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Wechtler, Johann Conrad

„Joan: Conradus Wechtler, Phil: Et Med: Doctor“ (Selbstbezeichnung auf dem Titelblatt, zit. 1631)
* ca. 1605 Mainz, † 12.7.1664 Wien
Kalender seit 1631, verfaßt bis 1649

Johann Conrad Wechtler wurde um 1605 in Mainz geboren. Er studierte seit dem Sommersemester 1623 an der Universität in Wien Medizin (Gall, 1961, Bd. 4.1, S. 119 „[1623] Joann[es] Conradus Wechler [sic] Moguntinus med. stud. 24 kr.“). Aus dem Jahr der Immatrikulation wird auf das ungefähre Geburtsjahr 1605 geschlossen. Das Studium schloß er am 27. August 1626 mit der Promotion zum Doktor der Medizin ab (Bröer, 2006, S. 545). Seit dem Kalender für 1635 nannte er sich „Hofmedicus“ (so die Unterzeichnung des Widmungsschreibens an Kaiser Ferdinand III., vgl. Seethaler, 1982, Bd. 1, S. 147). Am 1. Juni 1647 wurde er zum kaiserlichen Leibmedicus ernannt (Bröer, 2006, S. 545). Überliefert sind drei Briefe von ihm an Athanasius Kircher in Rom aus dem Zeitraum von 1639 bis 1643 („Frühneuzeitliche Ärztebriefe“, Datenbank „Wechtler“). Wechtler starb am 12. Juli 1664 in Wien (ebd.).
Wechtler war ein strenggläubiger Katholik. „Auch wenn im 17. Jahrhundert in Wien nur (mehr oder weniger) katholisch gesinnte Kalender erscheinen durften, so strich dies keiner der Autoren derart stark hervor wie Wechtler: Schließlich war ja nicht auszuschließen, daß auch Protestanten zur Käuferschaft gehörten.“ (Seethaler, 1982, Bd. 1, S. 147).
Im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Duisburg wird ein bemerkenswertes Exemplar eines Kalenders von Wechtler aufbewahrt (AA 0031 Jülich-Berg II Nr. 2124). Der Schreibkalender in Quart für 1636 wurde von Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm benutzt. Auf den eng beschriebenen Seiten notierte dieser seine Eindrücke auf der 1635 und 1636 unternommenen Reise nach Wien. Auch der gedruckte Text im Kalender ist von besonderem Interesse. Wechtler belehrte darin die Leser, daß das Wetter „nicht allein vom Himmel“ herrühret, „sondern auch vom Erdboden selber. Dieser hat innerhalb seinem Cörper seine Feuchtigkeiten vnd andere Materien/ die sie durch antrieb Himblischen Cörper von sich schwitzt/ vnd dardurch Materiam zu Nebel/ Regen/ Winden/ Donner/ etc. gibt. Nun ist auch dieses gewiß/ daß der Erdboden nicht in allen Landen/ Ja auch in einem Land/ nicht in allen Stätten vnd Märckten/ oder auch an einen gewissen Orth zu jederzeit gleich qualificiert. Also geschichts offt/ daß eine Constellation/ oder Himblische Vrsach vorhanden/ ein Materi zu Regen/ Schnee/ etc. herauß zulocken/ oder da die Materi allberaits erhoben/ dieselbe außzutrucken: aber es fählt an der Materi selbst/ vnd ist nicht deß Himmels Schuldt: auch nicht deß Calenderschreibers“ (Kalender für 1636, zweiter Teil, S. E3b). Und den Glauben, daß das Wetter des künfftigen Jahres „auß den Zwölften/ wie der gemaine Mann redet/ das ist/ auß den zwölff Tägen vnd Nächten/ vom Christag an zurechnen/ könne erlernet werden,“ lehnte Wechtler strikt ab (ebd., S. E4a–b). Ein exzellentes Beispiel, wie ein Kalendermacher Wissen über die Natur verbreitete und damit zur Bildung der Menschen beitrug, lieferte Wechtler bei der Beantwortung der Frage „Ob die Planeten vnd andere Stern/ jhr aigen Liecht haben?“ (ebd., S. F3b). Mit Bezug auf die Erfindung des Fernrohrs und die Beobachtungen damit durch Galileo Galilei, → Simon Marius, → Johannes Kepler und → David Fabricius begründete er, warum die Sterne ihr eigenes Licht haben müssen (siehe das Quellenzitat).

Titel:
1631–1649: SchreibCalender.
Druck und Verlag:
1631–1636: Druck Michael Rickhes, Wien, 1637–1640[?]: Maria Rickhes (Witwe), Wien, [1641?]–1649: Matthäus Rickhes (Sohn), Wien.
Sämtliche Kalender kamen „In verlegung des Authors“ heraus“ (jeweils so genannt auf den Titelseiten der Prognostiken).
Nachweis:
Herbst, 2008a, S. 163. Ergänzung: LANW Duisburg (Ex. für 1636); GLA Karlsruhe (Ex. für 1637). VD17. CERL.
Andere Drucke:
(1) Homo Oriens Et Occidens, Duobus Actibus Et Libris In Scenam Publicam Ita Datus Et Productus, Ut Primus Primum Ab Infimis Principiis Ad Summam Perfectionem Usque Assurgentem […] complectatur. […] Omnia Ex Optimis Quibusque Partim Medicis Partim Philosophis Desumpta […]. Frankfurt am Main 1659. BSB München, 2 Path. 109-1/2. Und in anderen Bibliotheken.
(2) Theatrum Sympatheticum Auctum, exhibens Varios Authores. De Pulvere Sympathetico quidem: Digbaeum, Straussium, Papinium, Et Mohyum. De Unguento vero Armario: […]. Nürnberg 1662. SLUB Dresden, Pharm. spec. 233. Online [16.02.2017]. Und in anderen Bibliotheken.
Quellenzitat:
„Ob die Planeten vnd andere Stern/ jhr aigen Liecht haben?
Diese Frag pflegt auch von den Philosophis disputiert zu werden. Erliche [sic; wohl: Etliche] mainen/ die Sternen empfahen all jhr Liecht von der Sonnen/ als den Brunnquell deß [F4a] Himblischen Liechts. Andere/ der Mond hab zwar kein aigen Liecht wegen seiner grossen vnrainen Materi/ aber mit den Sternen hab es ein andere mainung/ weiln sieselben geläutert vnd durchsichtig. Die dritten aber halten in dieser Sachen das mittel/ vnd sagen/ daß zwar alle Sternen jhr aigen Liecht haben/ jedoch nicht ein gnugsames klares Liecht/ sondern es müsse von der Sonnen Liecht geschöpfft werden/ welches daher erscheint/ weiln der verfinsterte Mond allzeit ein Schein habe. Diese mainung möchten jhnen die Astronomi gefallen lassen/ wofern jhnen nicht das Niderländische Conspicillam oder Ferngesicht etwas newes vnd vnerhöhrtes zaigte: Dann dieses/ sagen sie/ zeige jhnen augenscheinlich/ daß Venus ab: vnnd zunehme wie der Mond. Verstehe Galilaeum, Marium, Keplerum, Fabricium vnd andere. Ob aber auß disem der vorigen mainung zuverwerffen/ mag ein jeder leichtlich judicieren: Dann dem dunckelen Schein oder Liecht/ so wol deß Monds als der Planeten vnd Sternen/ werden weder diese Conspicilla, weder ander Experientzien vnd observationes Astronomicae das geringste benehmen. Die Jenige/ welche den Fixsternen jhr aigenes Liecht zumessen/ gebrauchen sich dieser zweyer Argumenten/ als erstlich/ daß die Planeten/ je näher sie der [Konjunktion Sonne] seyn/ je hellern Schein sie zu vns werffen/ vnd daß Jupiter mit Saturno zwar deutliches/ doch dunckliches vnnd schwachen Scheins seyen/ weiln sie gar hoch vnd weit von der Sonnen: Weil nun der höhern Planeten Liecht jmmer schwächer/ wurde es folgen/ daß/ wann die Sternen deß Firmaments/ die so viel hundert tausent mahlen höher als Saturnus stehen/ nicht jhr aigen Liecht hetten/ wurden sie schwerlich von vns können erkendt werden. Zum andern/ daß weiln Saturnus zwey vnd zwantzigmahl/ oder nach den Alten/ neuntzigmahl grösser/ als der Erdboden ist/ vnd sein Cörper kein aigen Liecht hett/ Er aber wie der Erdboden/ in das [F4b] gegen der Sonnen vber ligende Himmelsthail/ einen gar grossen Schatten werffen/ oder/ nach klarer Rechnung/ weit in die FirmamentsSternen raichete/ vnd also baldt disem/ baldt jenen jhr Liecht genehmen.“ (Johann Conrad Wechtler: SchreibCalender für 1636, zweiter Teil, S. F3b–4b).

Erstellt: 16.06.2017

wechtler_johann_conrad.txt · Zuletzt geändert: 2017/06/16 12:10 von klaus-dieter herbst