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Ptolomaein, Sibylla (Pseud.)

„Sibylla Ptolomaein/ eine Ziegeunerin von Alexandria aus Egypten“ (Selbstbezeichnung auf dem Titelblatt, zit. 1674)
Kirch, Gottfried
Kalender seit 1673, erschienen bis 1738

Ab dem Jahr 1673 brachte Gottfried Kirch eine dritte Kalenderreihe heraus, für die er das Pseudonym „Sibylla Ptolomaein, eine Ziegeunerin von Alexandria aus Egypten“ wählte und die er von David Nicolai in Annaberg drucken und verlegen ließ. Daß sich Kirch hinter diesem Pseudonym verbirgt, geht aus dessen Korrespondenz hervor. Der erste Jahrgang dieses „Ziegeuner=Kalenders“ konnte noch nicht aufgefunden werden. Dessen Erscheinen folgt aber aus einer Bemerkung von Kirch in der Vorrede des zweiten Teils seines „Ziegeuner=Kalenders“ für 1674: „Nach dem nun […] abermahl ein Neues Jahr heran nahet/ welches […] das 1674ste ist/ und ich den Abgang meines ersten Kalenders verspüret/ so habe ich auff Begehren des Verlegers meine angefangene Kalender=Arbeit fort stellen […] wollen […].“ (S. A1b). Ferner wird beim Jahrgang 1675 erwähnt, daß dieser Kalender nun „zum dritten mal heraus gegeben“ wurde (zweites Titelblatt).
In den ersten, von Kirch verfaßten Jahrgängen werden im Rahmen des „Kalender=Gesprächs“ zwischen dem „Sternseher Almoni“ und „dem seltsamen Ploni“ moderne Ansichten darüber vorgetragen, wie das Kalenderwesen zu verbessern sei. Dabei gibt Kirch Einzelheiten über die Vertragsgestaltung zwischen einem Autor und einem Verleger von Kalendern preis (vgl. Herbst, 2012d).
Im Kalender für 1675 beklagte Kirch das Nachmachen seines Zigeuner-Kalenders durch einen anderen Autor, der unter dem Pseudonym → „Abdiel Bavai“ seit 1674 ebenfalls auf das Zigeunermotiv bei der Gestaltung des Kalenders zurückgriff. In der diesbezüglichen Stellungnahme verriet Kirch seine Intention für die Herausgabe eines Zigeuner-Kalenders: „Zu was Ende ich diesen Ziegeuner=Kalender heraus gegeben/ kann ein ieder Verständiger leicht ersehen/ wann er ihn mit Fleiß durch lieset und betrachtet: Nemlich nicht die Auffschneiderey/ Lügen und abergläubische Warsagungen meiner Lands=Leute der Ziegeuner zu billichen/ und in denenselben mich zu üben/ umb die Leute zu betriegen; Sondern vielmehr solche zu verwerffen/ und die Leute davor zu warnen/ hingegen aber die uhralte rechte Egyptische Stern=Kunst […] zu rühmen und einzuführen“ (zweiter Teil, S. C3a). Darauf reagierte wiederum der Verfasser des unter dem Pseudonym → „Necho von Alkair“ erschienenen Zigeuner-Kalenders in der Vorrede des Kalenders für 1677.
Mitte der 1670er Jahre erschienen nacheinander mehrere Kalenderreihen mit dem Zigeunermotiv im Titel, neben denen von Sibylla Ptolomaein (Pseud.) ab 1673, Abdiel Bavai (Pseud.) ab 1674 und Necho von Alkair (Pseud.) ab 1675 auch die von → Abdalla Mirsai (Pseud.) ab 1675.
Ab dem Jahrgang 1694 zeichnete nicht mehr Kirch für diese Kalenderreihe verantwortlich, denn der Verleger Nicolai nahm eine andere Person als Autor unter Vertrag (vgl. Herbst, 2006, Bd. 2, S. 185). Die aus dem 18. Jahrhundert überlieferten Exemplare im Stadtarchiv von Altenburg erschienen unter dem leicht veränderten Namen „Sibylla Ptoimena“.

Titel:
(1) 1673–1674: Kalender. 1675–[1693?]: Der Rechte zu erst erfundene Ziegeuner=Kalender. [1694?]–1738: Der rechte Annabergische Ziegeuner=Calender.
Druck und Verlag:
1673–1701: David Nicolai, Annaberg/Erzgebirge, 1702–1722: Johann Victorin Richter, Annaberg, 1723–1738: August Valentin Friese, Annaberg.
Nachweis:
Herbst, 2004a, S. 130–132. Herbst, 2008a, S. 136. Herbst, 2011a, S. 53. VD17.
Online:
(1) [10.04.2014].
Literatur:
Klaus-Dieter Herbst: Zum rechtlichen Verhältnis zwischen Autor und Verleger im Kalenderwesen um 1670. Mit einem Blick auf Grimmelshausen. In: Peter Heßelmann (Hrsg.): Simpliciana XXXIII (2011). Bern, Berlin, Brüssel, Frankfurt am Main, New York, Oxford, Wien 2012, S. 319–339.

Erstellt: 10.04.2014
Letzte Aktualisierung: 08.11.2019

ptolomaein_sibylla_pseud.txt · Zuletzt geändert: 2019/11/08 08:50 von klaus-dieter herbst