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Ursinus, Benjamin

„M. Beniaminus Ursinus Der Churfürstlichen Brandenburgischen Durchleuchtigkeit Mathematicus“ (Selbstbezeichnung auf dem Titelblatt, zit. 1624)
* 5.7.1587 Sprottau/Schlesien, † 27.9.1633 Frankfurt an der Oder
Kalender seit mindestens 1617, verfaßt bis mindestens 1624

Benjamin Ursinus (Behr) wurde am 5. Juli 1587 im schlesischen Sprottau (poln. Szprotawa) geboren (Jöcher, 1750/51, Bd. 4, Sp. 1735). Über die Eltern und Kindheit konnten keine Einzelheiten ermittelt werden. Mit 19 Jahren immatrikulierte sich Ursinus am 7. Juli 1606 an der Universität in Wittenberg (Weissenborn, 1934, S. 47 („[1606. Iulii 7] Benjamin Vrsinus Sprotta Silesius“). Im September 1609 kam er als „Hofmeister zweyer von Adel“ in Prag an (Jöcher, 1750/51, Bd. 4, Sp. 1735). Vermutlich waren die Adligen Wolfgang Ulrich und Friedrich Wilhelm von Canitz, die am 1. September 1609 in die Wittenberger Matrikel eingeschrieben wurden (Weissenborn, 1934, S. 89). In Prag wurde Ursinus mit → Johannes Kepler bekannt und er hatte Muße, für diesen Schreib- und Rechenarbeiten auszuführen (vgl. den Brief von Ursinus in Prag an Kepler in Prag vom 24.9.1609 in KGW, Bd. XVI, S. 254). Nachdem Kepler Mitte 1612 nach Linz übergesiedelt war, zog auch Ursinus Anfang 1613 nach Linz, wo er wieder Gehilfe Keplers wurde und in dessen Haus wohnte (vgl. KGW, Bd. XVII, S. 44). Ende des Jahres verließ er Linz. Im November 1613 erhielt er die Stelle eines Lehrers für Mathematik am Gymnasium im ca. 70 km südlich von Prag gelegenen Sobieslau (tschech. Soběslav) (vgl. KGW, Bd. XVII, S. 92–94). Das „Rosenberg-Gymnasium“ war von Peter Wok von Rosenberg (1539–1611), dem einzigen Protestanten in dieser böhmischen Adelsfamilie, als protestantisches Mustergymnasium gegründet worden (Enneper, 2005). Offenbar blieb aber die Bezahlung für Ursinus aus (KGW, Bd. XVII, S. 100, Ursinus an Kepler vom 7.1.1614: „Nihil adhuc de salario certi pro me constitutum.“), sodaß er sich nach einer anderen Stelle umsah. Diese fand er Mitte 1614 als Professor für Mathematik am Gymnasium in Beuthen (poln. Bytom) in Oberschlesien, das von Georg von Schönaich (1557–1619) gegründet worden war. Aus Beuthen schrieb er am 20. November 1614 wiederum an Kepler und teilte diesem mit, daß er in Kürze Sara Liebig, Tochter des Konsuls Adam Liebig in seinem Heimatort Sprottau, heiraten werde (KGW, Bd. XVII, S. 129). In einem weiteren Schreiben vom 27. Dezember lud Ursinus Kepler zu seiner Hochzeit am 3. Februar 1615 nach Sprottau ein (KGW, Bd. XVII, S. 132). Am Gymnasium in Beuthen blieb Ursinus nur 18 Monate (KGW, Bd. XVIII, S. 152, Ursinus an Kepler vom 7.1.1624: „Ego […] 18. mensibus Illustri Schönaichio inservij“). Seit Ende 1615 diente er den kurfürstlichen Hoheiten (Vater und Sohn) von Brandenburg als Mathematiker und übernahm parallel die Stelle des Mathematiklehrers am Gymnasium in Joachimsthal (ebd.: „reliquum temporis impendi Serenissimis Electoribus Brandenburgicis Patri et Filio, partem in Gymnasio Vallis Joachimicae, partem in Borussiâ“). Er lebte somit teils in Joachimsthal und teils in Berlin. Zwischenzeitlich wurde er 1616 auch an der Universität in Frankfurt vereidigt (Friedländer, 1887, Bd. 1, S. 607 „[1616.] In vicerectoratu: […] Benjamin Ursinus, iuravit 1 Thlr.“), wo er → David Origanus kennenlernte. Hier wurde er um 1624 zum Magister promoviert und zum außerordentlichen Professor der Mathematik ernannt (anderer Druck, Titel 4). In Frankfurt gab er → Johannes Magirus, dem Sohn seines Professorenkollegen Tobias Magirus, privaten Unterricht in Mathematik und Astronomie (Magirus: Schreib-Kalender für 1671, zweiter Teil, S. A2b „dazu dann auch was die Mathematica betrifft/ Herrn Benjamin Ursinus Seel. weiland wohlbestellter Professor daselbsten fleissig geholffen/ dem ich gedachte fundamenta zu dancken habe“; vgl. Schlegelmilch, 2018, S. 42, 52). Nachdem Origanus im Juli 1629 gestorben war, wurde Ursinus zwischen dem 19. September 1629 und dem 10. April 1630 (vgl. die beiden Disputationen von 1629 und 1630) als „Professor Publicus“ und Nachfolger von Origanus auf den Lehrstuhl der Mathematik an der Frankfurter Universität berufen. Am 23. April 1631 wurde er auch zum Rektor der Universität gewählt (Friedländer, 1887, Bd. 1, S. 709). Ursinus starb am 27. September 1633 in Frankfurt an der Oder (Jöcher, 1750/51, Bd. 4, Sp. 1735; in der Literatur werden mitunter 27.9.1634 und 4.10.1633 angegeben, vgl. Poggendorff, 1863, Bd. 2).
Nachdem Ursinus kurfürstlicher Mathematiker in Berlin, Mathematikprofessor in Joachimstal und vereidigtes Mitglied der Universität in Frankfurt geworden war, entfaltete er seine Tätigkeit als Verfasser mathematischer Bücher über die neuen (Neperschen) Logarithmen, einer Kometenschrift, akademischer Disputationen und von Schreibkalendern. Die Mathematikbücher und Logarithmentafeln wurden in der Geschichtsschreibung zur Mathematik gewürdigt. Von den Kalendern konnte bisher nur ein Exemplar des Jahrgangs 1624 aufgefunden werden.

Titel:
1617[?]–1624[?]: SchreibCalender.
Druck und Verlag:
1617[?]–[?]: Nicolaus Schneider, Liegnitz, [?]–1624[?]: Druck Georg Runge, Berlin, Verlag Martin Guth, Berlin.
Nachweis:
Herbst, 2008a, S. 156 (Ex. für 1624). Zinner, 1941/64, S. 369, Nr. 4608b (Ex. für 1617). VD17 (ohne Kalender). CERL (ohne Kalender).
Andere Drucke:
(1) Cursus Mathematici Volumen Primum continens Illustr. et Generosi Dn. Dn. Johannis Neperi Baronis Merchistonij &c. Scoti Trigonometriam Logarithmicam Usibus discentium accomodatam. Cölln 1618. BSB München, A. gr. b. 1458. Online [28.02.2017]. Und in anderen Bibliotheken.
(2) Außführlicher Bericht/ Von den Cometen/ welcher im Jahr 1618. im Novembr. erscheinen/ vnd fast biß zu ende deß Decembris ist gesehen worden. Berlin 1619. SBPK Berlin, 50 MA 23379. Online [28.02.2017]. Und in anderen Bibliotheken.
(3) Rhabdologia Neperiana. Das ist/ Newe/ vnd sehr leichte art durch etliche Stäbichen allerhand Zahlen ohne mühe/ vnd hergegen gar gewiß/ zu Multipliciren vnd zu dividiren, auch die Regulam Detri, vnd beyderley ins gemein vbliche Radices zu extrahirn: ohne allen brauch des sonsten vb- vnnd nützlichen Ein mahl Eins/ Alß in dem man sich leichtlich verstossen kan/ Erstlich erfunden durch einen vornehmen Schottländischen Freyherrn Herrn Johannem Neperum Herrn zu Merchiston. etc. Anitzo aber auffs kürtzeste/ alß immer müglich gewesen/ nach vorhergehenden gnugsamen Probstücken ins Deutsche vbersetzt. Berlin 1623. UB Kiel, Ke 2647. Online [02.03.2017]. Und in anderen Bibliotheken.
(4) (Dissertation) Schema Kai Rema [griech. Typen], hoc est, Divinam Mathesin, Deo Opt. Max. ita disponente, Serenißimo Electore Brandenb. jubente, Amplißimo Senatu Academico M. Benjamin Ursinus Sil. Mathematicus Electoralis, deinceps Professor Extraordinarius, Lectionibus publicis pro virili Aufitoribus Academicis fidelissimè communicaturus offero; praeviâque Dissertatione, De Systemate Mundano, observationibus corporum coelestium convenientissimo, Proximâ Sabbathi die, horâ 9. in Auditorio majori habenda aggrediar: Ad quam Omnes & singulos Academiae Cives debito affectu invito. [Frankfurt an der Oder ca. 1624]. ULB Halle, Ia 666 (70). Und in anderer Bibliothek.
(5) Trigonometria cum magno Logarithmor. Canone. SLUB Dresden, Math. 491. Online [02.03.2017]. Und in anderen Bibliotheken.
(6) Logarithmolabus, cujus usus in universâ Geometriâ Practica immensus. Frankfurt an der Oder [ca. 1625]. ULB Halle, Pb 2126 (2).
(7) (Disputation) Benjamin Ursinus „Professor extraordinarius“ (Praeses), Jeremias Gröffenius (Respondent): Disputatio Astronomica De Motu Primo Seu Diurno. 19.9.1629. Frankfurt an der Oder. SUB Göttingen, 4 BIBL UFF 278 (3). Online [02.03.2017].
(8) (Disputation) Benjamin Ursinus „Professor Publicus“ (Praeses), Daniel Cacoscius (Respondent): Disputatio Physico-Optica de Luce Stellarum. 10.4.1630. Frankfurt an der Oder. SUB Göttingen, 4 BIBL UFF 278 (7). Online [02.03.2017].
(9) (Disputation) Benjamin Ursinus „Professoris Mathematum Publ. & p. t. ordinis Philos. Decan“ (Praeses), Michael Sprewitz (Respondent): Dissertatio Physico-Geographica De Montibus. 19.3.1631. Frankfurt an der Oder. SUB Göttingen, 4 BIBL UFF 278 (19). Online [02.03.2017].

Erstellt: 02.03.2017
Letzte Aktualisierung: 09.12.2019

ursinus_benjamin.txt · Zuletzt geändert: 2019/12/09 08:33 von klaus-dieter herbst