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Gunther, Andreas

„M. Andreas Guntherus Medicus et Astronomus“ (Selbstbezeichnung auf dem Titelblatt, zit. 1612)
* ca. 1574 Frellstedt bei Helmstedt, † nach 1624 Braunschweig [?]
Kalender seit 1612, verfaßt bis 1625

Andreas Gunther war Arzt in Braunschweig. Die Ausbildung erlangte er an der Universität Helmstedt, wo er sich am 18. April 1592 in die Matrikel einschrieb (Zimmermann, 1926, S. 96 „164. Andreas Gunter, Frelstedensis“) und im Wintersemester 1596/97 sich dem Medizinstudium zuwandte (ebd., S. 131, an der medizinischen Fakultät „7. M. Andreas Güntherus, Frelstad.“). Im Mai 1599 erhielt er ein herzogliches Stipendium (ebd., S. 96, Anm. zu Nr. 164). Schließlich erlangte er am 26. Mai 1601 den Magistergrad an der philosophischen Fakultät (ebd., S. 155 „14. M. Andreas Guntherus, Regiolotharianus“ – hier irritiert die Herkunftsbezeichnung Regiolotharianus). Aus dem Jahr 1592 der Erstimmatrikulation wurde das ungefähre Geburtsjahr 1574 abgeschätzt.
Am 27. April 1612 leistete Gunther in Braunschweig den Bürgereid: „Andreas Guntherus artium liberarium Magister vndt newer Burger am 27. Aprilis ao 1612 gab 50 ½ Reichs thal. […] Vnd hatt mit in seinen eidt genommen, wen die Erliche Burgerschafft seine Cura Vndt Artzney in kunfftig begeren theten, Und er alß den durchaus keine Artzney in seiner behausung praepariren, sondern dieselbige auff der Apotecken vorfertigen laßen wolle, seine Burgen seint der herr Burgermeister Hanssen Sacken vnd Camerer Jacob Rademin, et iuravit“ (StA Braunschweig, Akte B I 7, Bd. 9 (Bürgerbuch), fol. 129r).
Ebenfalls für das Jahr 1612 verfaßte Gunther seine ersten Kalender, von denen dieser Jahrgang mit drei verschiedenen Ausgaben in zwei Formaten überliefert ist (StA Hildesheim, in 4°: VII A 82/1, „Schreibkalender“ in 16°: VII A 13 und VII A 48; StB Braunschweig, „Allmanach“ in 16°: Zs II 1184:1; HAB Wolfenbüttel, „Allmanach“ in 16°: Gn Kapsel 58 (1), „Schreibkalender“ in 16°: Gn Kapsel 58 (2)). Bei dem Almanach sind Recto- und Verso-Seiten mit jeweils einem halben Monatskalendarium bedruckt, bei dem kleinen Schreibkalender ist dagegen die einem halben Monatskalendarium gegenüberliegende Recto-Seite als Schreibseite (wie bei dem großen Schreibkalender) unbedruckt. Von den nachfolgenden Jahrgängen sind nur wenige Exemplare erhalten: 1619 in 4° (StA Hildesheim, VII A 106), 1623 (nur das Prognostikum) in 4° (UB Rostock, L IIb-1146.7), 1624 in 4° (StA Mühlhausen, 80/1263,4) und 1625 „Allmanach“ in 16° (StB Braunschweig, Zs II 1184:2).
Gunther richtete seine Kalender auf Braunschweig, deren Koordinaten er mit „Long. 32. gr. 36. min. Latit. 52. gr. 34. min“ (z. B. Titelblatt 1612) angab, aber offenbar auch auf Goslar, denn bei dem in Goslar gedruckten Exemplar für 1619 gab er die Koordinaten „Longitudine 31. gr. 59. min. Latitudine 52. gr. 25. min.“ (Titelblatt) an.
Mit dem für 1619 in Goslar gedruckten großen Schreibkalender wurde der Druck solcher Kalender in Goslar begründet, wobei später verschiedene Kalenderautoren zum Teil zeitlich parallel auftraten, z. B. → Michael Krügener, → Johann Christian Hagenauer, → Paul Schneyder und → Johann Philipp Hahn (vgl. Deutsche Presse, 1996/1997/2003, Bd. 3.1, Sp. 5, Nr. 7 und Sp. 867f., Nr. 404). Denkbar ist, daß Gunther nach Goslar ausgewichen ist, weil er sich offenbar mit seinem ersten Drucker und Verleger, Andreas Duncker d. Ä., überworfen hatte. Dieser richtete am 3. April 1622 ein Schreiben an den Rat der Stadt Braunschweig, in dem er sich darüber beschwerte, „daß M. Andreas Günthers Medicus vnd Astronomus alhier, vnlangst ahn einen Ehren: Hochw. Eigen Rath :/: daß Ihr Ehren: Hochw: zu Verfertigung seiner Calender vndt anderen Operum, Ihm seine eigene Druckerey Ahn zurichten, verstatten möchten :/: instendig supplicirt haben soll […] Ob nun woll damalß sein suchen Ihme abgeschlagen, vnd Ich derwegen nicht anders vermeinet, Ihme die Begierde zum trucken wurde vergangen sein, So bringe Ich gleichwol in glaubwirdige erfahrung,“ daß er trotzdem die Einrichtung einer eigenen Druckerei vorantreibe. Diesem Ansinnen Gunthers solle der Rat Einhalt gebieten (StA Braunschweig, Akte B IV 10 c, Nr. 88, fol. 36–39, Zitat fol. 37r). Der Braunschweiger Rat kam dem Ersuchen Dunckers nicht nach und erlaubte stattdessen Gunther den Betrieb einer eigenen Druckerei. Am 28. Februar 1624 bedankte sich Gunther dafür beim Rat, bat jetzt aber um ein Privilegium für seine Kalender, weil diese an anderen Orten nachgedruckt werden (StA Braunschweig, Akte H V, Nr. 118, nicht foliiert [erster Bogen]). Der für 1625 überlieferte „Allmanach“ Gunthers nennt dann auch auf dem letzten Blatt die neue Druckerei: „Braunschweig/ Gedruckt vnd Verlegt in des Autori Druckerey/ vnd bey demselben auch zubekommen.“ Bereits die 1623 erschienene Flugschrift (anderer Druck) muß in der Guntherschen Druckerei hergestellt worden sein, denn in der Titelei heißt es ohne Angabe eines Druckers nur „Beym Autore zu kauffe[n]“. In der Geschichtsschreibung zum Druckwesen ist diese Druckerei noch nicht bekannt (vgl. Reske, 2007, S. 119).
Gunther scheint der erste Kalendermacher in Braunschweig gewesen zu sein, der die handlichen Schreibkalender verfaßte (vgl. die späteren → Johannes Crusius und → Johann Meyer). Aus der Zeit davor kennt man nur den lateinischen Wandkalender für 1518 und den niederdeutschen Almanach für 1521 von Nikolaus Hornbach, beide im Folioformat Deutsche Presse, 1996/1997/2003, Bd. 3.1, Sp. 1–3).

Titel:
(1) 1612–[1625?]: SchreibCalender, Format 4°.
(2) 1612–1625: Allmanach, Format 16°.
(3) 1612–[?]: Schreibkalender, Format 16°.
(4) 1619–[1623?]: SchreibCalender, Format 4°.
Druck und Verlag:
(1), (2), (3) 1612–[?]: Andreas Duncker d. Ä., Braunschweig, 1623–1625[?]: Andreas Gunther, Braunschweig.
(4) 1619–[1623?]: Druck Johann Vogt, Goslar, Verlag Andreas Cramme, Braunschweig.
Nachweis:
Herbst, 2008a, S. 97 (Günther), 98 (Gunther). Deutsche Presse, 1996/1997/2003, Bd. 3.1, Sp. 3–7. VD17. CERL.
Online:
(1) 1624 [05.09.2017],
(2) Kalendarium 1612, Prognostikum 1612 [02.02.2015].
Anderer Druck:
Pragmatia. Das ist: Kurtzer Dißcurs vnnd Tractat von der grossen Conjunction vnd Zusamenkunfft Saturni & Jovis, in welchem klärlich angezeiget/ was künfftig dem Menschlichen Geschlechte in dieser Welt darauff erfolgen vnd begegnen werde/ nicht aus frembden principijs, sondern denen requisitis zu dieser löblichen Kunst gehörig/ allen Trewhertzigen frommen Leuten vnnd Liebhabern der Astronomischen Kunst/ zu lieb vnd gefallen calculiret vnnd gestellet/ wie vor diesem nicht gesehen. Durch M. Andream Guntherum Medicum vnnd Astronomum zu Braunschweig. Beym Autore zu kauffe/ Anno 1623. BSB München, Astr. p. 205 s. Online [02.02.2015].

Erstellt: 02.02.2015
Letzte Aktualisierung: 16.08.2019

gunther_andreas.txt · Zuletzt geändert: 2019/08/16 13:59 von klaus-dieter herbst