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Stopius, Zacharias

„L. Zacharias Stopius Vratislauiensis Erzstifftischer Rigischer Phisicus“ (Selbstbezeichnung auf dem Titelblatt, zit. 1565)
* vor 1540 Breslau, † nach 1618 Riga [?]
Kalender seit mindestens 1565, verfaßt bis mindestens 1591

Zacharias Stopius wurde in Breslau geboren, was aus der Selbstbezeichnung („Vratislauiensis“) auf dem Titelblatt des einzigen bekannten Kalenders von ihm folgt (für die am 11. Oktober 2011 zugesendete Kopie des Titelblatts des Kalenders für 1565, der sich in einer Rigaer Bibliothek befindet, danke ich Prof. Janis Kletnieks, Riga). Er könnte ein Verwandter von Carolus Stopius aus Breslau gewesen sein, der im Wintersemester 1583/84 an der Universität in Frankfurt an der Oder immatrikuliert wurde (Friedländer, 1887, Bd. 1, S. 305). Der erste biographische Nachweis des Zacharias ist ein im Juli 1559 vorgenommener Eintrag in die Matrikel der Universität in Rostock (Hofmeister, 1889, Bd. 2, S. 318 „[1559 Mense Iulio] Zacharias Stopius Vratislauiensis honoratus. [kursiv, weil später hinzugefügt] Doctor medicinae“). Da er bereits 1560 als Licentiat der Medizin die Rostocker Universität Richtung Livland verließ (siehe Bocer, 1560; hier eine handschriftliche Widmung von Stopius an David Chytraeus, Professor in Rostock), muß er schon davor einige Jahre an einer anderen Universität studiert haben. Sein Geburtsjahr wird somit vor 1540 gelegen haben.
In Riga wurde er Stadtarzt (Otto, 1898; Brennsohn, 1905, S. 384) und verfaßte als Physicus einen Schreibkalender für 1565 für das Erzstift Riga (vgl. Preuß, 1929, S. 296). Der Drucker Johann Daubmann in Königsberg druckte ebenfalls die Kalender von → Simon Titius und → Nicolaus Neodomus. Offenbar war Stopius der erste Kalendermacher in Kurland, der auch die Schreibkalender verfaßte.
Für das Jahr 1583 ist die handschriftliche Fassung eines in lateinischer Sprache geschriebenen Kalenders mit Prognostikum überliefert (UB Warschau, Handschriften, 1922 (nr akc 601), gesehen am 15.12.2015). Ob es sich hier um die Vorlage für einen Druck handelt, konnte nicht entschieden werden. Der vollständige Titel lautet: „Ephemeris Ivxta correctum kalendarium Gregorianum Pont. Max. Ad annum reparatae Salutis MDLXXXIII. fertium ab Intercalari. In Honorem primi S. R. Mtis per Liuoniam constituti Locumte nemtis Reuerendissimi & Illustrisimi Principis ac Domini Domini Georgij Radziwili Episcopi Vilnensis Ducis in Olica et Nieschwitz &c. &c. &c. Per Zachariam Stopium a Stoppenhaim. Vratislauiensem, Philosophiae et Medicinae Doctorem Rigae In Liuonia conscripta.“ Bemerkenswert ist, daß er sich hier „Stopius von Stoppenhaim“ nannte.
Stopius wird mindestens bis für 1591 Kalender und Prognostiken verfaßt haben, denn in einer Bibliothek in Riga befindet sich eine „Practica“ für 1591 (für die am 8. Dezember 2011 zugesendete Kopie des Titelblatts der Praktik für 1591, die sich in einer Rigaer Bibliothek befindet, danke ich Prof. Janis Kletnieks, Riga).
In einem Brief aus dem Jahr 1577 an den Herzog Gotthard von Kurland (1517–1587), in dem er über einen „Astrologischen Sendebrieff vom lubischen phÿsico auf dis laufende .77. gestellet“ berichtete, ging er auch auf „das vnreiffe prognosticiren vieler Humpler, welches ich nicht weniger In meÿnen prognosi auf dis Jahr, klage“, ein (überliefert im Lettischen Archiv Riga, LVVA 1100/ 13/ 722 I, online).
Stopius war als Arzt weithin anerkannt, denn er war Arzt des Erzbischofs Wilhelm von Brandenburg und Leibarzt des Herzogs Gotthard (Otto, 1898). Mit den Herzogen Albrecht, Albrecht Friedrich und mit herzoglichen Oberräten wechselte Stopius zwischen 1561 und 1569 einige Briefe (überliefert sind fünf im GSAPK Berlin, vgl. „Frühneuzeitliche Ärztebriefe“, Datenbank „Stopius, Zacharias“).
1618 lebte Stopius noch, denn am 18. Februar 1618 wurde sein gleichnamiger Sohn Zacharias der Jüngere geboren, der später Leibarzt des Königs von Polen wurde (Brennsohn, 1905, S. 385).
In der älteren Literatur wird Stopius als Verfasser einer „Livländische[n] Oekonomie“ bezeichnet, die aber nicht gedruckt worden sein soll (Brennsohn, 1905, S. 385; Otto, 1898). Offenbar wurden aber Teile aus dem Manuskript von Stopius für das Werk „Stratagema Oeconomicum“ verwendet, das im 17. Jahrhundert mehrfach aufgelegt wurde (Gubert, 1649; vgl. Šiško, 2013, S. 67, 128, 291; für die am 10. und 17. Oktober 2016 gegebenen Hinweise auf diese Literatur danke ich Kristina Kandler, Marburg). Der Verleger und Drucker, Gerhard Schröder in Riga, schrieb in der Vorrede am 18. März 1645, daß er „auch gerne deß Sel. Hn. Stopii beschriebene Lieffländische Oeconomiam verlegen wollen/ wann mich die schweren Kosten/ so das weitleufftige Werck erforderte/ nicht abgeschrecket hetten“ (ebd., unpag.). Diesen Mangel ersetzte jedoch Salomon Gubert, Pfarrer zu Sonsel, mit dem Werk „Stratagema Oeconomicum“. In dem gedruckten Buch wird im dritten Kapitel Stopius genannt: „Von der Sonnen Auff= vnd Nidergang/ Tag= vnd Nachtlängen/ nach deß S. H. D. Zachar. Stopii Absatz. Von den vnbeweglichen Festen vnd horizontal SonnenVhr auff 57 2/3 Gr. Compaß“ (Gubert, 1649, S. 45). Die in diesem Kapitel gebrachten Angaben sind jene, die auch die Kalendermacher in ihre Kalender setzten. Der Verfasser wies jedoch bei den unbeweglichen Festen darauf hin, „daß die Calenderschreiber zu zeiten an stat der nachfolgenden/ andere setzen“ (ebd., S. 62). Aus der im vierten Kapitel folgenden Bauernpraktik geht unter anderem hervor, daß die Bauern in Liefland sich auch anhand eines gedruckten Jahreskalenders orientierten, denn sie mußten über die Zeiten von Finsternissen und besonderen Aspekten Bescheid wissen, denn man achtete auf „Zeichen welche der Äcker Vnfruchtbarkeit verkündigen“, z. B. „wenn eine Sonnen= oder Mond=Finsterniß vmb solche zeit einfält. Aber die Sonnen=Finsternüssen thun meer Schaden/ alß die Mond=Finsternüssen. Doch folgen zu zeiten auff Finsternüsse gute Jahre. Also auch wenn ein Gevierdter Schein/ Gegenschein der Planeten Saturni vnnd Martis auff gemelte zeit sich begeben“ (ebd., S. 87f.). Somit muß es auch im baltischen Raum von den ersten Schreibkalendern um 1565 von Stopius über die Kalender von → Gebhard Himselius bis zu den Kalendern ab 1681 von → Georg Krüger eine kontinuliere Herstellung von deutschsprachigen Kalendern gegeben haben.

Titel:
(1) 1565[?]–[1577?]: Schreibcalender, Format 4°.
(2) [?]–1591[?]: Calender sampt Practica, Format 16°.
Druck und Verlag:
(1) 1565: Johann Daubmann, Königsberg.
(2) 1591: Nicolaus Mollyn, Riga.
Nachweis:
Zinner, 1941/64, S. 462, Nr. 2384b. VD16. CERL. Mitteilungen von Prof. Janis Kletnieks, Riga.

Erstellt: 07.10.2016
Letzte Aktualisierung: 04.05.2018

stopius_zacharias.txt · Zuletzt geändert: 2018/05/04 09:04 von klaus-dieter herbst