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Schmidt, Johann Andreas

„J. A. Schmidt/ P. P. in Jena“ (Selbstbezeichnung auf dem Titelblatt, zit. 1693)
* 28.8.1652 Worms, † 12.6.1726 Marienthal
Kalender seit 1692, verfaßt bis mindestens 1693
Übernommene Reihe: Himmel=Freund, Gottlieb (Pseud.)

Die Initialen der Vornamen sind zweifelsfrei mit Johann Andreas aufzulösen. Daß Johann Andreas Schmidt, der seit 1683 Professor Publicus an der Universität in Jena war, Kalender verfaßte, ist bisher nicht bekannt gewesen.
Johann Andreas Schmidt wurde am 28. August 1652 in Worms geboren. Sein Vater Georg Schmidt war Pfarrer und Senior des Ministeriums, die Mutter Catharina war eine geborene Petrus (Weise, 1726, S. K1a). In Worms lernte er die Grundlagen der Wissenschaften durch „geschickte privat informatores“ und durch „der öffentlichen Schulen vorgesetzten, praeceptoribus“ (ebd.). Schmidt erinnerte sich später an die Namen: Magister Kloh, Magister Häner, Rektor Valentin Sittig, Rektor Hartmann Misler (ebd., S. K1b). Nachdem beide Eltern 1666 innerhalb von vier Wochen nacheinander an der Pest gestorben waren, kam er gemeinsam mit seinem jüngsten Bruder 1667 zu seinem mütterlichseitigen Großvater Johannes Petrus nach Augsburg und besuchte dort das Collegium (ebd., S. K1b; vgl. Zimmermann, 1890, S. 734). In Augsburg war unter anderem Magister Johannes Crophius sein Lehrer (ebd., S. K2a). Am 4. Mai 1673, also mit 20 Jahren, wurde Schmidt in die Matrikel der Universität in Altdorf eingeschrieben (Steinmeyer, 1912, Bd. 1, S. 375 „[1673.] V. 4. Johannes Andreas Schmidt, Wormatiensis“). Nach nur wenigen Tagen in Altdorf zog er weiter nach Jena, wo er am „Donnerstag vor Pfingsten 1673“ (18. Mai 1673) ankam (Weise, 1726, S. K2a; vgl. Zimmermann, 1890, S. 734) und ebenfalls immatrikuliert wurde (Jauernig/Steiger, 1977, S. 707 „Schmidt, Jhn. Andr., Wormatiensis, S 1673“). Hier besuchte er „die lectiones publicas Herrn Frischmvthi, Weigelii, Posneri, Bosii, Mülleri, Hvndeshagenii, Velthemii, und zugleich die privatas Weigelii, Posneri, Bosii und Velthemii“ (Weise, 1726, S. K2a).
Nach der Promotion zum Magister der Philosophie (August 1676; eine von Schmidt selbst ausgearbeitete Disputation „de Sanctimonia vinculorum reipublicae“ unter dem Vorsitz von Veltheim; Weise, 1726, S. K2a) und einer 1677 erfolgten Reise nach Hamburg mit Aufenthalt in Magdeburg bei Otto von Guericke wurde er 1678 zum Adjunkt an der philosophischen Fakultät der Universität in Jena berufen (ebd., S. K2b). Der Antritt dieser Stelle verzögerte sich jedoch bis ins Jahr 1679, weil er von einem Dach zwei Stockwerke in die Tiefe gestürzt war und sich dabei mehrere Knochenbrüche zugezogen hatte (ebd.). „Anno 1680. trug ihm Prof. Weigelivs von freyen Stücken die inspection des convictorii, zusammt der Bewohnung des Collegii, wie auch die extraordinariam matheseos professionem auf“ (ebd., S. L1a). 1683 wurde Schmidt ordentlicher Professor der Logik und Metaphysik (ebd.), ab 1694 Licentiat und Professor der Theologie (ebd., S. L2a), im August 1695 Doktor der Theologie (ebd., S. L2b).
In Jena war er ein Student und Vertrauter des Mathematikprofessors Erhard Weigel (1625–1699). Anfangs fühlte sich Schmidt in Jena sehr wohl, sodaß er sowohl 1686 die „vocation nach Augsburg zum Ephorat des Collegii A.C.“ als auch 1690 „eine vocation nach Augsburg zu der Pastorats-Stelle bey St. Jacobs Kirche“ ausschlug und in Jena blieb (ebd., S. L1a und L1b). Mitte der 1690er Jahre war Schmidt jedoch bestrebt, Jena zu verlassen, weil „ihm doch viele Verdrießlichkeit und unverschuldete Verfolgungen das sonst liebe Iena dergestalt zu wieder gemacht, daß er ohnmöglich bleiben konte, wenn er anderst in seinem Gewissen einige Ruhe haben wolte (ebd., S. L2b). Er zog mit seiner Familie nach Helmstedt, wo er am 29. September 1695 („am Abend vor Michaelis“) eintraf (Weise, 1726, S. M1a). Durch Unterstützung von Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) erhielt er eine Professur für Kirchengeschichte an der Universität in Helmstedt, die er am 13. November 1695 antrat (dazu ausführlich Gädeke, 2016). Mit Leibniz stand er weiterhin in brieflichem Austausch. Die „geschichtlichen Forschungen standen im Mittelpunkte seiner Interessen“ (Zimmermann, 1890, S. 735), jedoch beschäftigte er sich auch mit technischen und naturwissenschaftlichen Fragen (vgl. Roling, 2014). 1699 wurde Schmidt von den Herzögen Rudolph August und Anton Ulrich zusätzlich zum Abt des Klosters Marienthal ernannt (Weise, 1726, S. M1a).
Verheiratet war Schmidt seit 25. November 1686 mit Dorothea Cöler, mittlere Tochter des Generalsuperintendenten Theophil Cöler in Jena. Am 1. März 1688 wurde die Tochter Catharina Elisabeth geboren. Bereits im Januar 1689 verstarb Schmidts Frau Dorothea (Weise, 1726, S. L1b). Jetzt heiratete er am 29. Juli 1691 Sibylle Götze, zweite Tochter des Generalsuperintendenten Georg Götze in Jena. Aus dieser Ehe gingen neun Kinder hervor: Anna Sophia, Johann Georg, Georg Valentin, Louise, Johann Andreas, Maria Elisabeth, Georg Andreas, Hedwig Catharina, Christoph Andreas (ebd., S. L2a). Von seinen Kindern überlebten ihn drei Töchter (Catharina Elisabeth, verheiratet mit Hartwig Samuel Schröter; Louise, verheiratet mit Polycarp Leyser; Maria Elisabeth, verheiratet mit Johann Ludwig Kotzebue) und zwei Söhne (Johann Andreas Schmidt der Jüngere und Christoph Andreas (Weise, 1726, unpag.).
Am 17. Januar 1720 traf ihn der Schlag, dessen Folgen (Teillähmung, Erblindung des linken Auges) ihn in Forschung und Lehre behinderten. Schmidt starb nach weiteren gesundheitlichen Rückschlägen am 12. Juni 1726 in Marienthal im Alter von 73 Jahren, 9 Monaten und 15 Tagen (Weise, 1726, S. M1b).
Das einzige bisher aufgefundene Exemplar eines Kalenders von Schmidt ist des „Gottlieb Himmel=Freunds Continuation des Nach berühmtester Mathematicorum Art Neuen und Alten Zeit= Wirthschafft= und Artzney=Calenders/ Auf das 1693. Jahr Christi/ […] Auf den Pommerischen und deren angräntzenden Länder Horizont mit Fleiß gerichtet. Nebst einer Beschreibung der zwey berühmten Preußnischen [sic] und Pommerischen Städte/ Dantzig und Stettin“ (Titelblatt; mit Holzschnitt der Danziger Stadtansicht). Die Widmung des Buchbinders und -händlers Wolfgang Eysentraut richtete dieser an den Rat der Stadt Danzig. Dieser hatte in den vorigen Jahren Gefallen an Eysentrauts „Calender=Verlage“ gefallen, und zwar nicht nur bezüglich der Kalender, „welche über die Ausarbeitung des seel. Herrn Voigten geschehen/ sondern auch zu der letzten/ so durch einen vornehmen Professorem vorgenommen und vorigen Jahres meiner allergnädigsten hohen Landes=Obrigkeit demühtigst von mir dediciret worden“ (Kalender für 1693, Kalendarium, S. A1b). Kalender von → Johann Heinrich Voigt im Verlag von Eysentraut sind für die Jahre 1688 bis 1691 belegt (bei Voigt Reihe 12). Eysentraut ließ damals in der Offizin Höpfner in Stettin drucken. Ab 1692 übernahm Johann Nicolaus Ernst in Stargard Druck und Verlag jener Kalenderreihe von Voigt, sodaß sich Eysentraut um einen neuen Kalendermacher bemühen mußte. Offenbar fand er ihn in dem „vornehmen Professor“ Johann Andreas Schmidt, der somit schon den (nicht überlieferten) Kalender für 1692 verfaßte und den (überlieferten) für 1693 als „Gottlieb Himmel=Freunds Continuation“ bezeichnete. Aus jener Zeit ist eine weitere Kalenderreihe bekannt, die unter dem Pseudonym → „Himmelsfreund“ erschien (vgl. auch in den 1730er Jahren → Gottfried Himmelsfreund (Pseud.)). Und in Jena, wo Schmidt zunächst wirkte, erschienen seit mindestens 1685 zwei Kalenderreihen unter dem Pseudonym → „Gottlieb von Himmelsfeld“. Denkbar ist, daß sich Schmidt bei der Wahl des Namens „Gottlieb Himmel=Freund“ an das Pseudonym „Gottlieb von Himmelsfeld“ anlehnte.
Die Textbeigaben im Kalendarium beinhalten Hinweise zu Haushaltsfragen und zur Nutzung von Kräutern für Arzneimittel. Im zweiten Teil sind es Beschreibungen von Städten in Preußen und Pommern „aus den beyden Chronicken des Herrn Micrelii und Herrn Hartknochen“ (gedruckt 1684). Diese wurden gewählt, „weil nicht iederman dieselbe haben kan (Kalender für 1693, Kalendarium, S. A1b). Schmidt fügte ferner Nachrichten über politische Ereignisse in den Jahren 1691 und 1692 und ältere Historien ein.

Titel:
1692–1693[?]: Zeit= Wirthschafft= und Artzney=Calender.
Druck und Verlag:
Druck ?, Verlag Wolfgang Eysentraut, Stolp.
Nachweis:
BPAN Gdańsk, Od 24220, 8° (gesehen am 28. Juni 2010). Nicht in Herbst, 2008a. CERL (ohne Kalender).
Andere Drucke:
Johann Andreas Schmidt gab weit über 100 Schriften im Druck heraus, vgl. VD17 und VD18.
Literatur (Auswahl):
(Gelegenheitsschrift: Tod) Friedrich Weise: Schriftmässige leich= und gedächtnüs=predigt von der Liebe Gottes, welche, als der hochwürdige, hochedelgebohrne und hochgelahrte herr Johann Andreas Schmdi der h. schrift Doctor, der theol. und kirchen=geschichte auf der Kön. Engell. Kuhrfürstl. und Herzohl. Br. Lüneb. julius-universität prof. publ. ord., der theol. facult. senior und des klosters marienthal abt zu helmstet nach einen langwihrigen lager in wahren glauben an seinen heiland den 12 brachm. des 1726. jahrs eingeschlafen/ und darauf den 16. brachm. in sein begräbnüs in der academischen kirche zur himmels=pforte des nachts gesezet ware/ den folgenden 24 brachm. in gedachter academischen kirche bei volkreicher versamlung von Frihdrich Weisen D. der h. schrift prof. publ. ordinario superint. generali und pastore zum h. Stephano gehalten worden. Helmstedt 1726. SBPK Berlin, 128 in: 4“@At 1000-2.
Paul Zimmermann: Art. „Schmid, Johann Andreas“. In: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 31 (1890), S. 734–736.
Nora Gädeke: Zwischen Weigel und Leibniz – Die Berufung Johann Andreas Schmidts an die Universität Helmstedt. In: Katharina Habermann, Klaus-Dieter Herbst (Hrsg.): Erhard Weigel (1625–1699) und seine Schüler. Beiträge des 7. Erhard-Weigel-Kolloquiums 2014. Göttingen 2016, S. 51–73.
Bernd Roling: Mechanik und Mirakel: Johannes Andreas Schmidt (1652–1726) und die technischen Grenzen des Wunders in Helmstedt. In: Martin Mulsow, Frank Rexroth, Katharina Ulrike Mersch (Hrsg.): Was als wissenschaftlich gelten darf. Praktiken der Grenzziehung in Gelehrtenmiliues der Vormoderne. Frankfurt am Main 2014, S. 211–246.

Erstellt: 04.08.2017
Letzte Aktualisierung: 24.01.2019

schmidt_johann_andreas.txt · Zuletzt geändert: 2019/01/24 14:46 von klaus-dieter herbst