Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


bauer_johann_melchior

Bauer, Johann Melchior

„Johann Melchior Bauer/ von Eschbach“; „Johann Melchior Bauer/ Astrophilus“ (Selbstbezeichnungen auf den Titelblättern, zit. 1654, 1670 (zweiter Teil))
* ? Eschbach, † ?
Kalender seit 1654, verfaßt bis 1679

Über Johann Melchior Bauer konnten keine biographischen Einzelheiten ermittelt werden. Den von Bauer genannten Herkunftsort Eschbach gibt es mehrmals (vgl. Schilling, 2002, Bd. 1, S. 645). Vielleicht war Bauer verwandt mit einem Andreas Bauer aus Eschbach in der Grafschaft Saarbrücken-Nassau, der sich am 29. April 1616 in die Matrikel der Universität Wittenberg eingeschrieben hatte (Weissenborn, 1934, S. 187).
Mit dem Jahrgang 1670 setzte Johann Melchior Bauer seine Kalenderreihe, die er für 1654 unter dem Titel „Schreib=Kalender“ erstmals herausbrachte, unter neuem Titel fort. Die inhaltliche Gestaltung der letzten Exemplare des „Schreib=Kalenders“ gleicht der bei dem jetzt titulierten „Leicht=verständigen Kalender“. Bereits im Exemplar für 1664 ist die Frage-Antwort-Form, in der das Prognostikum auch hier (1670) gestaltet ist, anzutreffen (vgl. Wernicke, 2012, S. 368–370). Die Titelblätter der Prognostiken für 1667 und 1670 weisen auf die Kontinuität in diesem Punkt hin. Neu bei dem Exemplar für 1670 sind lediglich das erteilte kurfürstliche Privilegium für den Kalender und die Aufnahme der „Kunst=Stücke“ in das Prognostikum (am Ende).
Der Kalendermacher Johann Melchior Bauer wird bis 1667 als „von Eschbach“ gekennzeichnet, ab 1670 aber als „Astrophilus“. Ob sich hinter dieser geänderten Kennzeichnung Bauers auch ein Wechsel in der eigentlichen Autorschaft des Kalenders verbirgt, ist nicht klar. Zu vermuten ist es aber, denn jetzt (ab 1670) werden bei den astronomischen Angaben im Prognostikum auch Beobachtungshinweise für Sternbedeckungen durch den Mond gegeben, was in damaligen Kalendern selten war (aus dieser Zeit liefern nur → Gottfried Kirch und → Christoph Richter weitere Beispiele dafür). Als Beispiele seien hier zitiert: „Den 1 Julii wird der Monde den Schwantz des Widders bedecken“ (Kalender für 1670, zweiter Teil, S. A4a), „Den 12. Aprilis/ des Abends gegen 10 Uhr/ wird der Mond den Stern/ so Spica Virginis, oder der helle Jungfrauenstern genennet wird/ und einer der ersten Grösse ist/ mit seinem Cörper bedecken. Da kan man darnach sehen/ wenn es helle ist/ ob es wird zutreffen/ sonderlich durch ein Perspectiv, wegen des Mondenscheins“ (Kalender für 1671, zweiter Teil, S. A4a, vgl. S. B1a). Bei diesem Zitat ist ebenso von Bedeutung, daß der Kalendermacher auf das Verwenden eines Fernrohrs für die Beobachtung hinwies. Erstmals formulierte Bauer die Beobachtungshinweise der Planeten mit einem Fernrohr in seinem Kalender für 1664, als er auf den Merkur verwies: „Umb den 8. Februarii stehet Mercurius weit von der Sonnen/ da mag man des Abends/ wanns heller Himmel ist/ nach der Sonnen Vntergang nach ihm sehen wer helle Augen hat/ oder durch ein Perspectiv/ so wird man ihn zu Gesichte bekommen“ (Kalender für 1664, zweiter Teil, S. A3b).
Bei dem Drucker und Verleger Johann Bauer kam auch eine Kalenderreihe von → Michael Praetorius heraus, von der die Exemplare für 1669, 1676, 1678 und 1679 überliefert sind. Die Jahrgänge 1676 bis 1679 sind hinsichtlich des Inhaltes von Kalendarium und Prognostikum identisch mit den vorliegenden Exemplaren der Reihe von Johann Melchior Bauer; einzige Ausnahme ist, daß bei Praetorius im Kalendarium kleine Monatsbilder vorhanden sind. Der zweite Teil des Kalenders für 1669 von Michael Praetorius trägt den Verfassernamen → Christoph Praetorius, der als ein Pseudonym von Christoph Richter erkannt wurde. Auch aufgrund der zahlreichen theologischen Bezüge in den Kalendern ab 1670 ist nun denkbar, daß Richter hinter Michael Praetorius steckte und, weil dessen Kalender mit Bauers Kalendern identisch sind, damit auch ab 1670 die Kalender von Johann Melchior Bauer unter Beibehaltung dessen Namens fortgeführt hat. Solange hierfür aber kein eindeutiger Beweis aufgefunden wird, werden beide Namen (J. M. Bauer und M. Praetorius) als zu eigenständigen Personen gehörend betrachtet.

Titel:
(1) 1654–1667: Schreib=Kalender, Format 4°.
(2) 1670–1679: Leicht=verständiger Kalender vor den gemeinen Mann, Format 4°.
(3) [?]–1666–[?]: Schreib-Calender, Format 8°.
Druck und Verlag:
1654–1678: Johann Bauer, Leipzig, 1679: Johann Bauers Witwe, Leipzig.
Nachweis:
Herbst, 2008a, S. 70f. Herbst, 2014b, S. 390f. SHSTA Dresden (Ex. für 1666 der Reihe 3). VD17. CERL.
Online:
(1), (2) [06.05.2015].

Erstellt: 08.05.2015
Letzte Aktualisierung vor 20.01.2020: 08.07.2019
Letzte Aktualisierung nach 20.01.2020: 14.03.2023

bauer_johann_melchior.txt · Zuletzt geändert: 2023/03/14 14:12 von klaus-dieter herbst