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reinhold_d._j._erasmus

Reinhold d. J., Erasmus

„D. Erasmus Reinholdus/ Medicus“ (Selbstbezeichnung auf dem Titelblatt, zit. 1572)
* 20.1.1538 Wittenberg, † 30.11.1592 Rudolstadt
Kalender seit 1568, verfaßt bis 1575

Erasmus Reinhold d. J. wurde am 20. Januar 1538 in Wittenberg geboren (Koch, 1909, S. 3; für den am 10. Oktober 2017 gegebenen Hinweis auf diese Literatur, die alle archivalischen Quellen anführt, danke ich Dr. Ingo Lokies, Saalfeld). Sein Vater war der Wittenberger Mathematikprofessor und Astronom Erasmus Reinhold d. Ä. (1511–1553), der seit 1537 mit Margaretha Boner (?–1548) verheiratet war (Staatliches Gymnasium, 2005, S. 13). Der Jüngere Reinhold wurde bereits als achtjähriges Kind an der Universität Wittenberg immatrikuliert (Förstemann, 1841, Bd. 1, S. 241 „[1546] Augusti 7. Erasmus Reinholdus“ mit der Anmerkung „filius d. M. Erasmi“). Spätestens seit 1555 studierte er erst Mathematik und dann Medizin. In Wittenberg erfuhr er die Förderung durch Philipp Melanchthon. 1558 schrieb er sich in die Matrikel der Universität Jena ein (Mentz/Jauernig, 1944, S. 253 „Reinhold, Erasm., M., iunior, medicin. doctor, 1558a, 32“). Nach dem Studium bekleidete Reinhold zunächst seit 28. Oktober 1561 die Stelle eines Stadtphysikus’ in Amberg in der Oberpfalz (Koch, 1909, S. 4 mit Verweis auf das StA Amberg, Administrativ-Akt Nr. 1363, Fasc.153 und mit Abdruck der Bestallungsurkunde) und bezog dann ab Ende 1564 dieses Amt auch in Saalfeld (ebd., S. 7). Die Besoldung betrug z. B. gemäß der Saalfelder Ratsrechnung 1571/72 „40 Gulden jährlich in Geld, ferner 12 Klafter Eichenholz, 12 Schock Reisigwellen und 2 Scheffel Gerste“ (ebd., S. 8). Zwischen 13. Oktober 1574 und 12. April 1575 wurde er zum kurfürstlich-sächsischen Bergvogt für das Saalfelder Bergbau- und Hüttenwesen ernannt, behielt aber die Stellung als Stadtphysicus noch bis Ostern 1576 (ebd., S. 20; vgl. den anderen Druck). Er erfand ein besonderes Röstverfahren, um die in einem zum Schmelzen von Silbererz verwendeten Kies enthaltenen schädlichen Stoffe Kobalt, Arsen und Schwefel zu binden (ebd., S. 23). Zwischen 28. Juni 1587 und 26. November 1588 trat Reinhold von dem Amt des Bergvogts zurück (ebd., S. 26). Ende 1592 zog er in das benachbarte Rudolstadt, wo er am 30. November 1592 infolge eines Fiebers starb (ebd., S. 27). Zu einigen erhalten Briefen von und an Reinhold siehe „Frühneuzeitliche Ärztebriefe“ (Datenbank „Reinhold, Erasmus“).
Über die Familie von Reinhold ist bekannt, daß er zweimal heiratete, zuerst Dorothea Nebelthau, dann eine Marie. Aus erster Ehe gingen die Kinder Hans Christoph und Esther hervor. Hans Christoph heiratete Ursula Lange, Tochter des Saalfelder Bürgermeisters Jakob Lange. Esther heiratete Basilius Rinkleb, fürstlich-sächsischer Amtsverwalter zu Eisfeld. Vermutlich aus der zweiten Ehe stammt der Sohn Johann Christoph (Staatliches Gymnasium, 2005, S. 12, 42f.; vgl. Koch, 1909, S. 28).
Von Erasmus Reinhold d. J. sind nur wenige Exemplare seiner Schreibkalender und Prognostiken für die Jahre ab 1568 überliefert. Aus der in der Stadtbibliothek Wrocław (Nr. 4 des Sammelbandes 40856 gemäß Koch, 1909, S. 10, Anm. 2) überlieferten Praktik für 1568 geht hervor, daß er für jenes Jahr mit der Kalenderarbeit begann (vgl. Werner, 1905, S. 260). Kalender und Prognostikum für 1572 widmete Reinhold „den Ehrnvhesten/ Erbarn vnd Achtbarn/ Bürgermeistern vnd Rhat/ der Churfürstlichen Stadt Amberg/ in der Obern Pfaltz/ meinen großgünstigen Herren“ (Kalender für 1572, Titelblatt) als Dank dafür, daß ihm diese Herren Gutes erwiesen hatten „als ich derselben ihr Physicus gewesen“ war (Prognostikum für 1572, S. A2a). Bedeutsam für die Astronomiegeschichte wurde sein Prognostikum für 1574. In deren Widmung an die Bürgermeister und den Rat der Stadt Erfurt, verfaßt am 29. August 1573, erwähnte er das „grosse Wunderwerck des newen Sterns/ So neben der Cassiopeia nunmehr in die zehen Monden gestanden“ (S. A2a). Der üblichen Jahresprognostik fügte Reinhold eine mehrseitige Beschreibung der Supernova von 1572 hinzu (S. B3a–D2a), die Tycho Brahe veranlaßt haben soll, Reinhold in Saalfeld aufzusuchen (zur Kritik von Brahe an Reinhold vgl. Weichenhan, 2004, S. 625, Anm. 1 und Koch, 1909, S. 14f.).
Reinholds Erfurter Drucker, Georg Baumann d. Ä., druckte zu Beginn der 1570er Jahren ebenfalls die Kalender von → Georg Busch (ab 1571), → Johannes Reinstein (ab 1573) und → Caspar Bucha (ab 1573). Davor ist von diesem Drucker, der seit 1557 in Erfurt druckte, noch ein „Prognosticon“ für 1565 von → Moritz Steinmetz bekannt.

Titel:
1568–1575: Schreibkalender.
Druck und Verlag:
Georg Baumann d. Ä., Erfurt.
Nachweis:
BP Rom, Mikrofiche U1 (Kalender für 1570). ThHSA Weimar, A: I, Nr. 1 (Kalender für 1572). ThULB Jena, 4 Bud. Var. 712 (Practica für 1572). BSB München, Res/4 Astr.p. 370m-1 und -2 (Practica für 1573 und 1574). ThULB Jena, 4 Theol. XLVII, 13 (32) (Practica für 1575). VD16. CERL.
Online:
Prognostikum 1573, Prognostikum 1574 [20.08.2014].
Anderer Druck:
Gründlicher vnd Warer Bericht. Vom Feldmessen/ Sampt allem/ was dem anhengig. Darin alle die jrthumb/ so biß daher im Messen fürgelossen/ entdackt werden. Desgleichen/ Vom Marscheiden/ kurtzer vnd gründlicher vnterricht. Erfurt 1574. BSB München, Hbks/R 30 dm. Online [20.08.2015].
Literatur:
Ernst Koch: Dr. Erasmus Reinhold [d. J.]. In: Saalfelder Weihnachtsbüchlein, 56. Jg. (1909), S. 3–28.
Staatliches Gymnasium „Erasmus Reinhold“ (Hrsg.): Erasmus Reinhold Vater und Sohn … an Vollkommenheit überlegen. Saalfeld 2005.

Erstellt: 21.08.2015
Letzte Aktualisierung: 09.11.2019

reinhold_d._j._erasmus.txt · Zuletzt geändert: 2019/11/09 16:36 von klaus-dieter herbst