Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


reisacher_bartholomaeus

Reisacher, Bartholomaeus

„Barptolomeus Reysacher auß Cärnten/ der Freyen Khünst vnn Ertney Doctor/ vnd Mathematicus zu Wien“; „der Ertzney Doctor/ auch ainer Ersamen Lanndschafft inn Cärntn bestelter Physicus“; „der freyen Kunst/ vnnd Ertzney Doctor/ auch Professor der Vniversitet zu Wienn“; „der freyen künst vnn Ertney Doctor/ Rö. Kay. Mt. etc. Hosspital Physicus/ Auch der Vniversitet zu Wienn verordneter Mathematicus“ (Selbstbezeichnungen auf den Titelblättern, zit. 1557, 1562, 1564, 1568)
* ca. 1527 Waldenstein/Kärnten, † 19.4.1574 Wien
Kalender seit 1554, erschienen bis 1578
Übernommene Reihe: → Schröter, Johann

Bartholomaeus Reisacher wurde ungefähr 1527 in Waldenstein in Kärnten geboren (zum Geburtsort vgl. den anderen Druck, Titel 3). Über die Eltern und Kindheit von Reisacher konnten keine biographischen Einzelheiten ermittelt werden. Im Wintersemester 1545 immatrikulierte er sich an der Universität Wien (Szaivert/Gall, 1971, S. 76 „Bartholomeus Reysacher quilibet 2 sol. den“, nachträglich hinzugefügt „Med. dr. et mathesos prof. caesareae hospitalis phisicis“). Aus dem Jahr der Immatrikulation wird auf das ungefähre Geburtsjahr 1527 geschlossen. Im Gleichen Semester 1545/46 begann auch Johann Schröter sein Studium in Wien, so daß sich beide schon damals kennengelernt haben werden. 1551 wurde Reisacher zum Magister promoviert und übernahm die durch Tod freigewordene Stelle des Mathematikprofessors Andreas Perlach (1490–1551), wofür er jährlich 80 Gulden bekam (Seethaler, 1982, Bd. 1, S. 375, Anm. 26). 1556 wurde Reisacher Doktor der Medizin. Nachdem er 1558 die Professur an der Wiener Universität niedergelegt hatte, um das „verwaiste elterliche Gut in Kärnten zu bewirtschaften“, änderte er 1561 erneut seinen Lebensplan und nahm die Stelle „eines landschaftlichen Physicus in Villach“ an (ebd., S. 119). 1563 ging er erneut nach Wien, übernahm wieder eine Mathematikprofessur und wurde Mitglied der medizinischen Fakultät. Als Arzt wirkte er mindestens seit 1567 im kaiserlichen Spital bei den Minoriten (Selbstbezeichnung auf dem Titelblatt des Kalenders für 1568). Er soll auch „Maximilian II. Leibarzt“ gewesen sein (Jöcher/Adelung, 1784, Bd. 6, Sp. 1740). Eine engere Beziehung muß zu Caspar Freiherr zu Herberstein bestanden haben, denn in seiner Widmung des Kalenders für 1562 an diesen schrieb Reisacher über sich und seine Brüder, daß „E. G. sondere vnn mer dann vätterliche gutwilligkait/ die meinem Brüdern von E. G. bewisen vnd erzaigt wirt […] Mit welcher E. G. nit allain in meinen Brüdern/ sonder auch mich mit aller dienstbarkait vnd schuldiger obseruantz mer verpflicht vnd verbindt“ (Kalender für 1562, zweiter Teil, S. A2b). Reisacher starb in Wien am 19. April 1574 (Seethaler, 1982, Bd. 1, S. 120; Seethaler wertete die biographischen Akten im Universitätsarchiv Wien aus).
Joseph Seethaler hat nachgewiesen, daß Reisacher ab dem Jahrgang 1554 die Kalenderreihe von Johann Schröter, der 1553 Wien verlassen hatte und nach Jena gegangen war, fortführte (Seethaler, 1982, Bd. 1, S. 119). Reisacher schrieb über den Beginn seiner Tätigkeit als Kalendermacher rückblickend: „Vnd als ich nach auffgerichter newer reformation der hochlöblichen Vniversitet alhie zu Wienn/ zu ainen/ wiewol vnwirdigen Professorem oder Lerer der Mathematischen Kunst für genumen vnd erkiest bin worden/ hab ich auch vnder andern diß mein ampt zusein geacht/ järlichen von zukhünfftigen zufällen dieser Welt/ welche vns durch mittel des gestirns vnd Himlischer influentz von Gott zugeschickt werden/ als vil menschlichem verstandt ergründlich/ zu prognosticiern/ auch hieraus Calender/ wie mans nennet/ zusamen klauben vnd machen/ welche fürwar zu rechter vnd ordenlicher handlung in diesen weltlichen sachen nit wenig nutz mit sich bringen“ (Kalender für 1558, zweiter Teil, S. A2b).
In der ÖNB Wien sind verschiedene Handschriften von Reisacher überliefert, z. B. die in Villach geschriebenen „Tabulae quantitatis dierum et noctium pro latitudine polari Pragae supputatae“ (ÖNB Wien, Cod. 10625 Han), das „Iudicium astrologicum nativitatis Caroli Austriae archiducis“ (Villach 1561, ÖNB Wien. Cod. 11525 Han) und das „Iudicia astrologica genethliacorum archiducum Austriae Maximiliani II. imperatoris filiorum et filiarum a. 1564“ (ÖNB Wien, Cod 10754 Han).
Die in Wien gedruckten deutschen und lateinischen Schreibkalender und Prognostiken wurden regelmäßig dem kaiserlichen Hof in Wien überbracht (vgl. z. B. Seethaler, 1982, Bd. 2, S. 548; siehe auch bei → Melchior Klaiber). Bemerkenswert ist ferner, daß auch Johann Friedrich (II.) der Mittlere, Herzog von Sachsen, ein Exemplar von Reisachers Kalendern samt Prognostikum für 1568 besaß (überliefert in der FB Gotha, Chart B 01444). Dieser Kalender ist der einzige überlieferte Kalender Reisachers im Sedez-Format. Der „Almanach“ enthält ein zweifaches Kalendarium (z. B. auf der Verso-Seite einen halben Monat Januar mit Monatsbild, die gegenüberliegende Seite ist die fast unbedruckte Schreibseite, dann wieder auf der Verso-Seite ein komplettes Kalendarium Januar und die gegenüberliegende Schreibseite), unbedruckte durchschossene Blätter und eine angehängte „Practica“ mit 17 Blättern, davon sechs Blätter Widmung an Herrn Urban, Abt des Klosters Melck. In der Widmung heißt es, der Abt sei den „Studiosis vnd freyen künst Liebhabern“ geneigt, „wie sich auch E. G. newlich verschinner zeit als ich diselbig ains mals besucht/ gegen mir insonderheit gantz gnädig vnd gutwillig erboten“ (S. D8a = Bl. 59r). Dieser Schreibkalender wurde als Tagebuch genutzt und enthält sehr viele handschriftliche Notizen.
Heute ist bekannt, daß vor Schröter (Kalender für 1551) und Reisacher (für 1554) bereits → Dionysius Sibenburger (für 1541), → Georg Seyfridt (für 1544) und andere Schreibkalender in quart und in oktav verfaßt haben. Aufgrund der Bedeutung der Kalenderart „Schreibkalender“ werden die überlieferten Exemplare von Reisachers Schreibkalendern hier gesondert aufgeführt, ebenso die Praktiken, die von Anfang an einem jeden Schreibkalender als zweiter Teil mitgegeben wurden.

Schreibkalender:
1557: Almanach, 4°, Druck Michael Zimmermann, Wien (SLA Graz, Kalender 1557; ÖNB Wien, Cod. Ser. n. 13078 Han)
1558: Almanach, 4°, Druck Michael Zimmermann, Wien (NB Prag, 14 G 164)
1561: Almanach, 4°, Druck Michael Zimmermann, Wien (StA Wertheim, G-Rep. 107, Nr. 1)
1562: Almanach, 4°, Druck Michael Zimmermann, Wien (ÖNB Wien, 304365-B)
1562: Almanach, 4°, Druck Michael Zimmermann, Wien (StiftsA Klosterneuburg; NB Prag, 14 G 164.adl. 2)
1564: Almanach, 4°, Druck Michael Zimmermann, Wien (ÖNB Wien, Cod. Vindob. 8270)
1568: Almanach, 16°, Druck Caspar Stainhofer, Wien (FB Gotha, Chart B 01444)
1569: Almanach, 4°, Druck Caspar Stainhofer, Wien (ÖNB Wien, 308830-B; ThStA Gotha, Geheimes Archiv E XVI Nr. 6)
1572: Almanach, 4°, Druck Caspar Stainhofer, Wien (StiftsA Klosterneuburg)
1575: Almanach, 4°, Druck Caspar Stainhofer, Wien (UB Wien, I 209.586 E.S.; BLB Eisenstadt, 10.300-A-P)

Prognostikum:
1557: Practica, 4°, Druck Michael Zimmermann, Wien (SLA Graz, Kalender 1557; ÖNB Wien, Cod. Ser. n. 13078 Han)
1558: Practica, 4°, Druck Michael Zimmermann, Wien (NB Prag, 14 G 164.adl. 1)
1560: Practica, 4°, Druck Michael Zimmermann, Wien (ÖNB Wien, 304.485-B.Rara.1560)
1562: Practica, 4°, Druck Michael Zimmermann, Wien (StiftsA Klosterneuburg; BSB München, Res/Astr. p. 208 r; ÖNB Wien, Cod. Vindob. 8276, Adl. 1; NB Prag, 14 G 164.adl. 3)
1563: Practica, 4°, Druck Michael Zimmermann, Wien (NB Budapest, Ant. 4634)
1564: Practica, 4°, Druck Michael Zimmermann, Wien (ÖNB Wien, Cod. Vindob. 8270)
1568: Practica, 16°, Druck Caspar Stainhofer, Wien (FB Gotha, Chart B 01444)
1569: Practica, 4°, Druck Caspar Stainhofer, Wien (ÖNB Wien, 304485-B.1569)
1572: Practica, 4°, Druck Caspar Stainhofer, Wien (StiftsA Klosterneuburg)
1575: Practica, 4°, Druck Caspar Stainhofer, Wien (UB Wien, I 209.586 E.S.)

Wandkalender:
1561: [Almanach], 2°, Fragment, Druck Michael Zimmermann (Seethaler, 1982, Bd. 2, S. 538, Nr. 93)
1562: Almanach, 2°, Druck Michael Zimmermann (ÖNB Wien, F 000018-B)
1563: [Almanach], 2°, Fragment, Druck Michael Zimmermann (Seethaler, 1982, Bd. 2, S. 546, Nr. 105)
1572: Almanach, 2°, Druck Caspar Stainhofer, Wien (ÖNB Wien, F 000022-C)
1573: Almanach, 2°, Fragment, Druck Caspar Stainhofer, Wien (BSB München)

Titel:
Deutsche Kalender mit Prognostikum:
(1) 1554–1578: Almanach [in Nachfolge von Johann Schröter], Format 4°.
(1a) 1554–1578: Practica [in Nachfolge von Johann Schröter], Format 4°.
(2) 1561[?]–1573[?]: Almanach, Einblattdruck, Format 2°.
(3) [?]–1568[?]: Almanach, Format 16°.
(3a) [?]–1568[?]: Practica, Format 16°.
Lateinischer Kalender mit Prognostikum:
(4) [?]–1571[?]: Ephemeris, Format 8°.
(4a) [?]–1571[?]: Prognosticon, Format 8°.
Druck und Verlag:
(1), (1a), (2) 1554–1566: Michael Zimmermann, Wien, 1567–1575: Caspar Stainhofer, Wien, 1576: Caspar Stainhofers Erben, Wien, 1577–1578: Michael Apffel, Wien.
(3), (3a), (4), (4a) Caspar Stainhofer, Wien.
Nachweis:
Seethaler, 1982, Bd. 2, S. 531, Nr. 80 und passim. NB Prag, 14 G 164 Ex. für 1558, 1562 der Reihe 1 und für 1558, 1562 der Reihe 1a), FB Gotha, Chart B 01444 (Ex. für 1568 der Reihen 3 und 3a), ThStA Gotha, Geheimes Archiv E XVI Nr. 6 (Ex. für 1569 der Reihe 1), StA Wertheim, G-Rep. 107, Nr. 1 (Ex. für 1561 der Reihe 1). VD16. CERL.
Online:
(1a) 1562 Prognostikum ,
(2) 1562, 1572 [17.02.2016].
Andere Drucke:
(1) De Nato Mvndi Salvatore Carmen Elegiacum, ad Venerabilem Dominum Vrbanum Sachsteterum uerbi diuini in Xenodochio Ciuium Viennensium, praeconem. Per Barptolomevm Reisachervm Carinthvm, […]. Wien 1550. SLUB Dresden, Lit. Lat. rec. A. 387,29.
(2) Doctorvm In Viennensi Academia Brevis Depictio. Autore Barptolomeo Reisachero Carintho. Wien 1551. SUB Göttingen, 8 HLP V, 612/10. BSB München, 4 L. imp. c. n. mss. 1038#Beibd. 2, online. ÖNB Wien, *38.E.115, online [17.02.2016].
(3) Epithalamivm Qvo Describitvr Trivmphvs Virtvtvm In Serenissimi Ac Potentissimi Sigismundi Augusti Regis Poloniae […] ac Illustrissimae Principis Catharinae, Archiducissae Austriae […] nuptijs celebratus. Autore M. Barptolomeo Reisacher Carintho ex Waltenstain. Wien 1553. ÖNB Wien, 40.T.18.
(4) De Trivmphali Salvatoris Nostri Iesu Christi Resurrectione Carmen. Wien ca. 1555. BSB München, P. o. lat. 1667 v, online [17.02.2016]. RSB Zwickau, 9.9.20.(6).
(5) Von dem newen vnerkhanten wunderlichen Stern/ so sich im nechstuerschinnen 1572. Jar erstlich erzeigt/ vnd noch alle Nacht scheinendt gesehen wirdt. Kurtzer Bericht […] sampt volgender Prognostication […]. Wien 1573. ZB Zürich, Ms F 22, S. 529–546 (Dr. 41).
(6) De Mirabili Nouae ac splendidiss: Stellae, Mense Nouembri anni 1572. primum conspectae, ac etiam nunc apparentis, Phoenomeno, Ivdicivm, Et Prognosticon Scriptvm […]. Wien 1573. HAB Wolfenbüttel, M: Ne 336. ÖNB Wien, 72.T.137 und 72.T.142. BSB München, ESlg/4 Astr. p. 371, online [17.02.2016].
Literatur (Auswahl):
Joseph Aschbach: Geschichte der Universität Wien. 3 Bände. Wien 1865–1898. Zu Bartholomaeus Reisacher: Bd. 3, S. 256–258.

Erstellt: 17.02.2016
Letzte Aktualisierung: 12.11.2019

reisacher_bartholomaeus.txt · Zuletzt geändert: 2019/11/12 08:20 von klaus-dieter herbst