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Kirch, Christfried

„Christfried Kirch, Observator Astronomicus bey der Königl. Preuß. Societät der Wissenschafften“ (Selbstbezeichnung auf dem Titelblatt, zit. 1726 von Reihe 8)
* 24.12.1694 Guben, † 9.3.1740 Berlin
Kalender seit 1712, verfaßt bis 1740
Übernommene Reihen: → Kirch, Gottfried; → Uranophilus, Ernestus (Pseud.)

Die bis heute umfangreichste Beschreibung des Lebens von Christfried Kirch stammt aus dem Jahr 1741. Sie wurde kurz nach Kirchs Tod von dem Sekretär der Brandenburgischen Societät der Wissenschaften zu Berlin verfaßt (Vignoles, 1741), der bereits einen Nachruf auf Kirchs Mutter geschrieben hatte (Vignoles, 1722). Neuere Literatur verweist kaum noch darauf, transportiert aber Einzelheiten, teilweise unzulässig verändert, ohne die Quelle zu nennen. Hier wird wieder auf die ursprüngliche Quelle verwiesen sowie die jüngere Forschung berücksichtigt. Gleichzeitig werden erstmals auch Einzelheiten zu Kirchs Tätigkeit als Kalendermacher genannt.
Christfried Kirch wurde am 24. Dezember 1694 in Guben als Sohn des Astronomen Gottfried Kirch (1639–1710) und dessen zweiter Frau Maria Margaretha (1670–1720) geboren (Vignoles, 1741, S. 305; Jöcher, 1750/51, Bd. 2, Sp. 2093). Christfried Kirch besuchte zunächst die Elementarschule in Berlin. Danach lernte er einige Zeit am Gymnasium in Halle, , wo er im Mai 1708 ankam (also mit 13 Jahren, im 14. Lebensjahr) (Vignoles, 1741, S. 307). 1709 kehrte er nach Berlin zurück und besuchte dort bis zum 14. November 1712 das Joachimsthalsche Gymnasium (ebd., S. 308). Bereits in dieser Zeit führte Christfried unter Anleitung seines Vaters astronomische Beobachtungen aus, z. B. während der Mondfinsternis vom 28. April 1706 (Hamel, 2002, S. 70), während der Sonnenfinsternis vom 12. Mai 1706 (Vignoles, 1741, S. 307) und während der Sonnenfinsternis vom 28. Februar 1710 (Herbst, 2008b, S. 62). Nach dem Verlassen des Gymnasiums hielt sich Kirch zu Studienzwecken einige Monate in Nürnberg auf (Vignoles, 1741, S. 308). Hier berechnete und veröffentlichte er bei dem Druck- und Verlagshaus der Endter, die bereits einige Kalenderreihen von den Kirchs herausgebracht hatten, die Ephemeriden von Sonne, Mond und Planeten für 1714 (anderer Druck, Titel 1). Mit 19 Jahren (1714) ging er „auf die Academie nach Leipzig, darauf aber nach Königsberg und Danzig“ (Jöcher, 1750/51, Bd. 2, Sp. 2093). Am 23. April 1714 wurde er in die Matrikel der Leipziger Universität eingeschrieben (Vignoles, 1741, S. 308 „de l’Académie, & inscrit dans la Matricule, par le Docteur Cyprianus, le 23. Avril 1714“). Nach Königsberg ging er 1715 für einige Wochen, nachdem die Familie nach Danzig umgezogen war (ebd., S. 309 „Kirch, profitant du Voisinage, alla faire une visite de quelques Semaines, à l’Académie de Königsberg“). Er könnte sich dort mit dem fast gleichaltrigen Georg Heinrich Rast (1695–1726) bekannt gemacht haben, der Kirch 1718 in Berlin besuchte (Brief von Kirch an Johann Leonhard Rost vom 26. November 1718, Bl. 189; zu Rast vgl. Mädler, 1873, Bd. 2, S. 543).
Die Familie Kirch wurde von dem Baron Bernhard Friedrich von Krosigk (1656–1714) unterstützt, der in Berlin eine Sternwarte besaß, die die Kirchs nutzen durften. Nachdem Gottfried Kirch gestorben war und die Astronomenwohnung der Societät freigeräumt werden mußte, zog die hinterbliebene Familie in das Haus des Barons (Vignoles, 1741, S. 308; Jöcher, 1750/51, Bd. 2, Sp. 2094). Nachdem auch von Krosigk am 11. September 1714 gestorben war, mußte die Familie Kirch sich wiederum nach einer neuen Bleibe umsehen. Die Witwe Kirch und ihre Kinder Christfried, Theodora (getauft 17./27.4.1683–nach 1716), Christine (14./24.4.1697–6.5.1782), Dorothea Johanna (1701–20.1.1771), Margaretha (ca. 1703–nach 1748) (siehe Herbst, 2006, Bd. 1, S. lxxxiii f.) verließen am 26. März 1715 Berlin und zogen für 18 Monate nach Danzig, wo sie zunächst von einem „Professeur en Mathematiques“ (Vignoles, 1741, S. 309) und später von der Familie des verstorbenen Astronomen Johannes Hevelius (1611–1687) aufgenommen wurden (ebd., S. 309 und 312 „environ dix-huit Mois“; vgl. Vignoles, 1722, S. 180). Von Danzig aus ging Christfried Kirch einige Wochen nach Königsberg (Vignoles, 1741, S. 309), kehrte aber im Januar 1716 wieder nach Danzig zurück (vgl. Hamel, 2010, S. 73, Anm. 15). In Danzig verfaßte er die Ephemeriden für die Jahre 1715 und 1716 (Vignoles, 1741, S. 310; andere Drucke, Titel 2 und 3). Dort begegneten die Kirchs auch dem russischen Zaren. Dieser versuchte Kirch als Astronom nach Moskau zu holen, doch Kirch lehnte auf Begehren seiner Mutter ab (Vignoles, 1741, S. 311).
Daß Christfried Kirch als erwachsener Mann noch immer in der Hauswirtschaft seiner Mutter leben mußte, lag an den geringen finanziellen Mitteln. Die Mutter beklagte in einem Brief an den Hofprediger Daniel Ernst Jablonski (1660–1741) in Berlin vom 9. Mai 1716, „daß der arme Mensch, um den kümmerlichen Bißen Brodts, helffen zu erwerben, bey mir seyn muß, und nicht Gelegenheit haben kan, seine Studia recht auszuführen. So große Lust zwar wol bey ihm ist, die berühmten observatoria Engellandes und Franckreichs zu sehen, und zum Nutz der gelehrten Welt darvon etwas zu erlernen, so fehlets nur allein an Mitteln und ReiseKosten“ (ABBAW Berlin, I–III–1, Bl. 4r–7r, hier Bl. 4v).
Nachdem am 6. April 1716 Johann Heinrich Hoffmann (1669–1716), Astronom an der Sternwarte der Brandenburgischen Societät der Wissenschaften zu Berlin, gestorben war (Vignoles, 1741, S. 311; Hartkopf, 1983, S. 197), schrieb Kirch von Danzig aus drei Briefe an D. E. Jablonski in Berlin, in denen er sich um die Nachfolge als Astronom an der Berliner Sternwarte bewarb (zwei aus Privatbesitz sind gedruckt in Weiss, 1940, S. 219–222, der dritte vom 2. Mai 1716 liegt im ABBAW Berlin, Nachlaß Kirch, Nr. 48.1). Kirch konnte dabei auf seine astronomischen Publikationen („meine 3jährigen Ephemerides“, vgl. die anderen Drucke, Titel 1 bis 3) und Erfahrungen als Observator sowie auf seine Mitarbeit an den Kalendern, „welche wir auf Breslau und Nürnberg continuiret“ (Weiss, 1940, S. 220), verweisen. In der Sitzung der Societät am 8. Oktober 1716 wurde Kirch, der im September 1716 mit Mutter und Schwestern aus Danzig nach Berlin zurückgekehrt war (Vignoles, 1741, S. 312), als Astronom und Observator der Königlichen Societät gewählt und am 10. Januar 1717 als Mitglied in die Societät aufgenommen (Hartkopf, 1983, S. 225; Vignoles, 1741, S. 312 nennt den 13. Januar). Fortan lebten er, seine Mutter und die Geschwister Christina, Dorothea Johanna und Margaretha wieder in Berlin (Theodora war schon zuvor in Berlin geblieben, weil sie seit 1709 mit Johann Sebastian Gading, Kantor an der Garnisonskirche, verheiratet war). 1726 wurde Christfried Kirch zusätzlich Bibliothekar der Societät. Die Akademien in Paris (1723) und in St. Petersburg wählten ihn als auswärtiges bzw. korrespondierendes Mitglied (Jöcher, 1750/51, Bd. 2, Sp. 2093). Seine astronomischen Arbeiten publizierte er in den deutschen, englischen und französischen gelehrten Journalen sowie in eigenen Schriften, darunter den großen Schreibkalendern (Vignoles, 1741, S. 313–336).
Für eine Heirat verspürte Christfried Kirch keine Neigung (ebd., S. 348). Er lebte mit den ebenfalls unverheirateten Schwestern Christine und Margaretha in einem Haushalt (ebd., S. 349). Diese halfen auch beim Observieren, z. B. hielt die eine das Teleskop und die andere nahm mit der Pendeluhr die Zeit, während Christfried durch das Teleskop sah (ebd., S. 349; vgl. Mommertz, 2002, S. 49).
Kirch stand mit zahlreichen Gelehrten im Briefwechsel, z. B. von 1716 bis 1731 mit Johann Leonhard Rost (1688–1727) und Johann Carl Rost (1690–1731) in Nürnberg (veröffentlicht bei Gaab, 2017 (Rost)), von 1720 bis 1739 mit Johann Gabriel Doppelmayr (1677–1750) in Nürnberg (veröffentlicht bei Gaab, 2017 (Doppelmayr)), von 1733 bis 1738 mit → Michael Adelbulner (1702–1779) in Altdorf (veröffentlicht bei Gaab, 2017 (Adelbulner)), von 1734 bis 1738 mit Johann Jacob Schübler (1689–1741) in Nürnberg (veröffentlicht bei Gaab, 2017 (Schübler)), seit 1716 mit Daniel Ernst Jablonski (siehe oben; vgl. Wattenberg, 1973, S. 23; Hamel, 2010, S. 73, Anm. 14), von 1735 bis 1736 mit Jean Philippe Baratier (1721–1740) in Halle und von 1736 bis 1739 mit Gottlieb Siegfried Bayer (1694–1738) in St. Petersburg (alles überliefert in UB Basel), von 1725 bis 1736 mit Emanuel Davisson in Danzig (Schwarz, 1925, S. 68; Wattenberg, 1973, S. 23). Mit dem französischen Astronomen Joseph-Nicolas Delisle (1688–1768), der im Januar 1726 die Berliner Sternwarte aufsuchte (Hamel, 2002, S. 85), stand Kirch bereits seit 1720 im Briefkontakt (die Briefe sind überliefert in BO Paris und UB Basel, vgl. Herbst, 2006, Bd. 1, S. xxxviii). Auch mit dem Nürnberger Astronomen Johann Philipp Wurzelbaur (1651–1725) stand er im Kontakt (überliefert in UB Basel,). Kirch schenkte diesem das im DM München aufbewahrte Exemplar seines „Transitus Mercurii Per Solem“ (anderer Druck, Titel 5; handschriftlicher Vermerk Kirchs auf dem Titelblatt: „Celeberr. Dno. de Wurtzelbau“).
Kirch arbeitete als Beiträger mit an der seit 1733 in Nürnberg erschienenen astronomischen Fachzeitschrift „Commercium litterarium ad astronomiae incrementum“ (Gaab, 2011c, S. 125). Die astronomischen Beobachtungen auf dem Observatorium mußte er mit einer dürftigen instrumentellen Ausrüstung anstellen, die mit denen in den führenden Sternwarten in Greenwich, Paris und Kopenhagen nicht konkurrieren konnte (vgl. die Inventarliste der Berliner Sternwarte von 1725 in Hamel, 2010, S. 94–99). Kirch erfand, wie sein Vater, eine neue Mikrometerart (Fischer, 1801, Bd. 3, S. 175) und führte die von seinen Eltern begonnene meteorologische Meßreihe für Berlin fort (Vignoles, 1741, S. 345; vgl. Cubasch/Kadow, 2010, S. 128). Er starb mit 45 Jahren als angesehener Astronom am 9. März 1740 in Berlin nach einer „nouvelle attaque d’Apoplexie“ (Vignoles, 1741, S. 345), d. h. „an einem Schlagflusse“ (Jöcher, 1750/51, Bd. 2, Sp. 2093). Nachfolger als Sternwartendirektor wurde der frühere Assistent Johann Wilhelm Wagner (1681–1745), der auch schon an der Sternwarte des Barons von Krosigk gearbeitet hatte (Vignoles, 1741, S. 346; Herrmann/Hoffmann, 1998, S. 31; Dick, 2000, S. 15).
Kirchs wissenschaftlicher Nachlaß befindet sich teils im Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (vgl. Battré/Herrmann, 1970, S. 538f.; Wattenberg, 1973, S. 18f.; Hamel, 2002), teils in der Bibliothek der Pariser Sternwarte (vgl. Herbst, 2006, Bd. 1, S. xxxvi, Anm. 14) und teils in der Universitätsbibliothek Tübingen (Wattenberg, 1973, S. 20). Kirchs astronomische Aktivitäten wurden bisher nur mit Blick auf dessen Beobachtungen der Sonnenflecken und der veränderlichen Sterne Mira (α Ceti) und Algol (β Persei) gewürdigt (Wolf, 1890, Bd. 2, S. 410, 550f.; vgl. Mädler, 1873, Bd. 1, S. 406). Sein umfangreicher Katalog der Polarlichter wurde 1996 herausgegeben (Schröder, 1996).
Die Kalenderarbeit lernte Christfried Kirch durch seinen Vater Gottfried Kirch kennen. Bis zur Ernennung des Vaters zum Königlichen Astronomen in Berlin (1700) waren die Honorare für die verschiedenen Kalenderreihen das einzige Einkommen für die Familie. Es lag somit im Interesse aller, daß auch die Kinder und die Ehefrau von Gottfried Kirch zur Mithilfe beim Kalendermachen angehalten wurden. Nach dem Tod von Gottfried Kirch wurden die astronomischen Angaben für die Kalender der Brandenburgischen Societät von dem schon oben erwähnten Johann Heinrich Hoffmann berechnet. Die in Nürnberg und Breslau gedruckten Kalenderreihen wurden weiterhin von den Kirchs verfaßt. Ein von Kirch am 19. Juli 1721 geschriebener Brief an Delisle in Paris liefert hierzu neue Kenntnisse (für den am 3. Januar 2018 gegebenen Hinweis auf diesen Brief danke ich Dr. Hans Gaab, Fürth). So berichtete er anläßlich des Todes seiner Mutter: „Meine Mutter, welche der Berechnung und den Beobachtungen zugetan war, verfaßte jährlich auch drei Kalender, die den Nürnberger Horizont bedienten, zwei den Breslauer, einen den Dresdener und einen weiteren die ungarischen Gebiete.“ (Quellenzitat 1). Von den hier genannten sieben Kalenderreihen waren bisher nur die drei Nürnberger (Reihen 1–3) und eine Breslauer (Reihe 4) bekannt. Die zweite auf den Breslauer Horizont gerichtete Kalenderreihe konnte jetzt ermittelt werden. Es war der „Haus= Wirthschafts= und Schreib=Calender“ von „Valentini Hanckens Continuatorem“ (vgl. bei → Hancke d. J., Valentin), dessen „Continuatoren“ anfangs → Christoph Neubarth und → Johann Neubarth, dann Gottfried Kirch und schließlich dessen Frau Maria Margaretha bzw. Sohn Christfried Kirch waren. Daß Gottfried Kirch 1686 tatsächlich mit der Baumannschen Druckerei in Breslau einen Vertrag über zwei Quart-Kalenderreihen geschlossen hatte, folgt aus dessen Korrespondenz (Brief vom 10./20. Juli 1686, siehe Herbst, 2006, Bd. 1, S. 355; vgl. Pavercsik, 2018, S. 337). Von der auf den Dresdener Horizont gerichteten Kalenderreihe (Reihe 6) konnte kein Exemplar ermittelt werden. Die im Brief genannte Kalenderreihe für die ungarischen Gebiete (Reihe 7) könnte eine ins Ungarische übersetzte sein, die bereits von → Bernhard Kracker begründet wurde und (nach den Hanckes?) von → David Frölich und von den Neubarths nach Art „Bernhardi Crackers“ (bei Frölich Reihe 5, bei Christoph Neubarth Reihe 5, bei Johann Neubarth Reihe 8) fortgeführt wurde (vgl. Pvercsik, 2018, S. 331). Für das Jahr 1686 sind sowohl die deutsche Urfassung („Schreib=Calender“, Format 8°) als auch die gekürzte ungarische Fassung („kalendariom, melyet Kracker Bernard szerint“, Format 8°) überliefert (verglichen von Ilona Pavercsik, siehe Pavercsik, 2018, S. 337f.). Die hier der ungarischen Variante zugrunde liegende deutsche Reihe könnte jene sein, die im Brief von Christfried Kirch gemeint ist.
Die astronomischen Rechnungen für die Kalender, insbesondere die Finsternisrechnungen und Ermittlungen der Mondphasen, führte Christfried Kirch aus. Die Mutter Maria Margaretha Kirch war dazu nicht in der Lage (vgl. Herbst, 2008b, S. 60–65), wie sie selbst mehrmals einräumte. So bekannte sie am 2. August 1710, kurz nach dem Tod ihres Mannes, daß sie aus Gottfried Kirchs astronomischen Rechnungen – „aus seinen Rechnungen die Kalender, sowol die Er unter seinem Nahmen heraus gegeben, als auch zum theil die hiesigen habe ins Text gebracht“ (Quellenzitat 1). Ebenfalls vor dem Hintergrund der Kalenderherstellung schrieb sie am 9. Juni 1713 an ihren Sohn, der sich damals zu Studienzwecken in Nürnberg aufhielt: „Bedencke nur auch mich mit der Finsterniß Rechnung, wie auch wenn es seyn wolte mit den [Mond]s Vierteln[.] nur auf Uraneburg reduciren will ich schon“ (M. M. Kirch an C. Kirch, 9.6.1713, UB Basel, Ms L Ia 699, Bl. 218–219, hier Bl. 219r).
Die ab 1712 vor allem von Maria Margaretha Kirch zusammengestellten Texte der in Nürnberg und Breslau gedruckten Kalender stellen inhaltlich einen qualitativen Rückschritt gegenüber den zuvor von Gottfried Kirch gestalteten Kalendern dar, denn es fanden wieder mehr astrologische Mutmaßungen Aufnahme und die astronomischen Diskurse wurden weggelassen (Einschätzung nach der im März 2007 erfolgten Sichtung der bei Endter gedruckten Kalender, die fast komplett in der BC Krakau überliefert sind). Erst als Christfried Kirch wieder in Berlin war (September 1716) und den Hauptteil an der Kalenderarbeit leistete (neben Mutter und Schwester Christine half ihm zeitweise auch ein Johann Georg Schütz bei der Kalenderarbeit, siehe Hamel, 2002, S. 85), fanden wieder mehr astronomische Einzelheiten Eingang in die Kalender. So berichtete er in einem Kalender für 1718 ausführlich über die Beobachtungen der Sonnenflecken von Mai 1715 bis Sommer 1717 (Christen-, Juden- und Türken-Kalender für 1718, zweiter Teil, S. F1a–2b). In einem anderen Kalender (dem Himmels-Boten) für 1718 fügte er seine Beobachtung eines Nordscheins (Polarlichts) vom 2. Februar 1717 ein. Offenbar lieferte Kirch auch das astronomische Gerüst für einige andere der bei den Endtern herausgekommenen Kalender. Im Zeit- und Wunder-Kalender (vgl. → Freund, Marcus) für 1718 wurden sogar auf acht Seiten zwei wissenschaftliche Abhandlungen über die 1716 in Danzig gesehenen Polarlichter mit Kupferstich (vgl. Herbst, 2011a, S. 207) widergegeben: „Beschreibung des grossen Phaenomeni/ oder ungewohnlichen Nordscheins/ welches An. 1716. den 17. Martii Abends/ und in folgender Nacht erschienen/ aufgesetzt von C[hristfried]. K[irch].“ (vgl. den anderen Druck, Titel 4) und „Beschreibung zwey neuer Nord=Scheine/ An. 1716. den 12. und 13. April. als am Heil. Ostermontage Abends/ observiret zu Dantzig von C. K.“.
Eine systematische Auswertung aller von Christfried Kirch verantworteten großen Schreibkalender mit Blick auf die astronomischen Beigaben steht noch aus. Die bereits durchgesehenen geben Anlaß zu der Einschätzung, daß Christfried Kirchs Kalender in der Tradition der Kalender seines Vaters, des Altdorfer Professors → Johann Christoph Sturm und des Leipziger Professors → Ulrich Junius standen (vermutlich müßte hier auch → Johannes Gaupp genannt werden, doch von dessen lateinischem „Calendarium Astronomicum“, das unter den Astronomen kursierte, ist kein Exemplar überliefert). Diese hatten einige ihrer Kalenderreihen inhaltlich wie ein astronomisches Jahrbuch gestaltet. Damit entsprachen sie dem in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts unter Astronomen und Liebhabern der Astronomie aufgekommenen und im 18. Jahrhundert sich verstärkenden Bedürfnis nach mehr astronomischen Informationen (ausführlich dazu in Herbst, 2013b). So lange es – neben den allgemeinen wissenschaftlichen Journalen – noch keine astronomische Fachzeitschrift gab, kamen diesem Bedürfnis ausgewählte Kalenderreihen nach (vgl. Herbst, 2009a und Herbst, 2010b). Der von 1702 bis 1756 herausgegebene „Astronomische Calender“ der Brandenburgischen Societät der Wissenschaften zu Berlin, für den erst Gottfried Kirch, nach diesem bis 1716 Johann Heinrich Hoffmann, dann Christfried Kirch und nach diesem andere Berliner Astronomen verantwortlich zeichneten, stellte aus wissenschaftlicher Sicht in den 1740er Jahren einen Höhepunkt dar, denn in ihm wurden die von Leonhard Euler (1707–1783) verbesserten Mondtafeln zuerst veröffentlicht (Verdun, 2011, S. 273f., 281–284; vgl. Herbst, 2013b, S. 29). Die Tradition dieser Kalenderreihe wurde von dem 1774 in Berlin für 1776 erstmals herausgegebenen „Astronomischen Jahrbuch“ (BAJ) wieder aufgegriffen.
Christfried Kirchs Name wurde nur auf dem für 1726 erschienenen Danziger Kalender (Reihe 8) genannt. Offenbar führte er ab 1726 auch die unter dem Pseudonym „Ernestus Uranophilus“ von Constantin Gabriel Hecker (1670–1721), den Kirch 1716 in Danzig kennengelernt haben dürfte (so die Vermutung in Hamel, 2010, S. 73, Anm. 15), publizierten Kalender fort. Die in Nürnberg bei den Endtern gedruckten Kalenderreihen (1 bis 3) erschienen unter Beibehaltung des Namens des Vaters Gottfried Kirch. Nach Christfried Kirchs Tod wurden diese durch Michael Adelbulner fortgeführt, der ab 1743 als Verfasser auf dem Titelblatt erschien (vgl. Herbst, 2013b, S. 32). Die für Schlesien berechneten Kalender (Reihe 4 und 5) trugen ebenfalls nicht Kirchs Namen auf dem Titelblatt, sondern sie firmierten als „Neubarthscher Kalender“ bzw. „Hanckens Kalender“. Diese Reihen wurden später von Kirchs Schwester Christina fortgeführt (BAJ für 1777, S. 109, siehe Quellenzitat 3; vgl. Hamel, 2000b, S. 64), wofür ihr von der Societät 150 Reichstaler pro Jahr gezahlt wurden (Mommertz, 2002, S. 52). Diese lernte 1773 noch den Ende des 18. Jahrhunderts aufstrebenden Astronomen Johann Elert Bode (1747–1826) kennen, dem „bei ihren hohen Jahren“ die Kalenderarbeit „mit aufgetragen wurde“ (Lowe, 1806, S. 16). Bode heiratete am 14. Juli 1774 die jüngste Enkelin einer Schwester von Christina (die Enkelin war Johanna Christiana Lange, 1754–1782, Tochter des Pfarrers Michael Lange in Rädnitz bei Crossen an der Oder), die von ihr erzogen und ausgebildet worden war. Nachdem diese nach acht Jahren Ehe gestorben war, verheiratete sich Bode „1783 mit der älteren“ Enkelin (Sophia Dorothea Lange, ?–1790), die ebenfalls nach nur sieben Jahren starb (ebd.; Schwemin, 2006, S. 23, 91, 136). Die hier erwähnte Schwester von Christina war Theodora (Herbst, 2021 (in Arbeit)).
Christfried Kirch hinterließ eine große Anzahl von Briefen. Zu seinen Korrespondenten gehörte auch Johann Leonhard Rost (siehe oben). Dieser teilte in seinem Brief vom 12. Mai 1722 an Kirch ein sehr aufschlußreiches Detail über die damals gängige Praxis des Kalendermachens mit. Demnach spielten die Korrektoren in den Buchdruckereien eine unrühmliche Rolle bei der Herausgabe zahlreicher Kalender, denn sie verwerteten ein einmal eingegangenes Kalendermanuskript in unerlaubter Weise weiter (Quellenzitat 4).

Titel:
(1) 1712–1740: Christen= Jüden= und Türcken=Kalender [in Nachfolge von Gottfried Kirch, bis 1720 gemeinsam mit Maria Margaretha Kirch].
(2) 1712–1740: Wahrhafftiger Himmels=Bothe/ Oder Astronomischer Wahr=Sager [in Nachfolge von Gottfried Kirch, bis 1720 gemeinsam mit Maria Margaretha Kirch].
(3) 1712–1740: Almanach […] Schreib=Kalender [in Nachfolge von Gottfried Kirch, bis 1720 gemeinsam mit Maria Margaretha Kirch].
(4) 1712–1740: Johannis Neubarthii continuirter Schreib=Calender [in Nachfolge von Gottfried Kirch, bis 1720 gemeinsam mit Maria Margaretha Kirch].
(5) 1712–1727[?]: Haus= Wirthschafts= und Schreib=Calender von Valentini Hanckens Continuatorem [in Nachfolge von Gottfried Kirch, bis 1720 gemeinsam mit Maria Margaretha Kirch].
(6) [1712?]–1721[?]: Schreibkalender auf den Dresdener Horizont [in Nachfolge von Gottfried Kirch, bis 1720 gemeinsam mit Maria Margaretha Kirch; kein Exemplar ermittelt, vgl. Quellenzitat 1].
(7) [1712?]–1721[?]: Schreibkalender auf den Horizont Ungarns (vermutlich nach Art Bernhard Krackers) [in Nachfolge von Gottfried Kirch, bis 1720 gemeinsam mit Maria Margaretha Kirch; kein Exemplar ermittelt, vgl. Quellenzitat 1].
(8) [?]–1726–[?]: Curieuser astronomischer und historischer Calender.
Die anonym publizierten großen Schreibkalender der von der Brandenburgischen Societät der Wissenschaften zu Berlin herausgegebenen Reihen sind (vgl. Brather, 1993, S. 256f., dort auch die zahlreichen kleinformatigen Kalenderreihen):
(9) 1717–1740: Astronomischer Calender.
(10) 1717–1740: Haußhaltungs=Calender.
(11) 1717–1740: Historisch= Geographischer=Calender.
Druck und Verlag:
(1)–(3) Endter, Nürnberg.
(4), (5) Baumannsche Erben Druckerei, Breslau.
(6), (7) ?.
(8) Krossen, Danzig.
(9)–(11) Verschiedene Drucker und Verleger im Auftrag der Brandenburgischen Societät der Wissenschaften zu Berlin (siehe Brather, 1993, S. 253–255).
Nachweis:
Endter, 1784. Brather, 1993, S. 256f. BPAN Gdańsk, Ex. für 1726 der Reihe 8. GSAPK Berlin, Ex. für 1726 der Reihe 8. VD18 (ohne Kalender). CERL (ohne Kalender). Wendt, 1903, S. 389f. (Ex. der Reihe 5 bis 1727). Quellenzitat 1.
Andere Drucke:
Christfried Kirch verfaßte zahlreiche astronomische Beiträge für deutsche, englische und französische gelehrte Journale. Hier sei nur verwiesen auf die „Miscellanea Berolinensia Ad Incrementum Scientiarum“ (Bd. 2, 1723; Bd. 3, 1727; Bd. 4, 1734; Bd. 5, 1737).
Die selbständigen Publikationen sind:
(1) Teutsche Ephemeris Auf das Jahr nach der Gnadenreichen Geburt unsers Heilandes Jesu Christi 1714. Worinnen nicht nur der Lauff der Planeten in Länge und Breite/ Sondern auch deroselben sichtbarer Auf= und Untergang/ Declination oder Abweichung und andere nützliche Astronomische Rechnungen zu finden. Nebst einem Anhange/ in welchem allerhand Astronomische Sachen abgehandelt werden/ Insonderheit wie gegenwärtige Ephemeris mit Nutzen zu gebrauchen. Mit Fleiß berechnet und ausgefertiget von Christfried Kirchen/ der Mathematischen Wissenschafften Beflissenen. Nürnberg 1714. ThULB Jena, 4 Math. VII, 92 (2). BFS Halle, 179 C 10 (11).
(2) Teutsche Ephemeris Auf das Jahr […]. 1715. Erwähnt in Vignoles, 1741, S. 310.
(3) Teutsche Ephemeris Auf das Jahr […]. 1716. Erwähnt in Vignoles, 1741, S. 310.
(4) Auffrichtiger Bericht/ Von dem in itztlauffenden 1716den Jahre den 17. Martii Abends entstandenen ungewöhnlichen Nord=Schein/ wie solcher allhier in Dantzig/ Die gantze Nacht durch mit Fleiß observiret/ Und nachgehends in unterschiedenen beygefügten Figuren abgezeichnet worden Von Christfried Kirchen/ der Astronomiae und Math. Stud. [Danzig 1716]. SBPK Berlin, 3 in: Bibl. Diez qu. 2606. Online [06.09.2017]. Und in anderer Bibliothek.
(5) Transitus Mercurii Per Solem, Ad Anni proximi MDCCXX. Diem 8. Maji, Ex variis recentioribus Tabulis supputatus, & necessaria Commentatione illustratus. Accessere Conjunctionum Lunae cum Venere, Palilicio & Regulo notabiliorum, per eundem Annum observandarum, Praedictiones, juxta Tabulas Cel. Philippi de la Hire. Berlin 1719. DM München, 1965 A 1487. Online [06.09.2017]. Und in anderen Bibliotheken. Das im DM Museum München aufbewahrte Exemplar trägt auf dem Titelblatt den Verwerk „Celeberr. Dno. de Wurtzelbau“.
(6) Merckwürdige Himmels=Begebenheiten, so sich im bevorstehenden 1726. Jahre zutragen werden. Berlin 1725. BSB München, Res/4 Astr. p. 524,4. Online [06.09.2017]. Und in anderen Bibliotheken.
(7) Beschreibung des besondern Nord=Scheins/ Welcher In der Nacht zwischen dem 16 und 17 Novemb. Anno 1729 erschienen, Wie solcher zu Berlin angemercket worden; Nebst einigen angehängten Kurtzen Gedancken Uber die Nord=Scheine überhaupt. Berlin 1729. ULB Halle, Qc 935 (4). Online [06.09.2017].
(8) Observationes Astronomicae Selectiores, In Observatorio Regio Berolinensi Habitae, Quibus Adjectae Sunt Annotationes Quaedam Et Animadversiones Geographicae & Chronologicae, Aliaque Ad Astronomicam Scientiam Spectantia. Berlin 1730. SLUB Dresden, Astron. 558, 13.bd. Online [06.09.2017]. Und in anderen Bibliotheken.
(9) Merckwürdige Himmels=Begebenheiten, So sich im 1736. Jahre zutragen werden. Berlin 1736. BSB München, 4 Math 308. Online [06.09.2017]. Und in anderen Bibliotheken.
Literatur:
Alphonse des Vignoles: Art. „Madame Kirch“. In: Bibliotheque Germanique ou histoire littéraire de l’Allemagne, de la Suisse et des Pays du Nord. Anne’e MDCCXXI. Tome Troisieme. Amsterdam 1722, S. 168–183. HAAB Weimar, Hist. lit. XIII, o. 15a.
Alphonse des Vignoles: Art. „Eloge de M. Kirch le Fils, Astronome de Berlin“. In: Journal Littéraire d’Allemagne, de Suisse et du Nort. Anne’e M. DCC. XLI. Tome Premier. La Haye 1741, S. 300–351. ThULB Jena, 8 Hist. lit. XIII, 17a.
Dietrich Wattenberg: Art. „Kirch, Christfried“. In: Neue Deutsche Biographie, Bd. 11 (1977), S. 634 [06.09.2017].
Quellenzitate:
(1) Christfried Kirch in Berlin an Joseph-Nicolas Delisle in Paris, 19.7.1921 (wiedergegeben wird ein Auszug in deutscher Übersetzung des lateinischen Originals): Kirch entschuldigt sich, daß er den Briefpartner so lange auf Antwort warten ließ. Die Gründe waren: „Erstens der Tod meiner innigsten geliebten Mutter, der am 29. Dez. des [dann] bald verstreichenden Jahres eintrat, und vielmehr noch die ihrem Tod vorhergehende Krankheit, und ebenso haben Sorgen und andere auf ihren Tod folgende Behinderungen mich meist abgelenkt, so daß ich eine Zeitlang nicht in der Lage war, meinen kalendariographischen Arbeiten zu obliegen. Danach auch ist meine Tätigkeit dreifältig gewesen, so daß ich mich gezwungen sah, vor den notwendigen Arbeiten fast alles [andere] zurückzustellen. Um mich klarer auszudrücken, muß ich bemerken, daß unsere Societät Herrn Wagner und mir 4 größere Kalender verschiedener Art und 3 kleinere zur Ausarbeitung übertragen hat in der Weise, daß wir nach Gutdünken die Arbeit unter uns aufteilten. Meine Mutter, welche der Berechnung und den Beobachtungen zugetan war, verfaßte jährlich auch drei Kalender, die den Nürnberger Horizont bedienten, zwei den Breslauer, einen den Dresdener und einen weiteren die ungarischen Gebiete. Nach dem Weggang von Herrn Wagner jedoch ist sämtliche Arbeit für die Societät mir zugefallen, und nach dem Tod meiner Mutter [sind es] auch alle oben erwähnten externen Kalender. Und obwohl dem Herrn Wagner jemand nachfolgte, hat dieser mir dennoch zu wenig an Erleichterung, aber mehr an Behinderung gebracht, da astronomische Berechnung und Kalenderbeschreibung ihm bisher unbekannt sind. Aber genug darüber! Nun komme ich zu Deinem Brief selbst zurück.“ (BO Paris, B 1/2, Tom II, 20, online [16.08.2018]; für die Übersetzung danke ich Dr. Manfred Simon, Philologe in Jena).
(2) Maria Margaretha Kirch: Memorial vom 2.8.1710 an die Brandenburgische Societät der Wissenschaften zu Berlin, in dem sie um die Erlaubnis, die Kalenderarbeit ihres am 25.7.1710 verstorbenen Mannes fortführen zu dürfen, ersuchte: „Denn ob zwar ich mir wohl getrauete, mit Hülffe meines, obschon jungen Sohns, die Kalender=Arbeit zu verfertigen, und richtig zu liefern: in dem unser seel. Mann und Vater, uns beyderseits, nicht nur allein im Calculo Astronomico und Observiren treulich unterrichtet, wie ich ihm denn bald vom Anfange unsers Ehe=Standes, darinnen bin behülflich gewesen, und Der Sohn auch auf 1711 Dem schweren Calculum Der Finsterniße, und noch einer sichtbaren Sonnen=finsterniß darzu, mit dem seel. Vater durch gemachet Sondern es hat der selbe auch noch Lehr=Schrifften uns hinter laßen welche uns könten fort leiten, […] Die weil mir aber auch wohl bewust, was vor ein Mühsames wesen, es um die Aus=Arbeitung derer kalender, in so unterschiedlichen Sorten ist, wo schon gleich der Astronomische Calculus auf ein Jahr allbereit verfertiget, also, daß es einem vom ersten Anfange, schwer genug fallen solte: ehe er in die Übung käme. […] ich kan es ohne Ruhm melden, wird auch wohl in etwa bekandt seyn, daß ich eine Zeit lang, in dem mein lieber seeliger Mann durch Alter, viel mehr aber durch kranckheiten schwach worden, auß seinen Rechnungen die Kalender, sowol die Er unter seinem Nahmen heraus gegeben, als auch zum theil die hiesigen habe ins Text gebracht.“ (ABBAW Berlin, I-III-3a, Bl. 46–48, hier Bl. 46r–47r; vgl. Herbst, 2008b, S. 63).
(3) In einem Bericht über die Mondfinsternis vom 30. September 1773 wird „der Breslauische Calender“ herangezogen. Heinrich Lambert berichtete über diesen in einer Anmerkung: „Dieser Calender ist nach den Zanottischen Ephemeriden berechnet, und zwar von Madlle Kirch, einer Tochter und Schwester der beyden Astronomen gleichen Namens, die schon vom vorigen Jahrhundert her die Berlinsche Sternwarte berühmt gemacht haben.“ (BAJ für 1777, S. 109).
(4) Johann Leonhard Rost in Nürnberg an Christfried Kirch in Berlin, Auszug aus dem Brief vom 12. Mai 1722: Rost stellte fest, daß „heut zu Tage die Verleger, nicht so wol auf einen guten kunstmäßigen Calender, sondern nur darauf sehen, daß sie immer weniger dafür bezahlen dürfen, und doch gleichwol viel Wucher damit treiben können. Ich weis, wie es hier damit herzugehen pfleget, doch ist nicht allezeit der Verleger Schuld daran. Zum Exempel: Die Herren Endters, denen Ew. HochEdl. die Calender calculiren, wißen etwan nicht wie ich, wie sie betrogen werden. Denn der Corrector ihrer Druckereyen, so bald er die Calender in die Hände kriegt, schreibt ihn hurtig ab, und communicirt ihn hernach anderwerts um etliche Gulden hin, wie ihn denn der hiesige Buchhändler Lochner, schon viele Jahr lang, auf dergleichen Schlag von ihm empfangen, wie mir seine frau selbst gesagt hat. Gedachter Lochner, läßt ihn hernach wieder etlichs mal abschreiben und verschickt ihn hin und her, also daß er fast so viel Geld dafür ein ziehet, als der Auctor pro labore kriegt, und kan er die seinigen, so er hier drucken läßt, noch darzu umsonst kriegen.“ (UB Basel, L Ia 720, Bl. 80r–v).

Erstellt: 08.09.2017
Letzte Aktualisierung: 03.04.2020

kirch_christfried.txt · Zuletzt geändert: 2020/04/03 11:08 von klaus-dieter herbst