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Freund, Marcus

„Theo-Astrophilus, Gottes vnd deß edlen Gestirns Freund und Liebhaber“; „Schüpff: Hoënloicus Parochus in Vorbach Zimmern/ Astronomiae Cultor &c“; „deß edlen Gestirns vnd der Historien Liebhaber“; „der Edlen Theologischen und Astrosophischen Wissenschafft Ergebener“; „Schüpff: Rotenburgico Parocho in Oberstetten/ Astron: Cultor“; „Miraculorum Dei Admirator & Cultor“ (Selbstbezeichnungen auf den Titelblättern, zit. 1647 von Reihe 2, 1648 von Reihe 1, 1648 von Reihe 3, 1652 von Reihe 4, 1655 von Reihe 1, 1658 von Reihe 5)
* ?.10.1603 Sachsenflur bei Tauberbischofsheim, † 10.6.1662 Oberstetten bei Rothenburg ob der Tauber
Kalender seit 1644, erschienen bis 1849
Übernommene Reihen: → Rosenkreutzer, Marx Friederich; → Horky, Martin

Marcus Freund wurde im Oktober 1603 als Sohn des gleichnamigen Wirts in Sachsenflur, einem kleinen Ort ca. 25 km südwestlich von Würzburg, geboren. In der Matrikel der Universität Straßburg wird Freund nicht genannt (vgl. Knod, 1897), doch berichtete er selbst über sein Studium: „der ich von 1621 an/ als die vornehme ansehlige Comoedia von Moyse gehalten worden biß auff 1623 mich als ein Studiosus im Prebiger Collegio [in Straßburg] befunden“ (Freund: Astrologischer […] Kriegs Calender für 1661, zweiter Teil, S. D3a–b). Nach dem Studium der Theologie übernahm Freund 1626 die Pfarrstelle in Vorbachzimmern. 1652 wechselte er nach Oberstetten (Dannheimer, 1952, S. 56). Freund pflegte Umgang mit → Vitus Stieffenberger, der im benachbarten Pfitzingen ebenfalls Pfarrer und Kalendermacher war (Sieglin, 1880, S. 230).
Freund heiratete dreimal. Über die erste Frau Barbara sind keine weiteren Einzelheiten bekannt. Mit ihr hatte er zwei Kinder. 1635 heiratete er Barbara von Berg, die am 11. September 1652 bei der Geburt des achten Kindes starb. Die dritte Ehe ging er 1653 mit Anna Katharina Deßner ein, mit der er fünf Kinder hatte (Sieglin, 1880, S. 232f.). Nach einem am 8. Juni 1662 erlittenen Schlaganfall starb Freund zwei Tage später am 10. Juni (ebd., S. 234).
Über die Grundlagen des Kalendermachens informierte sich Freund in einem Buch, das er von dem Rothenburger Bürgermeister Johann Georg Stürtzel erhalten hatte (Matthäus, 1969, Sp. 1237). Offenbar hatte Freund seine Tätigkeit als Kalendermacher um 1643 begonnen, denn er erwähnte seinen „Schreibcalender 1644“ (Freund: Astrologischer […] Kriegs=Calender für 1648, zweiter Teil, S. A2b). Diesen ersten Kalender unter seinem Namen ließ er für bei Johann Friedrich Sartorius drucken (Matthäus, 1969, Sp. 1238). Danach veröffentlichte er die Kalender „im Verlag seines Gevattermanns Wolfgang Endter“ (Sieglin, 1880, S. 230). Daneben führte er den Kräuter-Kalender von → Franz Ritter, der dazu das Pseudonym „Marx Friederich Rosenkreutzer“ benutzte, fort (Matthäus, 1969, Sp. 1236). Nach einer Aussage von → Israel Hiebner übernahm Freund spätestens mit dem Jahrgang 1647 auch die Kalenderreihe von Martin Horky (Hiebner, 1648, S. 63). Die ebenfalls von Hiebner an gleicher Stelle behauptete Fortführung des Kalenders von Stieffenberger bestritt Freund.
In seine Kalender ließ Freund an zahlreichen Stellen autobiographische Züge einfließen (vgl. die Treffer beim Schlagwort „Autobiographisches“ im Portal historischer Kalender und in Matthäus, 1969, Sp. 1236–1242).
Die Kalender von Marcus Freund fanden großen Anklang bei den Lesern. Es verwundert somit nicht, daß er bzw. sein Verleger sich zahlreicher Nachdrucke, z. B. durch Drucker in Erfurt, erwehren mußte (Matthäus, 1969, Sp. 1151). Unter dem Namen von Freund wurden kleinformatige Almanache von 1653 bis 1674 auch in Schweden gedruckt.
Nach Freunds Tod wurden dessen Kalender anfangs von dem Sohn → Johann Georg Freund fortgeführt. Die Jahrgänge 1718 bis 1722 des „Zeit= vnd WunderCalenders“ enthalten Berichte über Naturbeobachtungen des Astronomen → Christfried Kirch, Sohn von → Gottfried Kirch (vgl. Herbst, 2011a, S. 21).
Aus der ehemaligen Sammlung der über 500 Bücher von Marcus Freund (Sieglin, 1880, S. 234) befinden sich 24 Bücher heute in der Gräflich Schönbornschen Schloßbibliothek in Pommersfelden in Franken (Pleticha, 1983, S. 256). Dahin kamen sie, nachdem das Haus Schönborn die Familienbibliothek der Grafen und Fürsten von Hatzfeldt in Waldmannshausen übernommen hatte (ebd., S. 198f.). Feldmarschall Melchior Graf von Hatzfeldt wiederum hatte Freund ein Darlehen über 300 Gulden gegen Verpfändung der Freundschen Bücher gegeben, das er nach Freunds Tod zurückforderte und sich deshalb einen Teil der Bücher nahm (Sieglin, 1880, S. 234).

Titel (ohne die von anderen Autoren übernommenen Reihen):
Deutsche Kalender:
(1) 1644–1718: Schreibcalender, Format 4°.
(2) 1646–1649: Astrologischer Kriegs=Calender. 1650–1676: Astrologischer Teutscher Friedens= vnd außländischer Königreiche Kriegs Calender. 1677–1689: Europeischer Kriegs= und Siegs=Calender, Format 4°.
(3) 1648–1686: Historischer Calender, Format 4°.
(4) 1652–1849: Haubt=Calender, Format 4°.
(5) 1658–1807: Zeit= vnd WunderCalender, Format 4°.
(6) [1646?]–1667[?]: Schreibkalender. 1725[?]–1734[?]: Schreib=Almanach, Format 8°.
Schwedischer Kalender:
(7) 1653–1674[?]: Allmanach På thet åhr, Format 16°.
Druck und Verlag:
(1) 1644–1647: Johann Friedrich Sartorius, Nürnberg, 1648–1718: Endter, Nürnberg.
(2) bis (6) gemäß den Angaben auf den Titelblättern: 1646–1660: Wolfgang Endter d. Ä., Nürnberg, 1661–1664: Christoph und Paul Endter, Nürnberg, 1665–1679: Christoph Endter, Nürnberg, 1680–1683: Christoph Endters Erben, 1684–1702: Johann Andreas Endters Söhne: Nürnberg, 1705–1710[?]: Johann Andreas Endters Söhne und Erben, Nürnberg, 1711[?]–1849: Endter, Nürnberg.
(7) Verschiedene Drucker in verschiedenen Orten: Henrich Keyser, Stockholm; Meurer, Stockholm; Zacharias Brockenius, Strengnäs; Zacharias Asp, Strengnäs; Amund Grefwe, Göteborg; Daniel Kämpe, Linköping.
Nachweis:
Herbst, 2008a, S. 83–86. Herbst, 2011a, S. 19–21. Matthäus, 1969, Sp. 1349. Endter, 1784. Wernicke, 2012, S. 22f. Klemming/Eneström, 1878, S. 9–15. SLUB Dresden, Mscr. Dresd. Q. 238, 245 (Ex. für 1659, 1667 der Reihe 6). VD17. CERL. Schläwe, 2020, S. 26 (Ex. für 1725 bis 1734 der Reihe 6). STA Wertheim (Ex. für 1733 der Reihe 6)).
Online:
(1), (2), (3), (4), (5) [07.04.2015],
(6) 1671 [18.05.2015],
(4) 1701 mit durchschossenen und beschriebenen Blättern im Kalendarium [28.10.2015], 1682 [21.09.2016].
Literatur:
Klaus Matthäus: Zur Geschichte des Nürnberger Kalenderwesens. Die Entwicklung der in Nürnberg gedruckten Jahreskalender in Buchform. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens, Frankfurt am Main 1969, Bd. IX, Sp. 967–1396, bes. Sp. 1236–1242.
Helga Meise: “… bey einem jeden Monat eine wunderbare denckwürdige Historia“ – Die Freundschen Kalender des ausgehenden 17. Jahrhunderts. In: Simpliciana. Schriften der Grimmelshausen-Gesellschaft XVI (1994), S. 167–185.
Sieglin: Zur Geschichte Frankens im dreißigjährigen Krieg. 1. Markus Freund, ein fränkischer Astrolog. In: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte 3 (1880) 3, S. 229–234.
Rosmarie Zeller: Wissensvermittlung in Kalendern der Frühen Neuzeit am Beispiel der Kalender von Marcus Freund. In: Peter Heßelmann (Hrsg.): Grimmelshausen als Kalenderschriftsteller und die zeitgenössische Kalenderliteratur. Bern, Berlin, Brüssel, Frankfurt am Main, New York, Oxford, Wien 2011 (= Beihefte zu Simpliciana 5), S. 291–306.

Erstellt: 07.04.2015
Letzte Aktualisierung vor 20.01.2020: 19.12.2019
Letzte Aktualisierung nach 20.01.2020: 29.07.2021

freund_marcus.txt · Zuletzt geändert: 2021/07/29 07:42 von klaus-dieter herbst