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Ottenthaler, Paul

„M. Paulus Ottentaler der Artzney liebhaber“ (Selbstbezeichnung auf dem Titelblatt, zit. 1566)
* ca. 1533 Flaurling bei Innsbruck, † zwischen 1581 und 1592 Schloß Ambras in Innsbruck
Kalender seit mindestens 1565, verfaßt bis mindestens 1567 (vermutlich bis mindestens 1581)

Paul Ottenthaler wurde etwa 1533 in Flaurling im Oberinntal in Tirol geboren (Häusler, 1962, S. 112). Der Ort liegt rund 25 km westlich von Innsbruck. Über die Eltern und Kindheit konnten keine Einzelheiten ermittelt werden. Vermutlich war er verwandt mit Leonhard Ottenthaler, der von 1530 bis 1569 in Flaurling wohnte und dort Pfarrer war (Waldner, 1893, S. 386). Am 30. April 1551 begann Ottenthaler ein Studium an der Universität in Ingolstadt (Pölnitz, 1937, Bd. 1, Sp. 674 „[1551 Aprilis] 30. Paulus Othenthaler Tyrolensis artium studiosus 48 dl“). Aus dem Jahr 1551 dieser Immatrikulation wird auf das ungefähre Geburtsjahr geschlossen. Im Studienjahr vom 1. Mai 1553 bis 30. April 1554 schrieb sich Ottenthaler als 53. Student in die Matrikel der Universität Basel ein (Wackernagel, 1951, Bd. 2, S. 82 „53. Paulus Ottefalerus [sic] Oenipontus – 6 ß“). Nach Ingolstadt zurückgekehrt, schloß er das Studium im August 1556 mit der Promotion zum „Magister Philosophiae et omnium artium bonarum“ ab (Waldner, 1893, S. 385). Ob er auch Medizin studierte („der Artzney liebhaber“), ist nicht bekannt. Seit Dezember 1558 war Ottenthaler „Präzeptor der Edelknaben bei der ständig in Innsbruck Hof haltenden Familie des Kaiser Ferdinand“ (Waldner, 1893, S. 386 mit Quellenangabe „K. k. Statth.-Archiv Innsbruck: Cop. Miss. a. Hof 1558, fol. 585“; übernommen in Enzinger, 1929, S. 30 und Kosch, 1933, Bd. 2, S. 484). Diese Edelknaben waren keine Prinzen, sondern Kinder in den Diensten des Hofes (hier namentlich aufgeführt in Waldner, 1888, S. 56).
Zweimal war Ottenthaler verheiratet. Zunächst mit Rosina Wolf. Mit ihr hatte er die Kinder Joseph, Christian, Paul, Katharina und Eva. Nach dem Tod von Rosina heiratete er Anna Schlapp. Aus dieser Ehe gingen die Kinder Elias und Abraham hervor (Waldner, 1893, S. 387). Bei dieser Aufzählung fehlt der Sohn Alexander, der Nachfolger seines Vaters als Präzeptor wurde (Waldner, 1888, S. 56).
Ottenthaler gilt heute als Dichter und Übersetzer, kommt aber in keinem deutschen Literaturlexikon vor. Bereits 1557 trat er mit poetischen Druckschriften an die Öffentlichkeit (andere Drucke, Titel 1 und 2; vgl. Enzinger, 1929, S. 30). Nach dem Tod von Gerhard von Roo (gest. 1590) wurde er Bibliothekar auf Schloß Ambras in Innsbruck (Waldner, 1893, S. 386). 1565 erwarb er in Flaurling das Gut Thurn (ebd.). Ottenthalers Wirken ist bis 1581 belegt (siehe unten). Ein Vierzeiler für die „Annales Rervm Belli Domiqve Ab Avstriacis Habspvrgicae Gentis Principibus“ (gedruckt in Roo, 1592, Widmungsteil, unpag. [S. 17]) wurde 1592 von dem Sohn „Paulus Ottentalerus, junior“ verfaßt. Offenbar war Ottenthaler bereits gestorben. Er soll auf Schloß Ambras gestorben und in der alten Kirche begraben sein (Waldner, 1893, S. 387).
Ottenthaler verfaßte lateinische und deutsche Kalender, „wofür er vom Hof und von der Regierung Geschenke erhielt“ (Waldner, 1893, S. 386 mit Quellenangabe „L. c. [K. k. Statth.-Archiv Innsbruck] Cop. Emb. u. Bef. 1586, fol. 34“; vgl. Enzinger, 1929, S. 30; Häusler, 1962, S. 45). Ermittelt werden konnten bisher nur zwei Exemplare des deutschen Schreibkalenders in Oktav für die Jahre 1565 und 1566 (Titelblatt 1566 in Häusler, 1962, zw. S. 45 u. 46) und ein Kalender in Quart (BGNM Nürnberg, 8° Nw 2403; Zinner, 1941/64 nennt zwei Kalender für 1565 in 8° und 1567 in 4°). Ottenthaler ist der erste namentlich bekannte Kalendermacher in Innsbruck, der auch diesen neuen Kalendertyp verfaßte (zuerst für 1540 in Nürnberg, siehe → Dionysius Sibenburger; vgl. die inzwischen nicht mehr vollständige Übersicht in Herbst, 2017, S. 14–16). Der Drucker Rupprecht Höller war bereits seit 1549 in Innsbruck tätig. 1554 wurde er Hofbuchdrucker (Waldner, 1888, S. 45) und druckte unter anderem für 1555 Kalender, für 1556 Laßtafeln und „grosse schreibkalender“ (ebd., S. 53 mit Quellenangabe „K. k.. Statth.-Arch. VII. 55“) sowie für 1558 gewöhnliche Kalender und „Tagebücher“ (ebd., S. 55). Die Matrizen, Typen und Druckfarbe hat Höller 1554/55 bei dem Augsburger Drucker Philipp Ulhart d. Ä. gekauft (ebd., S. 47–51; vgl. Reske, 2007, S. 395). Ulhart wiederum war seit 1543 mit dem Druck von Schreibkalendern vertraut (siehe bei → Philipp Melhofer).
Der Nachfolger von Höller als Innsbrucker Regierungsdrucker wurde erst ab 1573 Gallus Dingenauer und dann ab 1577 Hans Paur (Reske, 2007, S. 396). Paur druckte auch die Wandkalender für das Hochstift Brixen, wobei er 1581 gegenüber Erzherzog Ferdinand II. anführte, daß er „die Feste und Feiertage des Hochstifts mit Hilfe des Magisters und Arztes Paul Ottenthaler aus Flaurling (Oberinntal) zu drucken vermöge“ (Häusler, 1962, S. 112). Somit wäre Ottenthalers Tätigkeit als Kalendermacher zumindest bis 1581 nachgewiesen.

Titel:
Deutscher Kalender:
(1) [1565?]–1567[?]: Tagbüchel, Format 4°.
(2) 1565[?]–1566[?]: Almanach Oder Tagbüchl, Format 8°.
(3) [?]–1581[?]: Almanach, Einblatt-Wandkalender, Format 2°.
Lateinischer Kalender:
(4) ? (kein Exemplar ermittelt, Erwähnung bei Enzinger, 1929, S. 30 und Häusler, 1962, S. 45).
Druck und Verlag:
Rupprecht Höller, Innsbruck.
Nachweis:
ÖNB Wien (Ex. für 1566 der Reihe 2; vermißt seit 2011). TLF Innsbruck (Ex. für 1565, 1566 der Reihe 2, nach Häusler, 1962, Quellen). Zinner, 1941/64, S. 239 (Ex. für 1565 der Reihe 2), 242 (Ex. für 1567 der Reihe 1). BGNM Nürnberg (Ex. für 1567 der Reihe 1). CERL1. CERL2. VD16.
Andere Drucke:
(1) Palaemon. Aegloga Heroico carmine consripta M: Paulo Ottenthalero Authore. Historia Pentecostes elegia eis versibus reddita per eundem. Innsbruck 1557. BSB München, Res/4 P.o.lat. 749,50. Online [27.02.2019].
(2) Cyri Theodori Prodromi Tetrasticha iambica, et heroica in vitas S: Gregorij Nalianzeni, Basilij Magni, Ioannis Chrysostomi, in quibus horum theologorum dicta, factaque soelicissime continentur, iam primum ex graeca in latinam linguam codem carminis genere conuersa. Pavlo Ottenthalero Interprete. Innsbruck 1557. BSB München, 4 A.gr.a. 1064. Online [27.02.2019].
(3) Schmorotzer Trost. Ein schoen vnd nutzlich Buechlein eins thayls ausz Luciano dem alten Leerer gezogen/ vnd in Reymen weyß gestellt: darinn klaerlich probiert ist/ das die Schmorotzerey nit allein ain kunst/ sonder die aller fürtrefflichst vnder allen Künsten sey/ […]. Augsburg 1560. HAB Wolfenbüttel, 32.22 Pol. (10). Andere Ausgabe: Straßburg 1569. SUB Göttingen, 8 P GERM II, 2947.
(4) (Gelegenheitsdruck) In Honorem Electionis Illustrissimi […] in Christo principis, amplissimique praesulis, ac Domini Domini Joannis Jacobi Kuen, Archiepiscopi Salispurgensis, et S: S: Sedis Apostolicae legati carmen &c. Innsbruck 1560. Zitiert nach VD16 O 1459.
(5) Gemeinsam mit Christoph Wilhelm Putsch: De Haymone Gygante, Et Origine Monasterii Hvivs Wilthinensis Sacrosancta Antiquitate venerandi. Volget die Histori von dem ersten Vrsprung vnd Anfang deß löblichen vralten Gottshauß vnd Klosters zu Wilthan […] Christophori Gulielmi Putschii ab Haching Tyrolensis […] Durch Paulsen Ottenthaler, der freyen Künst Magister, auß hieneben gesetzten Latein, inn Teutsche Reime trewlich verfasset, Im 1571. Jar. Augsburg 1601. UB Frankfurt/Main, Einblattdruck G. Fr. 350.

Erstellt: 27.02.2019
Letzte Aktualisierung vor 20.01.2020: 06.11.2019
Letzte Aktualisierung nach 20.01.2020: 09.12.2021

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