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Haaß, Caspar Melchior

„Caspar Melchior Haas. in Erf. der Kunst vnd aller derer geflissener Liebhaber“; „der Kunst Liebhaber in Erffurdt“; „Caspar Melchior Haaß/ der Kunst geflissener in Erffurdt“; „Der Edlen SternKunst geflißenen“ (Selbstbezeichnungen auf den Titelblättern, zit. 1653, 1654, 1658 (jeweils Reihe 1) und 1676 (Reihe 3))
* ? Erfurt, † 1668 Erfurt [?]
Kalender seit 1653, erschienen bis 1676

Zur Biographie von Caspar Melchior Haaß (Haas, Haase) ist nur wenig bekannt. 1657 wurde er an der Erfurter Universität immatrikuliert (Wiegand, 1962, Teil 1, S. 111; vgl. Mikrofilm der handschriftlichen Matrikel, Stadtarchiv Erfurt, Bl. 167v „Ao. 1657. 17. Aug. Caspar Melchior Haaß juravit, solvitque 6 gl.“, immatrikuliert in der „Classis Tertius“). Aus den Kalendern können andere Details gewonnen werden, z. B. daß er bereits vor seiner Immatrikulation mit dem Kalenderschreiben begonnen hatte. So schrieb er im Kalender für 1653 von diesem Kalender als „meiner geringen ersten Arbeit“ (Schreib=Kalender für 1653, zweiter Teil, S. C4a). Diesen Kalender widmete er Heinrich IV. und Heinrich V., „Reussen von Plauen/ Herrn zu Gräitz/ Crannichfeldt/ Gera/ Schlaitz/ Lowenstein vnnd Burgk“, seinen Herren (ebd., Kalendarium, S. A1b). Auch die nachfolgenden Jahrgänge bis 1661 widmete Haaß hohen Herren, wobei er in der Dedikation an „Georg Heinrich von Vasolt/ Auf Dölstedt Hochgräfflichen/ Waldeckischen Rath und Ober=Amptmann zu Tonna“ diesen als seinen „der Astronomischen Kunst besonderer Beförderer und Liebhaber“ bezeichnete (Kriegs= und Relation SchreibKalender für 1660, Kalendarium, S. A1b). Welche Beziehung zwischen Haaß und von Vasolt bestand, konnte noch nicht ermittelt werden.
Haaß kaufte sich für seine Kalenderarbeit das Ephemeridenwerk von Andrea Argoli (Argoli, 1648). Die Titelseite des Exemplars in der Erfurter Universitätsbibliothek (05-Na. 8° 00256) trägt zwei Besitzvermerke: mit roter Tinte geschrieben „Caspar Melchior Haas. kostet mit dem Bund- vnd vorigen theile 24 Reichsthaler Anno 1654“, mit schwarzer Tinte geschrieben „Collegij Soc[ieta]tis Jesu Erffurt, Anno 1666.“ Offenbar hatte Haaß das prächtig gebundene Buch dem Jesuitenkolleg 1666 geschenkt, denn der rote Besitzvermerk von Haaß wurde mit schwarzer Tinte ergänzt zu „Ex dono D. Caspari Melchioris Haas. kostet […]“. Damals gehörte dem Erfurter Jesuitenkolleg ein Jacob Hasen an (ADPSJ München, Abt 40-2, 24 (Catalogus Personarum 1626–1700), fol. 114; für den am 29. Juni 2017 gegebenen Hinweis auf diese Quelle danke ich Dr. Sebastian Holzbrecher, Erfurt). Er könnte ein Verwandter von Caspar Melchior Haaß gewesen sein, was dessen Beziehung zum Jesuitenkolleg erklären würde. Jacob Hasen wurde im März 1639 in Heiligenstadt im Eichsfeld geboren und trat am 9. Juli 1659 in die Oberrheinische Provinz SJ ein (Catalogus generalis Prov. Rhen. Sup. S.J. 1626–1773 von P. Herbert Gerl SJ, München 1963/64, Typoskript; für den am 5. Juli 2017 gegebenen Hinweis auf diese Quelle danke ich Dr. Clemens Brodkorb, München).
In die Ephemeriden von Argoli schrieb Haaß von 1654 an mit roter Tinte Ergänzungen und Korrekturen hinein. Zum Beispiel notierte er in der Zeile des 18. Oktobers 1654 das gewesene Wetter „Regen Nebel“ und darunter (19. Oktober) „Nebel kalt“ (Argoli, 1648, Bd. 2, S. 429). Zum 6. Juli 1656 notierte er die astronomische Information „Ecclipsis Lunae non conspicum“ (ebd., S. 485) und zum 27. August 1656 ergänzte er den astronomischen Aspekt der Quadratur von Sonne und Jupiter, der um 11 Uhr nachmittags eintrat (ebd., S. 487). Zum Jahr 1667 gab er den Kommentar „NB Argolus du hast in deiner Rechnung ziemliche geirret u. 2 Finsternißen versehen“ (ebd., S. 798). Den letzten Eintrag nahm er am 14. September 1668 vor, wobei er Argolis Aspekt der Quadratur von Jupiter und Mars in die Opposition von Jupiter und Mars korrigierte (ebd., S. 851). Hieraus wird geschlossen, daß Haaß Ende 1668 gestorben ist.
1666 gab Haaß ein katholisches Gesangbuch heraus. Darüber heißt es in einem Schreiben vom 28. Juni 1702, daß „das teutsche gesangbuch, Catholische geistliche Nachtigal intituliret, so hiebevor Caspar Melchior Haas zusammen getragen, und ein hiesiger Buchbinder Johann Schäffer […], ein gnädigstes Privilegium impressorium […] erlanget, darzu den Verlag gethan“ (Stadtarchiv Erfurt, Teilbestand 1-1/XVIc-1, Bl. 4r). Der Erfurter Bürger und Buchbinder Christian Weinmann bat jetzt um Ausstellung eines neuen Privilegiums für dieses Gesangbuch (ebd., Bl. 5).
Für das Jahr 1656 erschien in Erfurt neben dem „Schreibkalender“ von → Johannes Stilsovius (Druck und Verlag Georg Hertz) und dem „SchreibKalender“ von Haaß (Druck und Verlag Paul Michael) auch ein „Schreib Kalender“ (Druck und Verlag Paul Michael), der nach Art des Kalenders von → Simeon Partlicius („Adductum D. Simeonis Partlicii“) gestaltet wurde. Bei dieser dritten Kalenderreihe scheint ebenfalls Haaß der Autor gewesen zu sein, denn auf dem Titelblatt für 1659 erscheinen die Initialen „C. M. H. E.“ für Caspar Melchior Haaß Erfordiensis. Vermutlich hat Haaß den Namen Partlicius als Werbeträger übernommen, nachdem Stilsovius bei seiner Kalenderreihe ab dem Jahrgang 1649 darauf verzichtet hatte.
Haaß brachte in den Texten seiner Schreibkalender auch Meldungen über die politische Entwicklung in Europa der jüngst zurückliegenden Jahre. Zum Beispiel beschrieb er im „Chronicken Calender“ für 1657 (zur Titelgebung siehe das Quellenzitat) den 1655 begonnenen Krieg zwischen Schweden und Polen, was er im Kalender für 1658 fortsetzte. Mit dem neuen Titel „Kriegs= und Relation SchreibKalender“ (für 1659) begann Haaß eine Entwicklung im deutschsprachigen Kalenderwesen, bei der „der Hang zur Systematierung der Zeitungsmeldungen in Form von chronikartigen Zusammenstellungen“ sich auch in der Titelgebung durch die Verwendung der Begriffe Relation, Nachricht oder Zeitung niederschlug (Herbst, 2011b, S. 102).
Die für das Jahr 1653 erstmals erschienene Reihe von Haaß wurde unter Beibehaltung von Haaß’ Namen auf dem Titelblatt ab Jahrgang 1669 von → Johann Heinrich Brömmer fortgeführt. Dieser Umstand erhärtet die Annahme, daß Haaß 1668 gestorben war. Vgl. auch bei → Bartholomaeus Hubener.
Der Drucker/Verleger Tobias Fritzsche druckte und verlegte bereits seit Ende der 1620er Jahre noch eine zweite Kalenderreihe, die unter dem Namen von → Augustin Andreßen firmierte.

Titel:
(1) 1653–1656: Schreib=Kalender. 1657: Chronicken Calender. 1658: Kriegs SchreibKalender. 1659–1672: Kriegs= und Relation SchreibKalender.
(2) 1656–1660: SchreibKalender [mit dem Zusatz „Adductum D. Simeonis Partlicii“, 1657 mit dem einmaligen Titel „Evangelischer Historischer SchreibKalender“].
(3) 1676: Gesundheits/ und Historischer Schreib=Calender.
Druck und Verlag:
(1) 1653–[1655?]: Tobias Fritzsche, Erfurt, 1656[?]–1669: Paul Michael, Erfurt. 1670–[1671?]: Adolarius Schildknecht und Karl Christian Kirsch „mit Paul Michaels sel. Erben Schrifften“, Erfurt, 1672: Johann Bernhard Michael, Erfurt.
(2) Paul Michael, Erfurt.
(3) Johann Bernhard Michael, Erfurt.
Nachweis:
Herbst, 2008a, S. 98, 134. VD17. CERL.
Online:
(1), (2), (3) [19.05.2014].
Anderer Druck:
Catholische Geistliche Nachtigal/ Aus unterschiedenem von der Römischen Catholischen Kirchen Approbirten Gesangbüchern gezogen/ und auff unterschiedene Zeiten und FestTage des Jahrs/ Neben einem register ordentlichen ausgetheilet. Ein jedes mit seinen Noten und Melodey. […]. Erfurt 1666. FB Gotha, Cant. spir. 8° 00538 (01); SBPK Berlin, Slg Wernigerode Hb 2573F.
Literatur:
Klaus-Dieter Herbst: Das Pressemedium Zeitung in den großen Schreibkalendern. In: Volker Bauer und Holger Böning (Hrsg.): Die Entstehung des Zeitungswesens im 17. Jahrhundert: Ein neues Medium und seine Folgen für das Kommunikationssystem der Frühen Neuzeit. Bremen 2011 (= Presse und Geschichte – Neue Beiträge 54), S. 87–114. Zu Haaß: S. 100, 102f.
Quellenzitat:
„Was seynd nicht auff dem Meere vor Ungestimme/ Erdbebung/ Sturmwinde/ Fewerbrünste/ Wasserfluthen/ und andere unerhörte Feindseeligkeiten angestifftet. Ob ich zwar die Zeit gerne wolte anwenden/ solches dem gemeinen lieben Bauersmann/ der nicht weiter als vff den Acker/ und nach Hause sich zu seiner Liebsten/ von der Sonnen gefärbten braunen Haußmutter verfüget/ viel Dinge erzehlen wolte/ so habens etliche die am Wasserstrohm wohnente mit Schaden selbsten erfahren/ Ich mag auch meinen Verleger nicht ümb viel Pappier bringen/ weil offtermahln ein solcher Betrüglicher Calender/ der den gemeinen Mann in den Bierhäusern im Truncke gleichfals zugenötiget wird/ mit anderer ehrlicher Autoren Verachtung ümb gleiches Geld bezahlet werden. Soll aber geliebts Gott ins künfftige/ in meinen Chronicken Calender Anno 1657. wenn das Thun nicht eingestellet wird/ dem gemeinen Mann der Betrug eröffnet werden.“ (Schreib=Kalender für 1656, zweiter Teil, S. C2b).

Erstellt: 20.05.2014
Letzte Aktualisierung: 19.08.2019

haass_haase_caspar_melchior.txt · Zuletzt geändert: 2019/08/19 10:18 von klaus-dieter herbst