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Mylgiesser, Leonhard

„Leonhardvs Mylgiesser Phil.: ac Med: Doct: Astronomiae Cultor“ (Selbstbezeichnung auf dem Titelblatt, zit. 1627)
* ca. 1600 Straubing, † 1645 Wien
Kalender seit 1626, verfaßt bis 1630
Übernommene Reihe: → Mannagetta, Johann Wilhelm

Leonhard Mylgiesser wurde um 1600 in Straubing geboren (davon abweichend wird in den „Geschichtsblättern“ der Universität Wien „Schneidingen in Bayern“ als Geburtsort angegeben [13.06.2017]). Über die Eltern und Kindheit konnten keine Einzelheiten ermittelt werden. 1618 schrieb er sich im Sommersemester in die Matrikel der Universität in Wien ein (Gall, 1961, Bd. 4.1, S. 105 „[1618] Leonardus Mylgiesser Straubingensis Bauarus 0 [dt.]“). Aus dem Jahr dieser Immatrikulation wird auf das ungefähre Geburtsjahr 1600 geschlossen. Am 8. März 1624 disputierte er bereits als „Art. ac Phil. Magister, Medicinae Baccalaureus“ (anderer Druck, Titelblatt), vermutlich im Rahmen seiner Promotion zum Doktor der Philosophie und der Medizin (vgl. Gall/Szaivert, 1975, S. XXXVII). Im Wintersemester 1636/37 übernahm Mylgiesser das Rektorat der Wiener Universität (Gall, 1961, Bd. 4.1, S. 162; Locher, 1773, S. 36). Er wurde auch Leibarzt des Kaisers Ferdinand II. und des Erzherzogs Leopold Wilhelm (Locher, 1773, S. 132f., 231f.; vgl. Seethaler, 1982, Bd. 1, S. 144). Mylgiesser starb 1645 in Wien.
Bereits für 1626 verfaßte Mylgiesser seinen ersten Kalender. Diesen widmete er dem Wiener Stadtrat, wofür ihm 60 Gulden verehrt wurden (Seethaler, 1982, Bd. 2, S. 590 mit Verweis auf das Stadtarchiv Wien, Oberkammeramtsrechnungen 1625, fol. 148r). Im Jahr darauf übernahm er die Kalenderreihe von Johann Wilhelm Mannagetta. Bereits 1630 gab er die Kalenderarbeit wieder auf und → Johann Haringshausen führte die von Gregor Gelbhaar gedruckte Kalenderreihe fort.]] Mylgiesser war vermutlich der erste Kalendermacher, der das damals noch neue Medium der Zeitung seinen Lesern als eine bessere Alternative für das Gewinnen von Information über politische Entwicklungen empfahl. In seinem Schreibkalender für 1628 kritisierte er die Prognostikanten mit ihren üblen Prophezeiungen zu Krieg und Frieden und warnte die Leser, sie mögen „kainen Practicanten/ er schreye oder schreibe nun vom Krieg was er wölle/ glauben begeben. Sondern vielmehr hören/ was man von geschehenen Dingen sagt/ vnd in den Wochentlichen Ordinarij Zeitungen vom Krieg/ vnd denen Schlachten so dort oder da geschehen schreibet“ (Kalender für 1628, zweiter Teil, S. G4b; siehe das Quellenzitat; vgl. Herbst, 2008a, S. 226; Herbst, 2010a, S. 209; Herbst, 2011b, S. 87).

Titel:
(1) 1626: Schreibkalender.
(2) 1627–1630: SchreibCalender [in Nachfolge von Johann Wilhelm Mannagetta].
Druck und Verlag:
(1), (2) Gregor Gelbhaar, Wien.
Nachweis:
Herbst, 2008a, S. 129.
Anderer Druck:
(Disputation) Adam Olitorius (Praeses), Leonard Mylgiesser (Respondent): Disputatio prima Anatomica De imo ventre. 8. März 1624. Wien. ÖNB Wien, 134734-B. Online [13.06.2017].
Quellenzitat:
„Demnach ist auch die Weissagung derselben auff gewisse Jahr/ Monat vnd Tag wo nicht vnmüglich doch gantz vngewiß/ vnd mehr dann ein Finsternuß verduncklet. Es vermainen zwar der Natur erfahrne Lehrer/ daß nach Aristotelis Mainung die Cometsternauß den erhebten Dämpff vnd Dunsten der erwärmten Erden/ wann dieselbe biß in den höchsten Lufft gestiegen/ angezündt werden. Diesen aber zuwider befinden die Sternseher mit Augenmaß/ vnd beweisender Vernunfft/ daß die Cometen viel höher als der Lufft/ vnd also etlich im Himmel vnd gar oberhalb der Planeten gefunden werden.
Welche ob sie auß den Dämpffen der Erden oder aber der Substanz vnd zerschliessung deß Himmels herkommen/ ist bey beeden noch strittig/ vnd so lang solcher handel zwischen ihnen nicht erördert ist/ bleibt auch Ziel vnd Zeit verborgen/ wann vnd wo die Cometstern könne geschehen. Kan also auch der Welt oder denen Landen mit keinem Cometstern trohen/ vnd sicherlich auß vermuthlicher Vernunfft Propheceyen. Damit ich aber mit dem Krieg schliesse/ von welchem maistenthails die Prognosticanten zu end ihrer Calender schreiben/ wil ich den guthertzigen Leser gebetten haben/ er wolle ihm die durch mich hewer vnd ferth geschriebene Lehr vnd Warnung für eine gewisse Regel behalten/ vnd kainen Practicanten/ er schreye oder schreibe nun vom Krieg was er wölle/ glauben begeben. Sondern vielmehr hören/ was man von geschehenen Dingen sagt/ vnd in den Wochentlichen Ordinarij Zeitungen vom Krieg/ vnd denen Schlachten so dort oder da geschehen schreibet.“ (Leonhard Mylgiesser: SchreibCalender für 1628, zweiter Teil, S. G4b).

Erstellt: 13.06.2017
Letzte Aktualisierung: 01.11.2019

mylgiesser_leonhard.txt · Zuletzt geändert: 2019/11/01 15:58 von klaus-dieter herbst