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Cnoll d. J., Christoph

„Christophorus Cnollius von Sprottaw/ der Jüngere/ E. P. vnd Astrophilus“; „Pfarrherr in der Eylaw/ vnnd Astrophilus“; „M. Christophorus Cnollius von Sprottaw/ Pastor & Mathematophilus“; „Sprott. Mathemat. P. O. E.“ (Selbstbezeichnungen auf den Titelblättern, zit. 1624 (Kalendarium und zweiter Teil), 1631 (zweiter Teil), 1639 (Kalendarium))
* ca. 1588 Sprottau/Niederschlesien, † nach 1638 Eulau bei Sprottau
Kalender seit 1623, verfaßt bis mindestens 1639

Christoph Cnoll wurde ungefähr 1588 in der niederschlesischen Stadt Sprottau (poln. Szprotawa), etwa 60 km nördlich von Görlitz gelegen, als Sohn des gleichnamigen Christoph Cnoll (1563–1630) geboren. Aus einer autobiographischen Einlassung des in Bunzlau geborenen Vaters („Boleslaviensis Silesius“) geht hervor, daß dieser 1582 und 1583 in Görlitz bei → Bartholomaeus Scultetus sowie 1584 und 1585 an der Universität Wittenberg studierte, 1586 im 23. Lebensjahr als Lehrer in der Schule von Sprottau eingestellt und dort 1591 zum Diakon berufen wurde. Als er 1616 seinen Text schrieb, hatte er das 53. Lebensjahr erreicht (Cnoll, 1616, S. A2a–B4a). Demnach wurde er 1563 geboren. Der Vater starb 1630 (Grünewald, 1963, S. 17).
Christoph Cnoll der Jüngere studierte seit Juli 1606 an der Universität in Frankfurt an der Oder (Friedländer, 1887, Bd. 1, S. 505 „[Mense Julio 1606] Christophorus Cnollius Sprottaviensis Silesius“). Hieraus ergibt sich das ungefähre Geburtsjahr 1588. Im Mai 1612 schrieb sich Christoph Cnoll gemeinsam mit Johannes Cnoll, einem jüngeren Bruder, an der Universität in Wittenberg ein (Weissenborn, 1934, S. 127 „[1612, Mense Maio.] Christophorus Cnollius Sprottensis Silesius“, darunter der Eintrag von Johannes Cnoll aus Sprottau). Vermutlich lernte er hier → Valentin Hancke d. J. kennen, der sich im gleichen Monat in Wittenberg einschrieb. Offenbar erwarb er irgendwann auch die Magisterwürde, denn auf dem Kalender für 1631 bezeichnete er sich als Magister. 1616 wurde er Kantor in Sprottau, erlangte dort am 8. Mai 1617 das Bürgerrecht und wurde am 6. April 1623 als Pfarrer in Eulau (poln. Iława) bei Sprottau ordiniert (Grünewald, 1963, S. 17).
Christoph Cnoll war seit 1616 mit Sara Schreiber (gest. 1653), Tochter des Bäckermeisters Mathes Schreiber, verheiratet (ebd., S. 17). Aus dieser Ehe gingen mindestens zwei Kinder hervor, die nach den Eltern benannten Christoph (1624–1680) und Sara Cnoll (ebd., S. 17f.).
Seinen ersten Schreibkalender verfaßte Cnoll für das Jahr 1623. Das folgt aus dem Widmungsschreiben an „Herrn Sigmund/ Freyherrn von Kittlitz […] und Herrn Christoph von Scopp/ auff Parchaw vnd Ottendorff“ im nächstfolgenden Kalender für 1624, denen Cnoll „diesen seinen andern SchreibCalender vnd Prognosticon“ widmete (Kalender für 1624, Kalendarium, S. A1b). Daß es sich bei dem Kalendermacher um Christoph Cnoll den Jüngeren handelt, folgt zweifelsfrei aus der Selbstbezeichnung auf dem Titelblatt des Kalenders für 1624. Er richtete seine Kalender „auff den GroßGlogischen Horizont, zu Nutz allen Haußwirthen/ vnd denen/ die mit dem Ackerbaw vmbgehen“ (Kalender für 1626, zweiter Teil, Titelblatt).
In der Universitätsbibliothek Toruń ist ein „New vnd Alt Schreib Calender“ für 1625 überliefert (Pol. II. 7. 6310, gesehen am 12. April 2011), der gestellt wurde „durch Christophorvm Cnollivm Seniorem Bolesl: Silesium, der Christlichen Gemeine zur Sprottaw 32 jährigen Diaconum“, was wiederum zweifelsfrei der ältere Cnoll ist. Da dieser Kalender für 1625 (von Cnoll d. Ä.) von dem gleichen Drucker gedruckt wurde wie die Kalender für 1623 und 1624 (von Cnoll d. J.) und ein Exemplar für 1625 des jüngeren Cnoll nicht nachgewiesen werden kann, wird angenommen, daß Cnoll d. Ä. lediglich aushilfsweise diesen einen Jahrgang anstelle seines (vielleicht verhinderten) Sohnes Cnoll d. J. verfaßt hat. Dieser von Cnoll d. Ä. verfaßte Jahrgang enthält einen Text über die „Vmbkehrung/ Verkehrung vnd Veränderung der alten Erden“, in dem der Verfasser auf die damals viel diskutierte Frage nach einer möglichen Bewegung der Erde einging (Quellenzitat).

Titel:
1623–1639[?]: Schreib Calender.
Druck und Verlag:
1623–1624: Martin Kleinwechter, Wildschütz, 1625: Druck Martin Kleinwechter, Königgrätz, Verlag David Müller, Breslau, 1626–1631[?]: Georg Baumann III., Breslau, [1632?]–1639[?]: Wigand Funck, Lissa.
Nachweis:
Herbst, 2008a, S. 76. Ergänzend UB Wrocław, Handschriftenabteilung (1624), UB Toruń (1625), UB Greifswald (1625 war vorhanden), SLUB Dresden (1639). VD17. CERL. GBV.
Online:
1639 Kalendarium [04.12.2015].
Quellenzitat:
„Appendix, Von Vmbkehrung/ Verkehrung vnd Veränderung der alten Erden/ vnd was darauff erfolgen werde.“
Cnoll d. Ä. bezieht sich zunächst auf Johannes Schöner (1533), der die Beweglichkeit der Erde widerlegt hatte, wohingegen andere Mathematiker sich für eine Bewegung der Erde (Rotation) aussprachen. Dagegen würden wiederum die Aristoteliker, Theologen und Mathematiker streiten, deren gegensätzliche Positionen Cnoll d. Ä. kurz andeutet und dann resümiert: „Solchen streit aber nach der lenge zuerzehlen/ würde zu weitläufftig werden: wer aber lust hat denselben zuwissen/ der lese meinen Dialogum de motu terrae, das Gespräch eines Astronomi vnd Theologi, von der vmbwendung deß Erdbodens/ darinn pro & contra disputirt wird: Welchen Dialogum ich auß den Schrifften vnd disputationibus publicis & privatis Mathematicorum vnd Theologorum zusammen getragen vnd beschrieben/ daß man hierauß könne sehen/ was beyde Theil für gründe jhrer meinung haben/ vnnd daß die warheit liebende Gelehrten hierauß mögen vrtheilen/ welche meinung anzunehmen oder zuverwerffen seye.
Diese Disputation aber von der strittigen vmbkehrung der Erden/ hat mich erinnert der vnleugbaren perversion terrae viventium, der verkehrung der Menschen/ die auff Erden wohnen/ die jetziger zeit gar anders worden als jhre Vorfahren gewesen sind/ vnd gehet mit solcher verkehrung also zu/ gleich wie wenn ein Mathematicus den globum terrestrem für sich nimbt/ so sihet er oben bekandte Länder vnd Städte: wenn er aber den globum vmbwendet/ so hat er für sich solche Länder/ die sambt jhren Einwohnern frembd vnd vnbekand seyn. Also hat sichs auch verkehret in der Welt. Wenn die Alten/ die etwa für hundert oder kaum funfftzig Jahren gelebet/ solten wider kommen/ wie Virgilius vom Hectore fabulirt, 2. AEneid: vnd daß jetzige Leben der Menschen gegen dem jhrigen halten/ so würden sie erschrecken über den grossen Veränderungen/ die sich nach jhrem Abscheide begeben haben“ (Christoph Cnoll d. Ä.: Schreib Calender für 1625, zweiter Teil, S. E1a–E2a). Danach liefert Cnoll d. Ä. Prognosen für diese verkehrte Welt (bis S. F3b).

Erstellt: 04.12.2015
Letzte Aktualisierung vor 20.01.2020: 31.07.2019
Letzte Aktualisierung nach 20.01.2020: 18.12.2023

cnoll_christoph.txt · Zuletzt geändert: 2023/12/18 17:52 von klaus-dieter herbst