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Uranophilus, Ernestus (Pseud.)

„Ernestus Uranophilus“ (Selbstbezeichnung auf dem Titelblatt, zit. 1708)
Kalender seit 1707, erschienen bis 1725

Der Name „Ernestus Uranophilus“ ist ein Pseudonym für Constantin Gabriel Hecker. Das folgt aus der Angabe im Kalender für 1708, nach der ein Astronom in Berlin am 28. Mai 1707 an den Autor des Kalenders einen Brief geschrieben hatte (Kalender für 1708, zweiter Teil, S. G2a). Damals gab es in Berlin nur einen „vornehmen und hochgelehrten“ Astronomen: → Gottfried Kirch. Dieser hatte in den Jahren 1706 und 1707 nur einen Korrespondenzpartner in Danzig: Constantin Gabriel Hecker. Der im Kalender für 1708 fast vollständig (es fehlt nur die Schlußformel mit dem Absender) abgedruckte Brief vom 28. Mai 1707 (von Kirch an Hecker) ist nur in dieser Druckversion überliefert (jetzt auch wiedergegeben in Herbst, 2010b, S. 43–45). Er paßt inhaltlich vollkommen zu den anderen überlieferten Briefen, die zwischen Hecker und Kirch gewechselt wurden (vgl. Herbst, 2006, Bd. 2, S. 494f. (Hecker an Kirch, 30.10.1706), 510–513 (Hecker an Kirch, nach 17.4.1707), 528 (Kirch an Hecker, nach 27.8.1707, nicht überliefert). Daß Hecker das Pseudonym „Ernestus Uranophilus“ benutzte, folgt auch aus der handschriftlichen Hinzufügung des Klarnamens auf dem Titelblatt des Kalenders für 1707, der in der BPAN Gdańsk überliefert ist (Sign.: 24247, 8°; für diesen am 23. März 2018 gegebenen Hinweis danke ich Dr. Piotr Paluchowski, Gdańsk; vgl. Paluchowski, 2012).
Hecker publizierte auch unter den Pseudonymen „Apogaeus“ und „Uranophilus“ (Zedler, 1732, Bd. 12, Sp. 1046). Daß das Pseudonym „Christianus Uranophilus“ ebenfalls mit Constantin Gabriel Hecker aufzulösen sei (so in CERL), wird hier bezweifelt, denn dann hätte er bereits als Junge mit 7 bzw. 11 Jahren die Kometenschriften „Cometischer Gedenckzettel“ (Leipzig ca. 1677) und „Cometen=Spiegel“ (Wolfenbüttel 1681) veröffentlicht, was aber kaum möglich gewesen sein dürfte.
Constantin Gabriel Hecker wurde am 9. August 1670 als Sohn des Astronomen, Brauers und Ratsherren Johannes Hecker (1625–1675) und dessen Frau Konstantia, geb. Zieher, in Danzig geboren (Zedler, 1732, Bd. 12, Sp. 1046; Altpreußische Biographie, 1941, Bd. 1, S. 256). Er wird das Akademische Gymnasium besucht haben. Mit 18 Jahren zog er nach Leipzig und ließ sich dort im Sommersemester 1689 in die Matrikel der Universität einschreiben (Erler, 1909, Bd. 2, S. 166 „Hecker, Constant. Gabr. Gedanen. dp. 1 rt i S 1689 P 13, 1 rt i S 1689 P 49“). Bei dieser Gelegenheit könnte er bereits Gottfried Kirch kennengelernt haben, der damals in Leipzig lebte und als Privatgelehrter Astronomie unterrichtete. Zwei Jahre später disputierte Hecker am 10. Mai 1691 unter dem Vorsitz von Johannes Schultz (1662–1704), Professor am Danziger Gymnasium, über „Martyrio Juridico Et Politico“ (Schultz, 1691). Hecker begab sich auf Reisen durch Dänemark, Schweden, Holland, England, Frankreich, Italien, Deutschland, Polen und Preußen (Jöcher, 1750/51, Bd. 2, Sp. 1424). Dabei besuchte er auch weitere Universitäten. So schrieb er sich am 27. September 1691 in die Matrikel der Universität in Leiden ein, um Mathematik zu studieren (Du Rieu, 1875, Sp. 718 „[1691.] Sept. 27. Constantinus Gabriel Hecker Gedanensis. 21, Mat.“). Nachdem Hecker in seine Heimatstadt zurückgekehrt war, widmete er sich der Führung der Brauerei. 1713 wurde er in das „Collegium Scabinale“, das Kollegium der Schöffen der Alten Stadt Danzig aufgenommen (Zedler, 1732, Bd. 12, Sp. 1046; Altpreußische Biographie, 1941, Bd. 1, S. 256).
Hecker wird auch eine Familie gegründet haben. Am 4. April 1711 begann ein Benjamin Gabriel Hecker aus Danzig ein Studium an der Universität in Wittenberg (Juntke, 1966, S. 212). Dieser könnte ein Sohn gewesen sein.
Im April 1706 besuchte Hecker den Astronomen Kirch in Berlin. Nach diesem Besuch entwickelte sich ein kurzer Briefwechsel bis Mitte 1707 (siehe oben). Hecker starb am 12. November 1721 in Danzig (Zedler, 1732, Bd. 12, Sp. 1046).
Die von Hecker unter dem Pseudonym Ernestus Uranophilus von 1707 bis 1725 veröffentlichten Schreibkalender liefern äußerst interessante Beiträge (eingesehen wurden von mir bisher nur die im GSAPK Berlin aufbewahrten Exemplare), zum Beispiel im Exemplar für 1713 die Erklärung von Ebbe und Flut nach David Gregorys „Astronomia Physica & Geometria“, im Exemplar für 1717 „Von der Ursache der Schwere“ nach Isaac Newton und im Exemplar für 1720 eine Berechnung der Merkurpassage für den 27. April 1720 nach Edmond Halley. Die astrologische Prognostik ist in diesen Kalendern völlig ausgelassen worden, sodaß Hecker zu jenen Kalendermachern gehörte, die ihre Leser lieber über die wahren Vorgänge in der Natur unterrichteten anstatt ihnen haltlose Mutmaßungen vorstellten (vgl. z. B. bei → Ulrich Junius).
Offenbar gab es zwischen Hecker und → Paul Pater eine Auseinandersetzung, denn Pater sah sich 1707 veranlaßt, eine „Vertheidigung eines alten Calenders von 1700 wieder Ernestum Uranophilum, die gefertiget Hercules von Donnerkeil“ (das ist Pater) herauszugeben (BPAN Gdańsk, 50 in Sa 1.8°, nicht eingesehen).
Die Kalender von Uranophilus (bzw. Hecker) wurden ab 1726 von → Christfried Kirch fortgeführt. Von einem Constantin Gottlieb Hecker wurden zwei Danziger Kalenderreihen für die Jahre 1771 bis 1775 verfaßt: „Kunst= und Tugend Calender“ nach Paul Paters Einrichtung; „Haus= und Geschichts=Calender“ (BPAN Gdańsk, SBPK Berlin). Wie dieser mit dem älteren Hecker verwandt war, wurde noch nicht ermittelt.

Titel:
1707: Hauß= Feld= und Garten=Calender. 1708–1709: Stern= Kunst und Wirthschaffts Calender. 1710–1725:Stern= Kunst und Geschichts=Calender
Druck und Verlag:
Johann Zacharias Stolle, Danzig.
Nachweis:
GSAPK Berlin (Ex. für 1708, 1712–1717, 1720 der Reihen 2 und 3). SUB Göttingen (Ex. für 1711, 1718 der Reihe 3). BPAN Gdańsk (Ex. für 1707 der Reihe 1, für 1708 und 1709 der Reihe 2, für 1710–1725 der Reihe 3). VD18. CERL (ohne Kalender).
Literatur:
Piotr Paluchowski: Art. „Constantin Gabriel Hecker“. In: Encyklopedia Gdańska. Herausgegeben von Błażej Śliwiński [u. a.]. Gdańsk 2012, S. 385f. [16.04.2018].

Erstellt: 23.08.2017
Letzte Aktualisierung: 16.04.2018

uranophilus_ernestus_pseud.txt · Zuletzt geändert: 2018/04/16 15:57 von klaus-dieter herbst