„Nicolavs Heldvaderus. In Agro Sleswicensi“; „Nicolaus Helduaderus, R. M. Daniae Mathematicus“ (Selbstbezeichnungen auf den Titelblättern, zit. 1600, 1619 von Reihe 1)
* 27.10.1564 Hellewat bei Apenrade/Holstein, † 23.8.1634 Kopenhagen
Kalender seit 1591, verfaßt bis 1635
Nicolaus Heldvader (dän. Niels Heldvad) wurde am 27. Oktober 1564 als Sohn des Pfarrers Hans Nissen (1534–1590) und dessen Frau Mette, geb. Dithmer, in Hellewat bei Apenrade in Holstein geboren (Gregersen, 1979, S. 123). Nach seiner Schulausbildung in Flensburg (1575), Hadersleben (1576), Lüneburg (1580) und Lübeck (1583) lernte er 1586 und 1587 in Riga, wo ihm der Rektor der Schule, Heinrich Möller, am 18. Juli 1587 ein Zeugnis ausstellte (Gregersen, 1967, S. 30, 31, 34, 37, 45). Vermutlich ging er nach Riga, weil „Henricus Mollerus Diethmarsius Rector Scholae Rigensis“ (UB Kiel, S. H. 403, unpag. [S. 23], hier auch eine Abschrift des Zeugnisses) ein Verwandter mütterlicherseits war. Im Januar 1588 schrieb er sich in die Matrikel der Universität Rostock ein (Hofmeister, 1889, Bd. 2, S. 225 „Ianuario [1588] Nicolaus Helduaderus Holsatus“). Nach dem Studium folgte er seinem Vater, der im Alter von 56 Jahren gestorben und am 30. September 1590 begraben worden war, im Pfarramt von Hellewat und Ekwatt. Am 19. September 1591 heiratete er die erst vierzehnjährige Gertrud Hacke (oder Hock, 1576–1631) aus Schleswig (Gregersen, 1967, S. 55). Aus dieser Ehe gingen sechs Kinder hervor, darunter Laurentius Heldvader (1599–1677), Pfarrer an St. Nicolai in Svendborg und seit 1661 Propst der Sundsharde (ebd., S. 59).
Im Dezember 1608 und – nachdem er 1611 wieder eingesetzt worden war – noch einmal 1612 wurde Heldvader aus dem Pfarramt entlassen, weil er dem Geheimrat und gottorfischen Kirchenpräsidenten Johann von Wouwern, bei dem Heldvader „auf calvinistische Tendenzen stieß“, ein ungünstiges Horoskop (Nativität) gestellt hatte (Gregersen, 1967, S. 123, vgl. S. 124–126; Gregersen, 1979, S. 123; Carstens, 1880, S. 685). Heldvader verließ seinen Heimatort, suchte zunächst Zuflucht in Hadersleben bei den Söhnen Heinrich von Rantzaus, und wohnte von 1613 bis 1615 in Svendborg auf Fühnen im dortigen Kloster bei Jacob Rosenkrantz (Gregersen, 1967, S. 163). Dort lernte er König Christian IV. kennen und zog zu Pfingsten 1616 mit seiner Familie nach Kopenhagen, nachdem er am 10. Januar 1616 vom König zu dessen Astronom und Calendariograph ernannt worden war (ebd., S. 186). „16 Reichstaler monatlich, freie Wohnung und freie Feuerung“ erhielt er als Besoldung (ebd., S. 171). Er starb am 23. August 1634 in Kopenhagen. (Drei handschriftliche Dokumente zum Lebenslauf des „Nicolai Heldvaderi, Pastoris der beiden Kirchen zu Hilliwadt“, sind in der UB Kiel überliefert, vgl. Ratjen, 1848, Bd. 2, S. 65, darunter eine niederdeutsche Abschrift aus dem Prognostikum für 1630 (eingesehen am 15.9.2015). Ein Porträt (Kupferstich) befindet sich in der SHLB Kiel, P8-H-171, abgebildet in Gregersen, 1967. Weitere autobiographische Dokumente sind in dänischen Archiven überliefert und wurden in Gregersen, 1967 ausgewertet.)
Den ersten Kalender hat Heldvader für 1591 verfaßt, nachdem er 1590 die Stelle des Pfarrers in Hellewatt und Ekwatt übernommen hatte. In dem Prognostikum für 1634 heißt es: „Dies ist mein 44. Jahres-Almanach, wie ich solche seit dem 1590. Jahr nach Christi Geburt zusammengestellt, berechnet, gedichtet und geschrieben habe“ (zit. n. Gregersen, 1967, S. 192 ). Schon in einem Prognostikum für 1614 schrieb er: „Was nun die Calendaria vnd JahrBücher/ sampt ihren Prognosticis/ anlanget/ damit ich bißhero meinem lieben Vaterlandt/ vnd mehren Königreichen/ Städten vnd Herrschafften/ in die 23. Jahr (Gott lob) mit ehren gedienet/ Ist Astrologia/ nach der Theologia/ die aller sinnreichste vnd herzlichste Kunst“ (Kalender für 1614 der Reihe 1, zweiter Teil, S. B1a). Auch über die Auflagenhöhe berichtete Heldvader, denn im Prognostikum für 1629 schrieb er, seine „Almanache, kleine und große, deutsche und dänische, würden jahraus, jahrein, in Hamburg in Auflagen von mehr als 100.000 Exemplaren gedruckt und publiziert“ (zit. n. Gregersen, 1967, S. 202). An anderer Stelle heißt es: „44 Jahre hat er jährlich Kalender in deutscher und dänischer Sprache herausgegeben. 1625 wurden 60 000 Exemplare, 1629 allein vom deutschen in Hamburg 100 000 Exemplare gedruckt“ (Carstens, 1880, S. 686, vgl. Gregersen, 1967, S. 192). Es sind nur wenige Exemplare in deutschen Archiven und Bibliotheken überliefert (Reihe 1: für 1614, SBPK Berlin, 4 an:@Na 7931<a>, für 1619, UB Greifswald, La 195/8; Reihe 2: Practica Astrologica für 1607, UB Rostock, LIIb-1243(3.)66; Reihe 3: Allmanach unde Practica für 1609, SUB Hamburg, Scrin A/102). (In dänischen Archiven wurde nicht recherchiert, vgl. aber Gregersen, 1967, S. 250.)
Durch sein großes Prognostikum für 1634, dem zweiten Teil des Schreibkalenders, geriet er in Schwierigkeiten, weil dieses „eine Weibersatire in Form einer Erzählung von den 3 Töchtern des Hl. Petrus enthielt (dänisch, Sonderdruck 1667, Neuausg. v. V. Såby 1881/82)“. Das „brachte ihm eine Anklage wegen Gotteslästerung und den Befehl des Königs ein, sich aller Blasphemien und astrologischen Einzelvorhersagen zu enthalten“ (Gregersen, 1979, S. 124). Es sind nur wenige Exemplare in deutschen Archiven und Bibliotheken überliefert (Reihe 1: für 1614, SBPK Berlin, 4 an:@Na 7931<a>, für 1619, UB Greifswald, La 195/8; Reihe 2: Practica Astrologica für 1607, UB Rostock, LIIb-1243(3.)66; Reihe 3: Allmanach unde Practica für 1609, SUB Hamburg, Scrin A/102). (In dänischen Archiven wurde nicht recherchiert.)
Heldvader „ist der erste Autor“, der prognostische Schriften „in dänischer Sprache verfaßte. Bisher hatte es nur Übersetzungen aus dem Deutschen gegeben.“ Sein Buch „Elevsinia Sacra“ (anderer Druck, Titel 2) über die alten Kirchenbräuche „ist die älteste dänischsprachige Streitschrift gegen den Kalvinismus“. Er ist „einer der frühesten populärwissenschaftlichen Autoren Dänemarks und Schleswig-Holsteins“ (Gregersen, 1979, S. 124).
Zwischen Heldvader und → David Herlicius war wegen der Inhalte in den Kalendern und Prognostiken ein Streit ausgebrochen, der bis ans Ende des 16. Jahrhunderts zurückreicht (vgl. Gregersen, 1967, S. 186–191). So bezeichnete Heldvader in seinem Prognostikum für 1619 den Kontrahenten Herlicius, der eine (nicht auffindbare) Schmähschrift gegen Heldvater verfaßt hatte, als „groben Fantasten vnd Quacksaluern“ (Prognostikum für 1619, Reihe 1, S. E1b). Schließlich meinte er, Herlicius müsse sich auch gegen „den Calenderputzer Huldericum Schothusium P. Melissopolitanum/ imgleichen wider den hochgelarten M. Gothardum Arthus Dantiscanum, P. C. Histor. & Philomath. zu Franckfurt am Mayn. Item wider den Mathematicum Hexapolitanum/ der ihn tapffer auff die Lumpen geklopffet“, verantworten (ebd., S. E3b). Von den hier genannten anderen Kalendermachern konnte bisher nur → Gotthard Arthus identifiziert werden.
Nach Heldvaders Tod trat → Johann Meier als königlich-dänischer Astronom und schleswig-holsteinischer Kalendermacher in Erscheinung.
Vermutlich an die Popularität der Kalender von Heldvader sollten die Kalender anknüpfen, die nach dessen Tod unter dem Namen „Nicolaus Helverderus“ im Sedez-Format erschienen; verlegt durch Valentin Schmalhertz in Lübeck, überliefert mit den deutschen Exemplaren für 1649 und 1650 (KB Kopenhagen, 8° Astr. 53235) sowie mit dem niederdeutschen Exemplar für 1654 (ebd, 19,186.-8°).
Titel:
Deutsche Kalender:
(1) [1591?]–[1635]: [Schreibkalender] mit Prognosticon Astrologicon, Format 4°.
(8) [?]–1628–[?]: SchreibCalender, Format 8°.
Niederdeutsche Kalender:
(2) [1591?]–[1635]: [Schreibkalender] mit Practica Astrologia up dat Jaer, Format 4° [?].
(3) [1591?]–[1635]: Allmanach unde Practica up dat Jahr, Format 16°.
Dänische Kalender:
(4) 1591–[1635]: Almanach oc Practica/ Paa det Aar, Format 16°.
(5) 1613[?]–1615[?]: Calendarium Eller Allmanach, Format 16°.
(6) 1619[?]–1635: Schriffcalender paa det Aar, Format 4°.
(7) [?]–1635: Calendarium Paa det Aar, Format 4°.
Druck und Verlag:
(1), (2), (3) [1591?]–1609: Nicolaus Wegener, Schleswig, [1610–1614: Arnold Wegener ?, Schleswig], [1615–1635: ?, Hamburg]. Die Prognostiken für 1614 und 1619 nennen weder Drucker noch Druckort.
(3) auch: 1609–[?]: ?, Hamburg, [?]–1630[?]: Michael Rerinck, Hamburg.
(4) 1591–[1592?]: Matz Weingardt, Kopenhagen, 1593[?]: „Liliebieraet“ [?], Ribe, 1594–[1602?]: ?, Schleswig, 1603[?]: ?, Kopenhagen, 1604–[1608?]: Hermann Wegener, Lübeck, 1609[?]–1635: Henrich Waldkirch, Kopenhagen. 1617 auch: Salomon Sartorius, Kopenhagen. 1618 auch: Peder H., Helsingör.
(5) 1613[?]–1615[?]: Salomon Sartorius, Kopenhagen.
(6) 1619[?]–1635: ?, Kopenhagen.
(7) 1635: ?.
(8) 1628: Michael Hering, Hamburg.
Nachweis:
Herbst, 2008a, S. 103. Ergänzung: KB Kopenhagen (Prognostiken für 1600 und 1608 der Reihe 1, Ex. für 1630 der Reihe 3, 12 Ex. im Zeitraum 1591 bis 1635 der Reihe 4, Ex. für 1613 bis 1615 der Reihe 5). SBPK Berlin (Prognostikum für 1614 der Reihe 1). SHSTA Dresden (Ex. für 1628 der Reihe 8). VD16. VD17. CERL. Gregersen, 1967, S. 250f.
Andere Drucke (Auswahl):
(1) Astronomica Consiliatio, Calendarii Veteris Ac Rectentis Ivliani. Dat js/ Ein korte Astronomische vorgelikinge/ des warhafftigen thor tydt Christi gewesenen/ vnde jetziger tydt gewandtliken Julianischen Calenders. […]. Schleswig 1597. VD16 H 1636.
(2) Elevsinia Sacra. Kort oc Enfoldige Forklaring offuer woris Kircker oc gode Gamle Kircke Ceremonier/ oc vduortis Christelige Gudz Tieniste/ […] Schleswig 1597. VD16 H 1637. Weitere Ausgaben 1610, 1863.
(3) Tractatvs De Septem Orbis Miracvlis. Ein Kurtzer/ jedoch nuetzlicher Tractat/ von den Sieben Wunderwercken der Welt/ was dieselben vor zeiten gewesen […]. Schleswig 1598. VD16 H 1639.
(4) Apologia, oder Schutz und Schirmschreiben, Nicolai Heluaderi, Theologi et Mathematici, wieder daß leichtfertige, Bachantische, Närrische […] schreiben, des Calender Bapsts, in seinem grossen Prognostico, auffs Jahr 1617. gestellet […]. Ohne Ort 1616. HAB Wolfenbüttel, H: T 512.4° Helmst. (2).
(5) Om den skreckelig oc forfaerdelig Storm och Vandflod, som nyligen er gangen offuer det Hertugdom Sleszvig oc Holstein […] den Ug naest for forste Advents Sondag, oc besonderligen paa Fredagen, som vaar den 1. Dec. 1615/ relation N. H. Kiobinghaffn 1616. UB Kiel, Arch4 254.
(6) Warhafftige/ gründliche/ doch kurtze Relation, Was sich bey der Fürstlichen Lehenempfengnuß zu Kolding Anno 1616. Montags nach des Herrn Advent/ war der 2. Decembris/ zugetragen […]. Ohne Ort 1616. HAB Wolfenbüttel, H: J 268f.4° Helmst. (19).
(7) Calendariographia sacra: Jesu Christi Guds oc Mariae sons, leffnet calender, effter de fire hellige Evangelisters beskriffuelse […]. Ohne Ort 1618. HAB Wolfenbüttel, M: Ti 212.
(8) Resolution or forklaring paa den ny comet oc wuanlige stierene, som bleff seet udi Novembri oc Decembri maanet aar effter Gudsbyrd 1618. Kopenhagen 1618. Zitiert nach Brüning, 2000, S. 134, Nr. 758.
(9) Amphitheatrum Fidei Catholicae, & Ceremoniarum Ecclesiae Jesu Christi. Das ist: Ein Herrlich/ außbündig Schawplahn/ der heiligen/ Christlichen/ Apostolischen vnd Catholischen Kirchen/ zu allen zeiten: darneben zeit/ statt/ weiß vnd maß/ wer/ wann/ wo/ wie/ von wem vnd warumb/ die Gottesheuser/ Kirchen vnd Klöster/ bey den Christen/ anfänglich auffgerichtet vnd gebawet: […]. Durch Nicolaum Helduaderum, Theolog. & Reg. Majest. Daniae Calendariographam. Hamburg 1622. UB Kiel, Cb 1541. Online [08.09.2015].
(10) Sylva Chronologica Circuli Baltici, Das ist: Historischer Wald, vnnd Vmbzirck deß Baltischen Meers oder der OstSee/ Darinnen neben Beschreibung der Länder vnd Orter die ordentliche Succession aller Könige in Dennemarck vnd aller Hertzogen zu Hollstein/ biß auff den jetzregierenden König Christianum IV. vnd Hertzog Fridericum III. Gottorpffischer Linien/ richtig an Tag gegeben; […]. 2 Teile. Hamburg 1612. SUB Hamburg, Scrin A/1658: 1/2. Online Teil 1, Teil 2 [08.09.2015].
(11) Omnium Mater Artium Euthanasia, Das ist die beste, nutzlichste vnd bewehrtste Kunst vnter allen Künsten dieser Welt, genant Sterbekunst. […]. Auß dem Schlesewigtschen Exemplar wiederumb auffs newe auffgelegt. Ohne Ort 1625. ThULB Jena, 8 MS 25073 (6).
(12) Kurtze und einfältige Beschreibung der alten und berühmten Stadt Schleßwig/ in Cimbrischen Chersoneso belegen: Neben kurtzer succession der Hertzogen und Bischoffen zu Schleßwig. Aus allerhand documenten und Uhrkunden mit Fleiß zusammen gefasset und in Druck verfertigt Durch Nicolaum Heldvaderum, in agro Schlesvicensi. [Zuerst gedruckt 1603.] Auffs new gedruckt im Jahr 1673. HAB Wolfenbüttel, M: Gm 4332. Online [08.09.2015].
Literatur:
Carsten Erich Carstens: Art. „Heldvader, Nicolaus“. In: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 11 (1880), S. 685f.
Hans Valdemar Gregersen: Niels Heldvad. Nicolaus Helduaderus. En biografi. Ohne Ort 1957 (= Skrifter, udg. af Historisk Samfund for Sønderjylland 17). Deutsche Ausgabe Flensburg 1967. Darin ein umfassendes Werkverzeichnis.
Hans Valdemar Gregersen: Art. „Helduader, Nicolaus“. In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck, Bd. 5 (1979), S. 123–125.
Erstellt: 11.09.2015
Letzte Aktualisierung vor 20.01.2020: 21.08.2019
Letzte Aktualisierung nach 20.01.2020: 13.03.2023