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Stilsovius, Johannes

„Johannes Stilsovius Erffurtinus“ (Selbstbezeichnung auf dem Titelblatt, zit. 1641)
* ca. 1595 Erfurt, † 12.03.1659 Naumburg
Kalender seit 1641, erschienen bis 1685
Pseud.: → Hilstein, Josua von
Übernommene Reihe: → Partlicius, Simeon

Johannes Stilsovius wurde um 1595 in Erfurt geboren. Die Eingrenzung des Zeitraums für seine Geburt erfolgt aufgrund der Angaben in den Matrikeln der Universitäten Erfurt und Rostock. Demnach wurde Stilsovius am 4. Oktober 1613 an der Universität Erfurt immatrikuliert (Weissenborn, 1884, S. 518 „In gratiam rectoris et gratis inscripti: […] 5. Ioannes Stiltzefus Erphordensis, juravit 4. Octobr.“; Stilsovius ist die latinisierte Form von Stiltzfuß). Ab August 1621 studierte er in Rostock (Hofmeister, 1889, Bd. 3, S. 44). Ein zweiter Eintrag in der Erfurter Matrikel von 1624 lautet: „Ex residuo inscriptionis: […] 8 gr. Iohannes Stilsfuß“ (Weissenborn, 1884, S. 536). 1624 erhielt er in Erfurt den akademischen Grad eines Baccalaureus. Stilsovius studierte Theologie, denn eine astronomisch-astrologische Schrift von 1631 wurde von einem „Johanne Stilsovio Erffurtino SS. Theologiae Studioso“ verfaßt. Neben Stilsovius (Stiltzfuß) war 1624 auch Georg Hertz an der Erfurter Universität eingeschrieben (Weissenborn, 1884, S. 536). Hertz war der Drucker und Verleger sowohl der Druckschrift von 1631 als auch der Kalender von Stilsovius.
Ein von Joachim Cnape, Rektor der Schulen in Weimar, verfaßtes Gedicht mit der Eingangsformel „Ad Virum Clarissimum et Doctissimum Dn. Johannem Stilsovium Erfurtinum Astronomum celeberr.“ steht in Stilsovius’ Schreibkalendern bis 1673 auf der Rückseite des Titelblatts des zweiten Teils. Der Schulrektor Cnape rühmte in seinem Gedicht nicht nur einen Kalendermacher, sondern auch einen Kollegen. Den Hinweis auf seinen Beruf lieferte Stilsovius selbst in einem Kalender für 1648. Diesen Kalender widmete er den Herren Christoph Langen, Oberbürgermeister zu Naumburg, und Caspar Eckarden, Amtsverwalter zu Zeitz. Das Widmungsschreiben trägt die Unterschrift: „Johannes Stilsovius, Erffurtinus der Schulen im hohen Stifft zu Naumburg Rector“ (Kalendarium, S. A1b). In einer Arbeit von 1925 zu den Rektoren und Lehrern des Naumburger Domgymnasiums findet man weitere Einzelheiten: „Johann Stilsovius (Stilzefus oder Stilsfus), stammte aus Erfurt, wurde dort 1613/4 immatrikuliert und 1624 Bakkalaureus. Er hatte schon ‚eine geraume Zeit bey Schulen und Kirchen aufgewarttet’ und war Rektor in Freyburg, als er am 2. 1. 1643 zum Nachfolger M. Matth. Werners gewählt wurde. Im Juni trat er sein Amt an. 1645 (23. 1.) erhielt er dazu die Vikarie S. Aegidii, später auch eine Lektur im Chor. Nach mancherlei Streitigkeiten wurde er im Herbst 1652 zur Aufgabe des Rektorats genötigt, behielt aber seine Vikarie und blieb auch in seiner Wohnung im Hause ‚zum Schwarzen Mohren’ am Domplatz. Er starb am 12. 3. 1659 und wurde als Kanonikus im sog. Unterstift (Kollegiatstift Beatae Mariae Virginis) seinem eigenen Wunsche entsprechend im Kreuzgang begraben.“ (Kaiser, 1925, S. 8f.; vgl. Holstein, 1859, S. 13).
Aus dem Schreibkalender für 1630 von → Albrecht Moller geht hervor, daß sich Stilsovius und Moller kannten und daß er der Lehrer von Hans Dietrich Vitzthumb von Eckstedt gewesen ist.
Neben der unter dem richtigen Namen veröffentlichten Kalenderreihe, mit der er die Erfurter Reihe von Simeon Partlicius fortführte, begründete Stilsovius eine weitere Reihe, für die er das Pseudonym „Josua von Hilstein“, ein Anagramm, verwendete. Nach Stilsovius’ Tod griff → Andreas Limprecht diese Reihe wieder auf (zu erkennen an derselben Bildgestaltung auf dem Titelblatt), veröffentlichte aber unter seinem richtigen Namen. Wer die unter Stilsovius’ Namen erschienenen Kalender weiterführte, konnte nicht ermittelt werden. Vielleicht war es → Caspar Melchior Haaß, denn dieser hatte sich in den 1650er Jahren ebenfalls als Verfasser von in Erfurt gedruckten Kalendern etabliert. Um 1670 könnte es aber wieder Andreas Limprecht gewesen sein, denn dessen „Historischer Schreib=Calender“ für 1670 weist bei der Darstellung der Finsternisse Ähnlichkeiten mit dem „Historischen Schreibkalender“ von Stilsovius auf (vgl. Herbst, 2010a, S. 151). → Christoph Richter lenkte in einem Kalender für 1675 das Augenmerk auf den Autor, der ein Jahr zuvor einen Kalender unter dem Pseudonym → „Abdiel Bavai“ veröffentlicht hatte. „Dieser Autor/ wer er auch seyn mag/ hat noch einen Kalender herauß gegeben/ so zu Erffurt gedruckt worden/ aber nicht seinen Namen gesetzt/ sondern diesen Titul: Ad ductum Johannis Stilsovii Erfurtini Historischer Hauß=Artzney=Kalender“ (Christoph Richter: Jahres=Zeiger Schreib=Kalender, zweiter Teil, S. A3a). Richter analysierte jeweils die Finsterniskapitel und kam auch bei dem Erfurter Kalender zu dem Urteil, „daß es ein Autor Ignorantiae wäre“, der nichts von der astronomischen Finsternisrechnung verstünde. Zudem würde der sich nicht zu erkennen gebende Autor in „verlogener Weise/ wider Gott und sein Gewissen“ prophezeien und damit viele Menschen äffen, narren und betrügen, was „der erbaren Welt vorgestellet werden“ muß. Richter weiter: „Ich wundere mich/ ob keine Censur in diesen vornehmen Orten adhibiret werde: oder ob die Censores selber nichts davon verstehen: da doch der Erffurtische unter Churfl. Freyheit gedrucket ist“ (ebd., S. A3b). In einem Brief an → Gottfried Kirch äußerte Richter schließlich die Vermutung, daß sich hinter „Abdiel Bavai“ Friedrich Wilhelm Frohnemann, „Pastor zu Franckenstädt am Thüringerwalde“ verberge (Herbst, 2006, Bd. 1, S. 18; ein Franckenstädt am Thüringer Wald konnte nicht nachgewiesen werden, vielleicht ist Frankenhain bei Ohrdruf gemeint).

Titel:
(1) 1641–1662: Schreibkalender [anfangs bis 1648 mit dem Zusatz „Ad ductum D. Simeonis Partlicii“]. 1663–1667: Schreibkalender [mit dem Vorsatz „Ad ductum Johannis Stilsovii Erffurtini“]. 1668–1670: Historischer Schreibkalender [mit dem Vorsatz „Ad ductum Johannis Stilsovii Erffurtini“]. 1671–1673: Medicinischer und Historischer Schreibkalender [mit dem Vorsatz „Ad ductum Johannis Stilsovii Erffurtini“]. 1674: Historischer Hauß=Artzney Schreibkalender [mit dem Vorsatz „Ad ductum Johannis Stilsovii Erffurtini“]. 1675–1685: Schreibkalender [mit dem Vorsatz „Ad ductum Johannis Stilsovii Erffurtini“].
Druck und Verlag:
1641–1656: Georg Hertz, Erfurt, 1657–1676[?]: Martha Hertz, Erfurt, [1677?]–1685: Johann Georg Hertz, Erfurt.
Nachweis:
Herbst, 2008a, S. 151. VD17. CERL.
Online:
(1) [19.05.2014].
Andere Drucke:
(1) Charites Natalitiae, Felicem successum, diurturnam sanitatem & tranquille longaevam vitam […] Johann-Diterico Vitzthumb von Eckstedt daselbsten/ suam festivitatem natalitiam pie ac reverenter V. Calendas Decembris, Anno MDCXXIX recolenti, gratulaturienter comprecantes! […] Quod cordicitus precatur Johannes Stilsovius. Efurt [1629]. HAB Wolfenbüttel, Q 69.2° Helmst. (145).
(2) Ο Υ Ρ Α Ν Ο Π Ι Π Τ Ι Α. [Uranopiptia.] Das ist: Kurtze Erörterung deß Zweiffels/ ob der Himmel von Ptolomaei Zeit an biß hieher sich in die 2266. Meilen gesencket haben könne/ vnd ob er sich allgemachsam zum Einfall neige/ schicke vnd bereite? Mit gewissen Gründen vnd nachsinlichen Rationibus besichtiget. Im Jahr/ Nach der Gnadenreichen Geburt vnsers HErrn vnd Heilandes JEsu Christi. M. DC. XXXI. Von Johanne Stilsovio Erffurtino SS. Theologiae Studioso. Erffurdt/ Bey Georg Hertzen. UB Jena, 4 Bud. Jus. publ. 372(44).
Literatur:
Klaus-Dieter Herbst: Die Schreibkalender für das Jahr 1670. In: Peter Heßelmann (Hrsg.): Grimmelshausen als Kalenderschriftsteller und die zeitgenössische Kalenderliteratur. Bern, Berlin, Brüssel, Frankfurt am Main, New York, Oxford, Wien 2011 (= Beihefte zu Simpliciana 5), S. 33–73, zu Stilsovius: S. 34f.

Erstellt: 19.05.2014
Letzte Aktualisierung: 21.06.2018

stilsovius_johannes.txt · Zuletzt geändert: 2019/11/29 18:04 von klaus-dieter herbst