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Voigt, Friedrich (Pseud.)

„Friedrich Voigt/ Varisc. Agav. der Sternkunst und Politices Beflissener“; „Var. Astron.“ (Selbstbezeichnungen auf den Titelblättern, zit. 1701 (Reihe 1), 1737 (Reihe 5))
Vulpius, Johannes
Kalender seit 1691, erschienen bis 1798

Daß es sich bei dem Namen Friedrich Voigt um ein Pseudonym und nicht um eine in Aga, einem damaligen Dorf bei Gera im Vogtland, geborene reale Person handelt, folgt zweifelsfrei aus einem Brief des Buchdruckers Wolfgang Adrian Werther vom 10. September 1700 an die „Hochgräflichen Reußischen Herren“ Kanzler und Räte in Gera. Werther hatte 1700 von seinem Landesherrn eine Erneuerung des am 11. August 1694 auf ihn ausgestellten Kalender- und Schulbücherprivilegiums begehrt. Daraufhin schrieben ihm Kanzler und Räte am 8. September 1700, „daß er vor allen dingen denjenigen Astronomum, welcher den Calender, darüber er privilegirt zu werden verlanget, verfertiget, deutlich anzugeben“ habe (ThStA Greiz, Reuß jüngere Linie, Konsistorium Gera, Fach 105, Nr. 14, fol. 154r). Dieser Aufforderung kam Werther umgehend nach und antwortete am 10. September „des Astronomi betreffend: So heist derselbe Joh. Vulpius, wie die beÿlage A. B. zeuget, ist auch dieser Autor so lang in Hochgräfl. Reußischen Landen Calender gedruckt, iederzeit geführet worden“ (ebd., fol. 155r). Als Beweis übergab Werther (als Beilagen A und B) zwei Briefe von Vulpius an ihn vom 20. April und 25. November 1699. Im ersten teilte Vulpius mit, daß Werther „Meine CalenderConcepta auf das 1700. Jahr zu empfangen“ habe (ebd., fol. 156r), im zweiten fragte Vulpius angesichts des Beschlusses der evangelischen Reichsstände, einen „Verbesserten Calender“ einzuführen, „wie ich den künfftigen Neuen Calender 1701. einrichten soll, ob nach dem Neuen allein, oder ob der Julianische Calender auch darbey seyn soll, oder ob drey Calender zu gleich setzen soll“ (ebd., fol. 157r). Da Werther vor 1701 nur den vermeintlichen Verfassernamen Friedrich Voigt auf den von ihm gedruckten Kalendern angab, ist nach dem geschilderten dieser Name ein Pseudonym, das Johannes Vulpius verwendete. Das von Werther ersuchte Privilegium wurde ihm mit Schreiben vom 8. Oktober 1700 nicht gewährt (ebd., fol. 161r.).
Wolfgang Adrian Werther betrieb seit 1688 eine Offizin in Gera (Reske, 2007, S. 292; vgl. die im Stadtarchiv Gera überlieferten maschinenschriftlichen Aufzeichnungen des Geraer Stadtarchivars E. P. Kretschmer über Geras Buchdruckereien). Davor hatte Werther in Schleiz gedruckt, unter anderem die Reußische Stammtafel des Gräflich Reußischen Hofmeisters Peter Becker (Becker, 1684). Auszüge aus dieser mit dem Jahr 950 einsetzenden Stammtafel, in denen ausführlich historische Dokumente wiedergegeben werden, sind in dem „Voigtländischen Historien Calender“ erneut abgedruckt worden. Exemplare der verschiedenen Kalenderreihen von Voigt sind vermutlich nur in kleinen Einrichtungen überliefert (StA Gera: 1700, 1781; StA Altenburg: 1701; StA Plauen: 1703, 1737, 1739; BM Reichenfels: 1706, 1721, 1738, 1740, 1741, 1742, 1743, 1744, 1745, 1751, 1754; StM Gera: 1739, 1758, 1760, 1772, 1781, 1788, 1789, 1796, 1798, 1799). Die meisten Exemplare (28) sind aber in einer Privatsammlung in einem vogtländischen Dorf überliefert, in der auch der älteste Kalender (für 1691) vorhanden ist (die Sammlung wurde 2014 beschrieben, siehe Herbst, 2014a und Herbst, 2014e).
In der Offizin von Wolfgang Adrian Werther wurde bereits in den 1690er Jahren ein „Sorgfältiger Jungfern und Weiber Nützlicher Haußhaltungs= Calender“ gedruckt, der ohne Verfasserangabe erschien (überliefert sind die Exemplare für 1692 und 1693). Nach Werthers Worten zeichnete auch hierfür Vulpius verantwortlich. Unter Voigts Namen erschien dann ab 1705 der „Haußhaltungs= und Geschicht=Calender“ (Reihe 3). Zu Beginn des 17. Jahrhunderts erschien bei Werther in Gera eine weitere Kalenderreihe anonym: „Der Privilegirte Stadt= und Land= Calender“ (überliefert für 1708, 1713, 1714, 1717), der spätestens 1745 in „Geraischer Genealogie= Stadt= Land= und Chronikcken= Calender“ (Verlag Christoph Schultze, Gera) umbenannt wurde.
Offenbar trug der Name „Voigt“ auf einem Kalendertitelblatt dazu bei, daß der Kalender im Vogtland Käufer fand (vgl. auch bei → Jeremias Voigt und → Johann Voigt). Friedrich Voigts Name erschien letztmalig vermutlich auf dem Titelblatt des „Geschichts=Calenders“ (Reihe 3) für 1760 (überliefert im StM Gera, A V 1,1–10). Der „Voigtländische Historien Calender“ erschien bereits ab 1702 ohne Nennung des Namens von Friedrich Voigt.

Titel:
(1) 1691–1700: Der Rechte Voigtländische Historien Calender. 1701 [ab 1702 ohne Verfasserangabe]–[1738?]: Der Voigtländische Historien Calender. 1739[?]–[?]: Der rechte Geraische und Voigtländische Historien=Calender, [?]–1798: Der Geraische und Voigtländische Historien=Calender. 1799–[?]: Der Geraische Haus=Kalender.
(2) [1699?]–1700[?]: Hauß= und Historien=Calender.
(3) 1705–1745[?]: Haußhaltungs= und Geschicht=Calender. [1746?]–1760[?]: Geschichts=Calender.
(4) 1724[?]–[?]: Gerauische Stadt= und Haußhaltungs=Calender.
(5) 1737[?]–1754[?]: Der Rechte Voigtländische Hauß= und Schreib=Calender.
Druck und Verlag:
(1) 1691–[1719?]: Wolfgang Adrian Werther, Gera, [1720?]–1737[?]: Gottfried Winter, Gera, 1738–1745[?]: Gottfried Winters Witwe, Gera, [1746?]–1754–[1759?]: Johann Georg Schrader, Gera, 1760[?]–[1767?]: Johann Georg Schraders Witwe, Gera, [1768?]–1798: Heinrich Gottlieb Rothe, Gera, 1799–[?]: Karl Gottlob Haller und Sohn.
(2) 1700: Wolfgang Adrian Werther, Gera.
(3) 1705–1719[?]: Wolfgang Adrian Werther, Gera, 1720[?]–1737[?]: Gottfried Winter, Gera, [1738]–1745[?]: Gottfried Winters Witwe, Gera, [1746?]–[1759?]: Johann Georg Schrader, Gera, 1760[?]–[?]: Johann Georg Schraders Witwe, Gera.
(4) 1724: Gottfried Winter, Gera.
(5) 1737: Gottfried Winter, Gera, 1738–1739[?]: Gottfried Winters Witwe, Gera, [1740?]–1754[?]: Johann Georg Schrader, Gera.
Nachweis:
Herbst, 2011a, S. 60. Herbst, 2014a, S. 132–134. Toepel, 1949, S. 52. VD17. CERL.
Online:
(1) 1701 [18.10.2016].

Erstellt: 27.10.2016
Letzte Änderung nach 20.01.2020: 13.10.2021

voigt_friedrich_pseud.txt · Zuletzt geändert: 2021/10/13 13:51 von klaus-dieter herbst