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Brotbeihel, Jeremias

„der Freien Kunst gelerter Hieremias Brothbeil“; „M. Hieremias Brotbeihel“ (Selbstbezeichnungen auf den Titelblättern, zit. 1549, 1561)
* ca. 1523 Kaufbeuren, † nach 1561 Miltenberg [?]
Prognostiken seit 1549, Kalender vermutlich seit 1549, sicher seit 1552, verfaßt bis 1563

Jeremias Brotbeihel wurde um 1519 in Kaufbeuren als Sohn des Schulmeisters Matthias Brotbeihel geboren. Das ungefähre Geburtsjahr wird aus dem Ersteintrag in eine Universitätsmatrikel geschlossen. Am 4. August 1537 schrieb sich Jeremias Brotbeihel in die Matrikel der Universität Ingolstadt ein (Pölnitz, 1937, Bd. 1, Sp. 541 „[1537 Augustus] 4. Hieremias Brotbeihel“). Der Geburtsort folgt aus dem Eintrag in die Matrikel der Universität Heidelberg, an der er am 3. August 1541 immatrikuliert (Toepke, 1884, Bd. 1, S. 578 „Hieremias Brothbyehell a Kauffbawern August. dioc. 3. Augusti [1541]“) und am 18. Juni 1544 zum Magister der freien Künste promoviert wurde (ebd.). Daß sein Vater der Almanach- und Prognostikenschreiber Matthias Brotbeihel war, wurde 1909 in einer Anmerkung zu dessen anderem Sohn Esaias Brotbeihel erwähnt (Roth, 1909, S. 288, Anm. 9).
Der Vater, der zwischenzeitlich 1536 Mathematiker am bayerischen Hof geworden war, starb 1547/48 (Matthäus, 1969, Sp. 1114, Anm. 900). Von Matthias Brotbeihel sind Praktiken bis für 1548 bekannt. Ein Jahr später beginnen die Jahresschriften von Jeremias Brotbeihel. Die Widmung des Prognostikums für 1549 richtete er an den „Herren Sebastian [von Heusenstamm] Erzbischoffen zu Meintz/ des Heiligen Römischen Reichs durch Germanien Ertzcantzlern vnd Churfürsten“ und unterzeichnete mit „Datum Miltenburgk am tag Georgij Marteris Anno Domini. M. D. XLviij. […] Hieremias Brotbeihel freier Kunstliebhaber“ (S. A2b). Das nächste überlieferte Prognostikum für 1551 widmete er dem Rat von Miltenberg. Das sind die einzigen gedruckten Hinweise auf den Wirkungsort von Jeremias Brotbeihel. Ein handschriftlicher Eintrag in der „Rent- und Baumeister Rechnung“ von Miltenberg liefert weitere Einzelheiten. So wurden vom Rat der Stadt 1549 „Hieremias Brothbeyhell der Schulmeister Dinstag nach Trium Regum“, also anläßlich seiner Hochzeit am 8. Januar 1549 „iiij gantz thaler facit iiij gulden xviij alb“ (1 Gulden = 26 oder 27 alb zu je 8 Pfennigen) verehrt und „zu Breuthwein geschenckt iiij maß firne wein zu xviij dn, vnd iiij maß new wein zu xij dn facit xv alb“ (StA Miltenberg, Stadtrechnungen 1549, fol. 15r; für die am 10. September 2016 zugesandte Kopie aus dem Stadtrechnungsbuch danke ich Wilhelm Otto Keller, Miltenberg; vgl. Keller, 2012, bes. S. 122–124 zu den Miltenberger Maßen und Gewichten). Wen Brotbeihel heiratete, konnte nicht ermittelt werden (die Kirchenbücher mit den Tauf- und Traueinträgen beginnen erst 1575, die mit den Sterbeeinträgen sind erst ab Mitte des 17. Jahrhunderts überliefert). Der am 1. April 1573 an der Universität in Basel immatrikulierte gleichnamige Jeremias Brotbeihel aus Miltenberg (Wackernagel, 1951, Bd. 2, S. 536) wird ein Sohn gewesen sein.
Der überlieferte Kalender für 1552 ist ein Schreibkalender im Oktav-Format. Hier wird das Kalendarium eines halben Monats auf der Verso-Seite einer fast unbedruckten Schreibseite gegenübergestellt. Einen solchen kleinformatigen Schreibkalender verfaßten auch → Philipp Melhofer (ab 1543), → Tarquinius Schnellenberg (ab 1548) und → Valentin Butzlin (ab 1550). Brotbeihels und Butzlins „Laßbüchlin“ wurden beide in der Offizin Froschauer in Zürich gedruckt. Das Exemplar für 1552 von Brotbeihel enthält für jeden Tag das handschriftlich notierte Wetter (vgl. bei Butzlin). Bemerkenswert ist das niederdeutsche Prognostikum für 1552, das in Dortmund gedruckt wurde. Es scheint der einzige Jahrgang gewesen zu sein (vgl. Reske, 2007, S. 160). Mit dem überlieferten Schreibkalender in quart für 1561 wird belegt, daß diese 1541 durch → Dionysius Sibenburger eingeführte Kalenderart auch im Druckort Dillingen hergestellt wurde.
Aufgrund der Bedeutung der Kalenderart „Schreibkalender“ werden die überlieferten Exemplare von Brotheihels Kalendern hier gesondert aufgeführt, ebenso die Praktiken.

Schreibkalender:
1552: Laßbüchlin sampt der schrybtafel, 8°, Druck Eustachius Froschauer, Zürich (ZB Zürich, Ms D 269,7)
1561: Kalender, 4°, Druck Sebald Mayer, Dillingen (BSB München, Clm 586#Beibd. 1)

Praktik bzw. Prognostikum:
1549: Practica Teutsch, 4°, Druck Cyriacus Jacob, Frankfurt am Main (BSB München, Res/4 Astr. p. 512,22)
1551: Practica Teütsch, 4°, Druck ? (BSB München, Res/4 Astr. p. 528,8).
1552: Practica Duedsch/ vp dat Jar, 8°, Druck Philipp Maurer, Dortmund (SBPK Berlin, 2 L 444; war in der UB Greifswald, 542/nd A II 72100, jetzt Kriegsverlust; StLB Dortmund, Westfälisches Handschriftenarchiv, Ht 774)
1560: Practica Teutsch, 4°, Druck Sebald Mayer, Dillingen (HAB Wolfenbüttel, A: 54.3 Astron. (3))
1561: Practica Teutsch, 4°, Druck Sebald Mayer, Dillingen (BSB München, Res/4 Astr. p. 446#Beibd. 17)
1561: Practica Teütsch, 4°, Druck Agathe Gegler, Augsburg (HAB Wolfenbüttel, A: 54.3 Astron. (6))
1562: Practica Teutsch, 4°, Druck Sebald Mayer, Dillingen (UB Eichstätt; ÖNB Wien, Cod. Vindob. 8276, adl. 5)
1563: Practica Teutsch, 4°, Druck Sebald Mayer, Dillingen (HAB Wolfenbüttel, A: 54.3 Astron. (10))

Wandkalender:
1552: So man zelt nach der geburt Christi, Einblattdruck, 2°, Druck Eustachius Froschauer d. J., Zürich (LB Bern; ZB Zürich; BETH Zürich)
1554: [Kalender], Einblattdruck, 2°, Fragment, Druck Christoph Froschauer d. J., Zürich (BSB München, Einbl.Kal. 1554b)
1563: Als man zalt nach Christi vnsers Erlösers geburt, Einblattdruck, 2°, Fragment, Druck Sebald Mayer, Dillingen (UB Rostock, L II b-1243 (3)-63)

Anmerkung:
Ein „Jeremias Arthothomos Astrophebus Emptipolitanus“ verfaßte für 1530 eine „Practica Teutsch“ (überliefert in RSB Zwickau, 22.9.15 (11)). Ernst Zinner interpretierte diesen Namen als ein Pseudonym für Jeremias Brotbeihel (Zinner, 1941/64, S. 169, Nr. 1376). Im VD16 (B 8396) wurde diese Angabe übernommen und der im Druck nicht genannte Drucker ergänzt (Heinrich Steiner, Augsburg). Der Verfasser widmete diese Praktik dem „geistlichen herren Vrbano Ertzdiacon vnd Probst des Gotshauß zu Rottenbuch“ (Rottenbuch liegt ca. 10 km südwestlich von Weilheim in Oberbayern) mit den Worten „Embeüt ich Jeremias Arthothomos Emptipolitanus/ Mein vnderthenig gantz willig dyenst“ (S. A1b). Der Verfasser war altgläubig, denn er schrieb die Praktik „zu lob vnd preyß dem ewigen Got/ auch der hochgelobten junckfrawen Marie“ (ebd.). Diese zwei Indizien (Bezug zur Jungfrau Maria und das sonst von Brotbeihel nicht verwendete Wort „embeüt“) sprechen gegen Brotbeihel als Verfasser, der in den anderen überlieferten Prognostiken theologische und astrologische Aussagen nach Art des Reformators Philipp Melanchthon vortrug.

Titel:
Deutsche Kalender und Prognostiken:
(1) 1552[?]–1563: [Kalender], Einblattdruck, Format 2°.
(2) [1549?]–1561[?]: Kalender, Format 4°.
(2a) 1549–1563: Practica Teutsch, Format 4°.
(3) 1552[?]–[?]: Laßbüchlin sampt der schrybtafel, Format 8°.
Niederdeutsche Prognostiken:
(4) 1552: Practica Duedsch/ vp dat Jar, Format 8°.
Druck und Verlag:
(1) 1552–1554[?]: Christoph Froschauer d. J., Zürich, [?]–1563: Sebald Mayer, Dillingen.
(2) 1561: Sebald Mayer, Dillingen.
(2a) 1549–[1550?]: Cyriacus Jacob, Frankfurt am Main, 1551[?]–[?]: [vielleicht schon Sebald Mayer, Dillingen ?], 1559[?]–1563: Sebald Mayer, Dillingen. 1561 auch Agathe Gegler, Augsburg.
(3) 1552: Eustachius Froschauer, Zürich.
(4) 1552: Philipp Maurer, Dortmund.
Nachweis:
Zinner, 1941/64, S. 211, Nr. 1953 (Vorhersage für 1549) und passim. ZKAAD, 1987–1993, Teil 4, S. 312, Nr. 3838 (Wandkalender für 1563). VD16. CERL.
Online:
(1) 1554
(2) 1561
(2a) 1549 Prognostikum, 1551 Prognostikum, 1552 Prognostikum, 1561 Prognostikum, 1563 Prognostikum
(3) 1552
(4) 1552 Prognostikum [08.04.2016].

Erstellt: 08.04.2016
Letzte Aktualisierung: 11.07.2019

brotbeihel_jeremias.txt · Zuletzt geändert: 2019/07/11 09:40 von klaus-dieter herbst