Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


guetner_gottfried

Gütner, Gottfried

„Gottfried Gütner von Freyberg in Meissen/ der Mathematischen Künste Ergebenen“; „Freiberg. Misn. Art. Math. Cultore zu Altenburg“ (Selbstbezeichnungen auf den Titelblättern, zit. 1677 von Reihe 1, 1687 von Reihe 3)
* (getauft) 5.2.1639 Freiberg, † 1691 Altenburg
Kalender seit 1677, erschienen bis mindestens 1751
Übernommene Reihen: → Gütner, Raphael; → Sachsstädter, Christian; → Neubarth, Jeremias (Pseud.)

Gottfried Gütner stammte aus Freiberg in Sachsen. Er war Korrektor und Schriftsetzer in der Druckerei von Gottfried Richter in Altenburg (Jöcher/Adelung, 1784, Bd. 2, Sp. 1670). Aus einem Brief von → Christoph Richter an → Gottfried Kirch Ende 1678 ist bekannt, daß er ein Bruder von Johann Georg Gütner (1626–1696), Pfarrer in Markersbach, Rötha und Lausick, und Raphael Gütner (1634–1680), Pfarrer und Kalendermacher in Elterlein/Erzgeb., war (Herbst, 2006, Bd. 1, S. 49). Sie entstammen der Familie von Gabriel Gütner d. Ä. (1565–1639), der in Leipzig geboren worden war und 1610 als Pfarrer an der St. Jacobi-Kirche nach Freiberg kam (Jöcher, 1750/51, Bd. 2, Sp. 1256; Groß, 1727, Bd. 3; Dietmann, 1753, Bd. 1, S. 425; Grünberg, 1939/40, Bd. 1, S. 195). Unter dessen acht Kindern war auch Raphael Gütner d. Ä. (?–1676), der Vater des Kalendermachers. Er war Schichtmeister und erhielt am 12. Oktober 1625 das Bürgerrecht der Stadt Freiberg (Stadtarchiv Freiberg, I Bc 1b Bürgermatrikel 1605–1628, fol. 184b, Nr. 16 „Raphael Gutner SM. den 12 Octobris 1625“). Am 1. November 1625 fand die Trauung von ihm mit Magdalena Krebs, Tochter des Leipziger Bäckers Hans Krebs, statt (Ev.-luth. Kirchengemeinde Freiberg, Traubuch des Doms, S. 148). Aus dieser Ehe gingen die Kinder Johann Georg (get. 11.9.1626), Johann Gabriel (get. 23.2.1629), Raphael (get. 12.3.1634), Gottfried (get. 5.2.1639) und Rosina (get. 2.9.1641) hervor (Ev.-luth. Kirchengemeinde Freiberg, Taufbuch St. Jacobi; für die Einsichtnahme in die Freiberger Kirchen- und Bürgerbücher danke ich Herrn Uwe Keller, Heidenau).
Daß Gottfried Gütner Mitte 1691 gestorben ist, folgt aus einer brieflichen Mitteilung von Kirch vom November 1691, nach der ihm einige „Güttnerische Schrifften“ von dessen „hinterlassene Frau Wittib, an nächst verwichener Michaelis=Messe“ zum Kauf angeboten worden waren (Herbst, 2006, Bd. 2, S. 109). Kirch erwarb sie und bot sie wiederum → Johannes Vulpius zum Kauf an, der bereits über den Altenburger Drucker Gottfried Richter „als bald nach ihres h. seel. Tote alle seine (hn. Güttners) geschriebene Sachen“ erhalten hatte (ebd., S. 110).
Vermutlich hatte Gottfried Gütner wie die beiden Brüder Johann Georg und Raphael an der Universität Leipzig studiert. Die Matrikel nennt einen „Gutnerus (vgl. Güttner) Godfr. Lipsen. n. 16 gr. i S 1657 M 74“ (Erler, 1909, Bd. 2, S. 152), dessen Herkunft jedoch mit „Lipsen.“ (Leipzig) angegeben wird. Ob es sich hier um einen Schreibfehler oder tatsächlich um einen anderen Gottfried Gütner handelte, konnte nicht entschieden werden. Die älteren Brüder Johann Georg und Raphael wurden 1647 bzw. 1658 immatrikuliert.
Mitte der 1670er Jahre begann Gütner mit dem Schreiben von Kalendern. Die Reihe des „Historien u. Gesprächs=Kalenders“ begann mit dem Jahr 1672, denn in der Textspalte des Jahrgangs 1679 heißt es zu Beginn: „Nachdem wir bißhero in 7. Jahren die Historia von denen 12. Churfürsten des Hochlöblichen Hauses Sachsen eingeführet und vollendet […]“ (Kalendarium, S. B1a). Anfangs erschien allerdings Gottfrieds Bruder Raphael Gütner als Verfasser dieses Kalenders.
Im Zusammenhang mit seinem ersten Kalenderdrucker, Georg Conrad Rüger, geriet Gütner 1680 vermutlich in eine schwierige Lage. Erneut Richter berichtete, „daß er [Rüger] mit Weib und Kind, alß ein falscher Müntzer, seÿ gefangen gesetzet worden, ob es Güttnern auch mit betroffen, kan ich nicht recht erfahren, etliche wollen sagen, er seÿ auch dabeÿ. Wie es mit ihm wird ablauffen, wird die Zeit geben“ (Herbst, 2006, Bd. 1, S. 60). Offenbar war der Vorgang für Gütner ohne ernste Konsequenzen geblieben, denn wenig später trat er mit neuen Kalenderreihen an die Öffentlichkeit.
Um 1680 trug sich Gütner mit dem Gedanken, neue astronomische Ephemeriden für 1681 und die folgenden Jahre zu berechnen und herauszugeben, weil diejenigen von Johannes Hecker mit dem Jahr 1680 ausliefen (vgl. Hecker, 1662). Von diesen „Altenburgischen Ephemeridibus“, so die Bezeichnung in einem Brief von Christoph Richter an Gottfried Kirch vom 6./16. März 1680 (Herbst, 2006, Bd. 1, S. 60), sind aber keine erschienen.
Die Erscheinung des großen Kometen Ende 1680 gab für Gütner den Anlaß, auch mit einer astronomischen Abhandlung aufzuwarten. Aus ihr geht hervor, daß er astronomische Fachliteratur besaß (z. B. „Mercurius In Sole visus Gedani“ von Johannes Hevelius, 1662) und mit → Georg Krüger bekannt war. Gütner schrieb, Krüger hatte „mir sein manuscriptum [der Beschreibung des Kometen von 1677] von Dantzig zugeschicket/ welches ich ihm/ als meinem Special-Freunde/ zu Ehren hier in Altenburg habe drucken lassen“ (Gütner, 1681, S. 21; vgl. Krüger, 1678, siehe hier am Schluß Gütners Erklärung dazu). Woher sich Gütner und Krüger kannten, konnte nicht ermittelt ermittelt werden.
Im Jahr 1682 hatte Gütner nach sechzehnjährigem Suchen eine für ihn bedeutsame Entdeckung gemacht: er fand eine Methode zur astronomischen Ermittlung des Weltalters (Quellenzitat 1). In dem separaten Druck „Sonderbares Kleinod“ stellte er diese Methode und das Ergebnis vor: „Die Welt ist erschaffen worden im 4007. Jahre vor dem Anfange unserer gebräuchlichen Christen=Jahrzahl/ also/ daß sie in diesem 1683. Jahre das 5689. Jahr ihres Alters vollbringet/ und das 5690. wieder anfängt/ auch einen grossen Theil davon erreichet“ (Gütner, 1683 (anderer Druck, Titel 4), S. 2). Es „fällt der erste Tag der Schöpffung auff den 21. Aprilis/ worauff 3 Tage hernach/ als den 24. Aprilis das AEqvinoctium vernale und Anfang des Frühlings eingetreten“ (ebd., S. 3). Als Bezugsmeridian schlug Gütner den Meridian von Jerusalem vor, dessen Länge 270 Grad betragen müsse (ebd., S. 4). Ferner stellte er in den Raum, daß die astronomischen Mond- und Planetentafeln verbessert werden müßten, „wodurch das lang=gewündschte wahre Thema mundi, und die Wissenschafft von Veränderung des Gewitters zu allen Zeiten zu erlangen“ möglich wäre, „massen ich dann zur correction derer andern Planeten=Läuffe allbereit einen guten Anfang/ mit Gottes Hülffe/ gemacht habe“ (ebd., S. 29). Diese hier skizzierte Entdeckung nahm Gütner dann zum Anlaß, seinen „Welt=kalender“ herauszugeben. In der Vorrede des Kalenders für 1689, das 5696. „Welt=Jahr“ schrieb er: „Es ist heuer das Sechste Jahr/ daß ich diesen Welt=Kalender in Druck gebe“ (S. A2a), so daß diese Reihe 1684 begann (die ersten beiden Jahrgänge sind nicht überliefert). In der Schrift von 1683 kündigte er das Erscheinen des neuen Kalenders für „die Leipziger Michaelis=Messe oder bey Annahung des 1684. Jahrs“ an (Quellenzitat 3).
In diese Zeit fiel eine Charakterisierung Gütners durch den Zeitgenossen Gottfried Kirch, der den ersten Jahrgang 1684 des „Welt=kalenders“ erhalten hatte. Kirch schrieb im Oktober 1683 in einem Brief an Johannes Hevelius anläßlich des Erhalts eines „sonderbaren Kalender[s] eines Buchdrucker Gesellen, Gottfried Gütners. Der gute Mensch will durch sonderbare Geheimniße die Astronomische Tafeln verbeßern, mich deuchtet aber er sey viel zu schwach dazu. Er hat gar sonderliche Grillen, und meinet, er habe den Erschaffungs Tag, Jahr und Stunde richtig erlanget, durch seine Kunst und große Geheimniße. Er will das Wetter auff alle Tage und Stunden aus rechnen, wann er nur die Astronomische Tafeln zuvor corrigiret hätte. Er ist ein Wittwer, und hat etliche kleine Kinder, wie ich höre, kan also, als ein Buchdrucker=Gesell wenig erübrigen, und will sich eines solchen wichtigen Dinges unter fangen. Mich deuchtet, so wol sein Verstand, als sein Vermögen, sey hier zu viel zu schwach. Ja er will aus dem Gewitter die Longitudines und Latitudines Locorum corrigiren“ (Herbst, 2006, Bd. 1, S. 268). Im Januar 1685 wandte sich Gütner in einem Brief an Kirch und trotz der von Kirch geäußerten Kritik unterbreitete dieser 1686 an Gütner ein Angebot, ihn als Gehilfen für die astronomischen Rechnungen anzustellen (ebd., S. 341). Zu einer derartigen Zusammenarbeit kam es aber nicht.
Von dem Zwickauischen Schreibkalender (Reihe 3) sind für die Jahre 1698 und 1699 Exemplare überliefert, die auf dem Titelblatt → Johann Grosse als Verfasser ausweisen.
Bedeutsam sind die Reihen 4 bis 6, weil Gütner hier als einer der ersten Kalendermacher im deutschen Kalenderwesen das neue Medium der Tageszeitung bewußt als Quelle für die inhaltliche Gestaltung der Schreibkalender nutzte und gleich drei Kalenderreihen begründete, in denen er das politische Geschehen nach Ländern ordnete und dadurch eine Art „Welt=Chronick“ schuf (Quellenzitat 2; vgl. Herbst, 2011b, S. 104f.).

Titel:
(1) 1677–1680[?]: Historien u. Gesprächs=Kalender.
(2) 1684–1751[?]: Neu=erfundener Welt=kalender.
(3) 1687–[1697?], [?]–1714[?]: Zwickauischer Artzney= und Schreib=Kalender [vgl. Grosse, Johann (7)].
(4) 1688–1695[?]: Ankommender Passagier oder Kern=Kalender.
(5) 1688–1695[?]: Nordischer Herold oder Berichts=Kalender [kein Exemplar ermittelt].
(6) 1688–1695[?]: Orientalischer Post=Reuter. Oder Ungarisch= Polnisch= Moscowitisch= Türckisch= Tartarisch= und Persianischer Geschichte. Zeitungs=Kalender.
(7) 1699–1727[?]: Ackerbau/ Viehzucht/ Schreib= und Kräuter=Calender [in Nachfolge von Christian Sachsstädter].
(8) 1729–1732: Garten= und Planeten=Calender [in Nachfolge von Jeremias Neubarth (Pseud.)].
Druck und Verlag:
(1) Georg Conrad Rüger, Altenburg.
(2) 1684–1696: Gottfried Richter, Altenburg, 1697–1704, 1707–1717: Johann Ludwig Richter, Altenburg, 1705–1706, 1718–1723: Johann Ludwig Richter, Altenburg und Johann Victorin Richter, Annaberg, 1724–1738: Johann Ludwig Richter, Altenburg und August Valentin Friese, Annaberg, 1739–1741: Johann Ludwig Richters Erben, Altenburg und August Valentin Friese, Annaberg, 1742–1749: Paul Emanuel Richter und August Valentin Friese, Altenburg und Annaberg.
(3) 1687: Christian Bittorff, Zwickau, 1711–1714: Christian Bittorff, Schleiz.
(4), (5), (6) Gottfried Richter, Altenburg.
(7) 1699: David Nicolai, Annaberg, 1711: Johann Victorin Richter, Annaberg.
(8) Carl Friedrich Jungnicol, Erfurt.
Nachweis:
Herbst, 2008a, S. 97. Herbst, 2011a, S. 31f., 50. Herbst, 2014a, S. 134. VD17. CERL.
Online:
(1), (2) [11.08.2014].
Andere Drucke:
(1) Naturmässiger Bericht von Cometen ins gemein/ Worunter vor andern absonderlich Der Grosse Wunder=Comet/ So im Wintermonat des 1680. Jahrs erschienen/ und biß zum Ende des Jenners im 1681. Jahr am Himmel gestanden/ Nach seinem Ursprunge/ Gestalt/ Lauff und Bedeutung beschrieben wird. Altenburg 1681.
(2) Kurtz=gefassete Beschreibung des Schönen liechten Comet=Sterns/ Welcher im Augustmonat dieses lauffenden 1682sten Jahres erschienen/ und von männiglich gesehen worden/ Was für Eigenschafften er an sich habe/ und was von seiner Bedeutung unvergreifflich zu muthmassen. Altenburg 1682.
(3) Das Welt=Buch, oder neu erfundene wahre Alter der Welt. Altenburg [1683?]. Nur nachgewiesen in Jöcher/Adelung, 1784, Bd. 2, Sp. 1256. Gütner erwähnte diese Schrift 1690, siehe Quellenzitat 1.
(4) Sonderbares Kleinod Der Edlen Stern=Kunst/ Anzeigende Das richtige Alter der Welt/ einen gewissen Terminum Longitudinis, unterschiedliche Vacillationes oder Schwanckungen der Himmel/ die Obliqvitatem Zodiani und Eccentricitatem des Sonnen=Kreises mit ihren Veränderungen/ sampt dem wahren Lauff der Sonnen. Alles durch Astronomische Geheimnisse und viel alte und neue Observationes erfunden. Welchem beygefügt Ein kurtzer Bericht von Nutzbarkeit der Stern-Kunst und dann auch von deroselben schändlichen Missbrauch und falschen Warsagungen. […] Von Gottfried Gütnern/ Art. Math. Cultore. Altenburg 1683. ULB Halle, F a 1996 an 3.
Quellenzitate:
(1) „Wollte aber hier iemand einwenden und sagen: Wenn aus dem Lauff des Gestirns das wahre Alter der Welt hätte können ausgerechnet werden/ so würde es schon längst geschehen seyn/ sintemal von langen Zeiten her schon viel Astronomi in dieser Sache bemühet gewesen/ und haben es doch zu keiner beweißlichen Gewißheit bringen können. Hierauff antworte ich/ daß die Astronomia sambt der Astrologia eine weitläufftige Sache ist/ und diese Kunst noch immer von einem Seculo zum andern erhöhet/ verbessert und mit neuen Erfindungen vermehret wird. Wenn denn auch ich allbereit in die 34. Jahr lang/ viel Mühe an dieses Studium gewandt/ hat der gütige GOtt Sein Gedeyen darzu gegeben/ daß ich in den Astronomischen Directionibus eine sonderliche Art erfunden/ welche noch von keinem Astronomo an den Tag gebracht worden. Zu welcher Erfindung mir Anlaß gegeben/ etliche Weissagungen/ Vorbilder und Historien der heiligen Schrifft/ und dann auch mancherley plötzliche Unglücks=Fälle unterschiedlicher Personen/ derer Geburts=Stunde mir wissend gewesen/ durch welche ich meine Invention probiret und sehr richtig erfunden. Als mir nun dieses mit dem Microcosmo gelungen/ habe ich mir die Hoffnung gemacht/ es werde mit dem Macrocosmo wohl gleiche Bewandniß haben. Dieweil aber hierzu beydes die wahre Longitudio unsers Landes/ als auch das Alter der Welt noch unbekannt gewesen/ habe ich darinnen so bald keine Probe thun können/ sondern mir fürgenommen aus den Ascensionibus rectis und obliqvis der Planeten zur Zeit vieler grossen Ungewitter zu erforschen/ welches doch die rechte und Naturmässige Longituo unsers Landes seyn möge/ und wie weit die Jährliche Direction möchte kommen seyn. Denn daß wir in der 16. Revolution lebeten/ daran hatte ich keinen Zweiffel/ weil 15. gantze Revolutiones 5479. Jahr austragen/ und 16. gantze auff 5844. Jahr sich belauffen/ das Welt Alter aber nach Anweisung der heiligen Schrifft zwischen diesen beyden Jahrzahlen müste enthalten seyn/ ob man die Jahre gleich so genaue nicht wisse.
[…] so habe ich von Anno 1666 an die 16. Jahr lang zugebracht/ biß ich Anno 1682. meinen Zweck erlanget/ den völligen Schluß machen/ und der Sachen Gewißheit haben kunte. Da denn die Länge des Mittags=Circkels/ und das Alter der Welt also heraus kam/ wie ichs im dritten Theil/ meines Welt=Buchs umständlich beschreibe/ und mit vielen Exempeln beweise.“ (Gottfried Gütner: Welt=kalender für 1690, S. A2a–b).
(2) „Dieweil unter allen Sachen/ welche heut zu Tage in den Calendern/ ausser der Astrologia/ pflegen eingeführet und beygebracht zu werden/ fast nichts angenehmers ist/ als die neuen Historien/ und ich auff diese Weise meinem Nechsten auch gerne damit willfährig seyn wollen/ so habe ich die fürnehmsten Geschichte/ welche sich allenthalben in der Welt/ nach Inhalt der gedruckten Relationen und Ordinar=Zeitungen/ auch anderm einkommenden Bericht/ jüngsthin innerhalb Jahres=Frist/ biß auff die Zeit/ da man die geschriebenen Calender zum Druck übergeben muß/ zusammen getragen/ nach Ordnung der Zeit/ so viel möglich gewesen/ und man wissen können/ eingerichtet/ damit man sehen könne/ wie sich die Geschichte nach einander begeben haben/ und was bisweilen für wichtige Dinge an unterschiedenen Orten zugleich auff einen Tag geschehen sind.
Und weil nicht einem jedweden bewust/ an welchen Orten der Alte oder Neue Kalender gebräuchlich ist/ so habe ich die Tage entweder nach beyden Kalendern benennet/ oder doch dabey durch die Abbreviaturen: st. v. oder st. n. angemercket/ nach welchem Calender der daselbst gemeldete Tag zu verstehen sey. Demnach aber die Geschichte von allen Orten auf ein gantzes Jahr in einem Calender allein beyzutragen zu viel werden wollen/ habe ich solche in 3. Theil unterschieden/ und also dreyerley Calender daraus gemacht/ auch solche desto besser von einander zu unterscheiden/ mit unterschiedlichen Nahmen benennet/ als (1.) Nordischer Herold oder Berichts=Kalender/ dieser hält in sich die Teutschländisch= Schwedisch= Dänisch= und Holländischen/ (2.) Orientalischer Post=Reuter oder Zeitungs=Calender/ begreifft die Ungarisch= Polnisch= Moscowitisch= Türckisch= Tartarisch= und Persianischen/ (3.) Ankommender Passagier oder Kern=Calender/ erzehlet die Frantzösisch= Engelländisch= Italiänisch= Spanisch= auch Ost= und West=Indianischen Geschichten.
Es können auch solche dreyerley Calender von denjenigen/ welche nicht lesen können/ aus den Figuren der Titul gar leicht unterschieden werden. Denn der erste stellet dar den Römischen Käyser sampt den Umstehenden in Teutscher Kleidung/ der andere den Groß=Sultan oder Türckischen Käyser nebenst andern Personen in Ausländischer Kleidung/ und der dritte den Pabst zu Rom mit seinen Adhärenten in geistlichem Habit oder Ordens=Kleidern.
Nun stehet einem jeden frey zu kauffen welchen Calender er beliebet/ und welcherley Geschichte er zu lesen verlanget; So aber jemand alle drey Calender zusammen kaufft/ der bekommt dadurch eine Welt=Chronick auff ein gantzes Jahr umb ein sehr geringes Geld. Denn ob wohl sonsten solche Historien in absonderlichen Büchern mit der Zeit in den Druck kommen/ so sind doch dieselben also weitläufftig und mit vielen Kupffern angefüllet/ daß sie für den gemeinen Mann zu erkauffen zu theuer kommen.“ (Gottfried Gütner: Ankommender Passagier oder Kern=Kalender für 1688, Kalendarium, Vorrede auf der Titelblattrückseite).
(3) „Schließlichen füge dem günstigen Leser auch hiermit zu wissen/ daß künfftig/ geliebts Gott/ auff die Leipziger Michaelis=Messe oder bey Annahung des 1684. Jahrs/ ein sonderlicher Welt=Kalender/ nach einer unfehlbaren Jahres=Rechnung eingerichtet/ in welchem der Julianische und Gregorianische Kalender nichts desto weniger ihren Raum und Würde auch behalten/ in Druck gebracht werden soll. In diesem soll das jenige/ was bißhero zur Verbesserung der Sternkunst erfunden/ und noch mittler Zeit hinzu gebracht werden möchte/ angewendet/ und nebenst andern angenehmen nützlichen Sachen eingeführet werden soll.“ (Gottfried Gütner: Sonderbares Kleinod, 1683 (anderer Druck, Titel 4), S. 30).

Erstellt: 11.08.2014
Letzte Aktualisierung: 16.08.2019

guetner_gottfried.txt · Zuletzt geändert: 2019/08/16 12:41 von klaus-dieter herbst