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Kemerling, Lambert

„Lambertus Kemerlingius Reualiensis Liuo.“ (Selbstbezeichnung auf dem Titelblatt, zit. 1585 (Reihe 2), zweiter Teil)
* ca. 1559 Reval, † 1603 Reval
Kalender seit 1585, verfaßt bis 1602

Lambert Kemerling wurde um 1559 in Reval (Tallinn) geboren. In der Jugend wurde er auf das Gymnasium in Lübeck geschickt. Das geht aus dem am 25. Juli 1587 in Rostock verfaßten Widmungsschreiben an die Bürgermeister und Ratsherren der Stadt Lübeck hervor, in dem es heißt: „dewyle ick yn mynen Kindtliken Jaren myne fundamenta artium yn I. E. W. Scholen gestuderet vnd geuatet“ (Kalender für 1588, zweiter Teil, S. B4a). In Rostock weilte Kemerling vermutlich seit September 1577, denn damals wurde er an der Universität immatrikuliert (Hofmeister, 1889, Bd. 2, S. 193 „[1577. Mense Septembri] Lambertus Kemerlingus Reualiensis“). Nach Rostock ging er gemeinsam mit den ebenfalls aus Reval stammenden Giselbert Crato und Johannes Rubert sowie den Lübecker Brüdern Heinrich und Joachim Albert (ebd., unmittelbar nach Kemerling in die Matrikel eingetragen). Aus dem Jahr 1577 dieser Erstimmatrikulation wird auf das ungefähre Geburtsjahr 1559 geschlossen. Von Rostock aus wandte er sich zwei Jahre später nach Wittenberg, wo er am 24. Juli 1579 an der Universität immatrikuliert wurde (Förstemann, 1841, Bd. 2, S. 284 „[1579. Iulius.] 24. Lambertus Kemmerlingus Reual.“). Während seiner Studienzeit widmete er sich neben der Theologie auch der Astronomie (Klöker, 2005, Bd. 1, S. 192). Von 1581 bis 1599 war er Prediger an der deutschen Gemeinde in Narva (Klöker, 2005, Bd. 1, S. 116), einer Stadt im äußersten Nordosten des heutigen Estlands an der Grenze zu Rußland. Anschließend wurde er erst Diakon und 1600 Pfarrer an der Kirche St. Nikolai in Reval (ebd., S. 192). Hier könnte er den Arzt → Zacharias Stopius kennengelernt haben. Kemerling starb 1603 in Reval (ebd., S. 193).
Im Staatsarchiv (Rahvusarhiiv) Tallinn ist das Testaments von Lambert Kemerling dem Älteren vom 30. Januar 1599 überliefert (TLA.230.1.BN1-I, fol. 252–254; für die am 13. Dezember 2016 geschickte digitale Kopie des Testaments danke ich Kalmer Mäeorg, Stadtarchiv Tallinn). Der Verfasser des Testaments war zu jenem Zeitpunkt im „hogen alter min 76 Jhar“ (ebd., fol. 252r). Demnach wurde er zwischen Januar 1522 und Februar 1523 geboren. Somit wird dieser Lambert Kemerling der Vater des Pfarrers und Kalendermachers Lambert Kemerling gewesen sein. Im Testament werden fünf Töchter und vier Söhne bedacht. Die Söhne hießen Lambertus, Frederich, Simon und Michael (ebd., S. 252v). Angesichts der Namensgleichheit ist jetzt nicht sicher, ob 1603 der dann 80jährige Vater Lambert Kemerling oder tatsächlich (wie hier angenommen) der Sohn Lambert Kemerling gestorben ist.
Kemerling verfaßte seit 1584 Kalender (für 1585). „Anscheinend hatte Kemmerling auch das Kalender-Privileg für Estland erhalten und vertrieb dadurch den späteren astronomus regius in Schweden, Sigfried Aronus Forsius, im Jahre 1597 aus Narva“ (Klöker, 2005, Bd. 1, S. 116). Bibliographisch bekannt sind die niederdeutschen Prognostiken für 1585 und 1588, , der niederdeutsche Almanach für 1587, der dänische Almanach für 1586, das deutsche Prognostikum für 1592 und der deutsche Kalender (Almanach) für 1602. Sind die Druckorte Rostock, Lübeck und Riga durch Kemerlings dortige Aufenthalte plausibel, so konnten Hintergründe zur Wahl Magdeburgs als Druckort für Kemerlings Kalender für 1602 nicht ermittelt werden. Neben Stopius und Kemerling ließ auch → Johannes Nicolaus Arboreus in Riga Kalender drucken.
Kemerling gehört zu einer ganzen Reihe von Kalendermachern, die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im norddeutschen, skandinavischen und baltischen Raum Sedez-Kalender in mehreren Sprachen herausbrachten, darunter die niederdeutschen Kalender von z. B. → Levinus Battus, → Martin Coronaeus, → Johannes Godtschow, → Johannes Lossius und → Philipp Wegener (von diesen befinden sich Exemplare in der KB Kopenhagen). Kemerlings niederdeutscher Kalender für 1587 zeigt im Druckbild die gleichen Merkmale wie die niederdeutschen Kalender von Levinus Battus, der seine Kalender in Lübeck bei Johann Balhorn drucken ließ.

Titel:
Deutsche Kalender:
(1) [1585?]–1602: Allmanach, Format 16°.
Niederdeutsche Kalender:
(2) 1585–1588[?]: Almanach vnd Practica/ vp dat Jaer, Format 16°.
Dänische Kalender:
(3) [?]–1586–[?]: Almanach oc Practica/ Paa det Aar, Format 16°.
Druck und Verlag:
(1) 1585–1591: ?, 1592: Nicolaus Mollyn, Riga, 1593–1601: ?, 1602: Ambrosius Kirchner, Magdeburg.
(2) 1585–[1586?]: Stephan Möllemann, Rostock, 1587: Johann Balhorn d. J., Lübeck (erschlossen), 1588: Johann Balhorn d. J., Lübeck.
(3) 1586: Laurentz Benedicht, Kopenhagen.
Nachweis:
Klöker, 2005, Bd. 2, S. 57–59, Nr. 17, 18, 19, 24 (Prognostiken für 1585 und 1588 der Reihe 2, Prognostikum für 1592 und Kalender für 1602 der Reihe 1). KB Kopenhagen (Ex. für 1587 der Reihe 2, für 1586 der Reihe 3). VD16. CERL.
Online:
1588 Prognostikum [09.12.2016].
Literatur:
Martin Klöker: Literarisches Leben in Reval in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts (1600–1657). Institutionen der Gelehrsamkeit und Dichten bei Gelegenheit. Tübingen 2005. Bd. 1: Darstellung. Zu Lambert Kemerling: S. 192f.
Ave Mattheus: Das Kalenderwesen in Estland und die ersten estnischen Kalender [ab 1720]. In: Klaus-Dieter Herbst und Werner Greiling (Hrsg.): Schreibkalender und ihre Autoren in Mittel-, Ost- und Ostmitteleuropa (1540–1850). Bremen 2018, S. 519–548. Zu Lambert Kemerling: S. 527–530.

Erstellt: 09.12.2016
Letzte Aktualisierung: 14.10.2019

kemerling_lambert.txt · Zuletzt geändert: 2019/10/14 17:06 von klaus-dieter herbst