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Voigt, Jeremias (Pseud.)

„Jeremias Voigt/ Varisc.“ (Selbstbezeichnung auf dem Titelblatt, zit. 1711)
→ [?]
Kalender seit mindestens 1711, erschienen bis vermutlich 1713

Über Jeremias Voigt konnten keine biographischen Einzelheiten ermittelt werden. Da der Gräfliche Hofbuchdrucker Carl Friedrich Martini auch eine Kalenderreihe eines → Johann Voigt druckte, wurde vermutet, daß diese Namen keinen realen Personen zuzuordnen sind, denn es war nicht üblich, daß ein Drucker Kalender von unterschiedlichen Autoren mit gleichem Nachnamen herausbrachte. Diese Vermutung konnte durch eine am 26. Oktober 2016 vorgenommene Sichtung der Akte mit der Klage Martinis gegen den Greizer Kunstmaler Adam Christoph Fritz bestätigt werden. Martini klagte seit November 1712 gegen Fritz, weil dieser ihn und seinen Schwager beleidigt hatte, indem er behauptet hatte, sie „betrügen die Leuthe mit falschen Calendern“ (ThStA Greiz, Reuß ältere Linie, Amt Greiz, Nr. 1203, fol. 1v) und er „druckte andern Buchdruckern ihre Calender nach, und hätte ein Falsum Litteratio begangen“ (ebd., fol. 42r). Die über diesen Fall urteilenden Räte kamen im April 1714 zu dem Schluß, daß die „Denunciation“, Martini habe sich „eines Falsi et Plagij literarij“ schuldig gemacht, „weiln er einerleÿ Calender, unter verschiedenen Tituln, und Fingirten Nahmen“ gedruckt hat, nicht zutreffe, denn Martini konnte nachweisen, daß er für jeden von ihm gedruckten Kalender „das Concept seines Calenderschreibers“ erhalten habe und er somit „keine andere nachdrucke, oder ein Plagium begehe“. Und „die Fingir- und Veränderung derer Nahmen“ entschuldigte er „mit der allgemeinen Licenz und Gewohnheit vieler Calender-macher“ (ebd., fol. 28r; vgl. Quellenzitat). Daraus folgt unzweifelhaft, daß die von dem Drucker Martini herausgebrachten Kalender unter fingierten Namen (Pseudonymen) erschienen; neben Jeremias und Johann Voigt auch → Adam Schuhmann, der ab 1714 auf dem Titelblatt des Historien-Kalenders von Jeremias Voigt genannt wurde. Wer der Kalendermacher, der für Martini die Kalenderkonzepte verfaßte (ein Kalenderkonzept für 1713 ist überliefert und der Akte beigelegt), war, geht aus der Akte des Injurien-Prozesses nicht hervor.
Der Drucker Carl Friedrich Martini erhielt am 25. Juli 1705 von Graf Heinrich XIII. der Ältere Reuß ein Privilegium für seine Druckerei (Herz, 1976, Heft 24, S. 54). Es ist anzunehmen, daß er von Anfang an auch Kalender druckte. Die zwei ältesten überlieferten Kalender aus der Offizin von Martini sind ein anonym erschienener „Nützlicher Stadt= und Land=Calender“ für 1709 (ThStA Greiz, Reuß jüngere Linie, Konsistorium Gera, Fach 105, Nr. 14, fol. 177ff.) und ein „Merckwürdiger Historien= und Schreib=Calender“ für 1711 von Jeremias Voigt (Privatsammlung, siehe Herbst, 2014a, S. 134). Für 1714 druckte er drei verschiedene Kalender: von Johann Voigt, von Adam Schuhmann (statt Jeremias Voigt) und den anonymen Stadt- und Land-Kalender (ThStA Greiz, Reuß ältere Linie, Amt Greiz, Nr. 1203, fol. 44, 45, 47).

Titel:
1711[?]–[1713?]: Merckwürdiger Historien= und Schreib=Calender.
Druck und Verlag:
1711–[1713?]: Carl Friedrich Martini, Greiz.
Nachweis:
Herbst, 2014a, S. 134.
Quellenzitat:
Injurien-Prozeß in Greiz, der Buchdrucker Carl Friedrich Martini kontra den Kunstmaler Adam Christoph Fritz: „[…], daß eben dieser Mahler eine vermeinte Denunciation wieder den Buchdrucker eingegeben gehabt, und ihn eines Falsi et Plagij literarij daher beschuldiget, weiln er einerleÿ Calender, unter verschiedenen Tituln, und Fingirten Nahmen [durchgestrichen verschiedener Autorum] gedrucket, worbeÿ er auch, in öffters erwehnten Termino beharrlich geblieben. Aldieweiln aber der Buchdrucker das Concept seines Calenderschreibers in continenti produciret, und damit bescheiniget, daß er seine Calender selbst machen laße, mithin keine andere nachdrucke, oder ein Plagium begehe, hiernechst die Fingir- und Veränderung derer Nahmen, mit der allgemeinen Licenz und Gewohnheit vieler Calender-macher entschuldiget, haben wir auch des Mahlers Denunciation vor unzulänglich erachtet, darauf zu reflectiren, da zumahl in Notarietate beruhet, wie viele herrliche Scripta an das Tage-Liecht kommen, darbeÿ die Autores ihre eigentliche Nahmen nicht exprimiret, sondern sich andere verdeckte Nahmen beÿgeleget. […]“ (Konzept eines Briefes der Räte an Heinrich XXIV. den Jüngeren Reußen Graf zu Plauen, Greiz, Oberes Schloß, 28.4.1714, ThStA Greiz, Reuß ältere Linie, Amt Greiz, Nr. 1203, fol. 27–28, hier 28r).

Erstellt: 27.10.2016

voigt_jeremias_pseud.txt · Zuletzt geändert: 2016/10/27 12:05 von klaus-dieter herbst