. Zitiert nach Buck, 1764, S. 45.
(2) Von aller geschlecht der Cometen/ jeder zeit/ wan die erscheinen zugebrauchen/ vnd von dessen wirkungen/ der vns zu Dantzigk den 12. Nouembris dieses 1577. Jar erschienen ist. Durch M. Matthiam Meyne Dantiscanum Mathematum studiosum. Danzig 1578. FB Gotha, Math 4° 00125/02 (09). Und in anderen Bibliotheken.
(3) Themata de circulis Spherae Materialis […]. Königsberg 1584. Zitiert nach VD16 M 2247.
(4) (Disputation) Matthias Meine (Praeses), ? (Respondent): Disputation de corculis. 22. Februar 1584 pro loco. Königsberg. Zitiert nach Buck, 1764, S. 46, Nr. 1.
(5) (Disputation) Matthias Meine: Disputation de rotunditate terrae & aquare. 1. Mai 1591. Königsberg. Zitiert nach Buck, 1764, S. 46, Nr. 2.
Literatur:
Friedrich Johann Buck: Lebens=Beschreibungen derer verstorbenen Preußischen Mathematiker überhaupt und des vor mehr denn hundert Jahren verstorbenen großen Preußischen Mathematikers P. Christian Otters insbesondere in zwey Abtheilungen glaubwürdig zum Druck befördert. Königsberg, Leipzig 1764. Zu Matthias Meine: S. 45–47.
Ernst Koch: Moskowiter in der Oberlausitz und M. Bartholomäus Scultetus in Görlitz. Kulturbilder aus der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts. In: Neues Lausitzisches Magazin, Bd. 83 (1907), S. 1–90. Zu Matthias Meine: S. 69–71.

Erstellt: 06.10.2016
Letzte Aktualisierung: 29.10.2019

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