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Hoffmann, Gottfried

„Gottfried Hoffmann/ Hirschb. Siles. Jur. & Mathem. Cultor & Minervii Laub. Collega“; „Hirschberga Silesio J. U. C. p. t. Lycei Laub. Lusat. Collega & Mathematicus“ (Selbstbezeichnungen auf den Titelblättern, zit. 1691, 1708)
* ca. 1660 Hirschberg/Niederschlesien, † nach 1741 Lauban/Oberlausitz
Kalender seit 1690, erschienen bis 1765

Gottfried Hoffmann wurde im niederschlesischen Hirschberg (poln. Jelena Góra) geboren. Über seine Eltern und Kindheit konnten keine Einzelheiten ermittelt werden. Im Sommersemester 1678 wurde er an der Universität Leipzig immatrikuliert (Erler, 1909, Bd. 2, S. 189 „Hoffmann Godfr. Hirschberg, dp. 22 gr. i S 1678 P12, 16 gr. i S 1678 P 52“) und studierte Rechtswissenschaften und Mathematik. Spätestens seit 1690 war er Lehrer (Kalender für 1691, Selbstbezeichnung in der Titelei) bzw. sechster Schulkollege am Lyzeum in Lauban (poln. Lubań), ca. 25 km östlich von Görlitz gelegen (Otto, 1800, Bd. 2, S. 143). Er ist nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Rektor des Lyzeums in Lauban; dieser Gottfried Hoffmann (1658–1712) wurde in Plagwitz bei Löwenberg/Schlesien geboren (ebd., S. 144).
Seit 1689 verfaßte der Jurist und Mathematiker Hoffmann Schreibkalender. In seiner ersten Kalenderreihe, die mit einem Exemplar für 1691 überliefert ist, brachte er drei Themengebiete unter, die ihn besonders interessierten (zu dem kirchengeschichtlichen Interesse vgl. die anderen Drucke). Bereits in seinen ersten Kalendern sprach sich Hoffmann deutlich gegen die astrologischen Deutungen aus. So behandelte er die Finsternisse nur astronomisch, ohne astrologische Wirkungen, und das Kapitel zum Säen und Pflanzen begann er 1691 mit den Worten: „Mir hat niemalen gefallen/ was dißfalls von den alten Astrologis abergläubisches eingeführet/ denn daß das Getreide/ und andere Früchte/ nebens ihrem Zuwachs/ so starck ins Gestirn verwickelt seyn solte/ ist neben dem/ daß es eine greuliche Albertät/ ein unwarhafft Vorgeben“ (Kalender für 1691, zweiter Teil, S. B4b).
Hoffmann nahm in seinen Kalendern auch zu aktuellen gesellschaftlichen Problemen Stellung. Zum Beispiel ging er im Kalender für 1694 in dem Kapitel „Erklärung des Juden= und Türcken=Calenders« (Astronomischer Schreib=Calender, zweiter Teil, S. B2b–4a) auf eine Zeitungsmeldung und das darin berührte Problem der Osterfestrechnung ein. Er schrieb: „Wir haben zeithero aus den Leipziger Zeitungen etliche mahl gelesen: daß sich der itzige Pabst sehr bekümmere/ weil wir Christen im Gregorianischen Calender und die Juden in diesem Jahr das Oster=Fest zu einerley Zeit feyern werden: dahero die Computisten von den Avisen=Schreibern beschuldiget worden/ samb gienge in unserm Oster=Fest ein Jrrthumb oder Fehler vor/ daß daher bald von einer Correction geschrieben worden: wie verhält sichs damit?“ (ebd., S. B4a–b). Hoffmann beantwortete diese Frage und betonte, daß es kein Fehler sei, sondern an den Vorschriften zur Ermittlung des Osterfestes liege. Er endete mit einem Gedanken zur religiösen Toleranz: „Und wenn wir auch mit den Juden zugleich Ostern hielten/ thäten wir darumb keine Sünde wieder Gott und sein Gesetz“ (ebd., S. B4b). Diese Stelle ist ein weiteres Beispiel für die Rezeption der Zeitung in einem Kalender (vgl. Herbst, 2011b).
Die Kalender von Hoffmann wurden auch im mitteldeutschen Raum von anderen Autoren wahrgenommen. So wurden → Gottfried Kirch in Leipzig zwei Hoffmannsche Kalender für 1692, gedruckt in Brieg (vgl. Reihe 3) und in Görlitz (vgl. Reihe 2), zugeschickt (Herbst, 2006, Bd. 2, S. 111). Über einen Fehler bei der Finsternisberechnung im Briegschen Kalender berichtete Kirch in seinem Schreibkalender für Schlesien, den er von → Johann Neubarth übernommen hatte. Hierbei stellte er die „Kalender=Frage. Woran ist in diesem 1692. Jahr zu erkennen/ welcher Kalender von seinem Verfertiger selbst gerechnet/ oder aus dem Argolo nur ausgeschrieben worden?“ (Johannis Neubarthii continuirter Schreib=Calender, zweiter Teil, S. B4a–b). Kirch weitete sein Kapitel der Finsternisse auf sieben Seiten aus (S. B4b–C3a) und rechnete ausführlich vor, um zu begründen, daß Hoffmann mit den im Briegschen Kalender nur vier gesetzten Finsternissen falsch lag, denn im Jahr 1692 seien fünf Finsternisse zu erwarten (vgl. auch die ausführliche Schilderung von Kirchs Briefpartner Gottfried Schultz in Breslau über Hoffmanns Kritik an „des ungenandten Neubartischen Continuatoris Krieges Capitul“ im Görlitzer Kalender, über die Schultz „hertzlich lachen müssen“ (Herbst, 2006, Bd. 2, S. 113, vgl. S. 125, 129, 139).
Gottfried Hoffmann verfaßte 1697 einen „Evangelische[n] Geschichts=Calender“ (anderer Druck, Titel 1) und einen „Curieuse[n] Geschichts=Calender“ (anderer Druck, Titel 2). Das sind keine Schreibkalender, sondern in Oktav gedruckte Abrisse der Leben Jesu Christi und Martin Luthers. Im VD17 werden diese Schriften dem Rektor Gottfried Hoffmann (1658–1712) zugeschrieben, nicht dem Kalendermacher und Lehrer Gottfried Hoffmann (ca. 1660–nach 1741). Daß aber der Kalendermacher der Verfasser ist, folgt zweifelsfrei aus der Selbstbezeichnung auf dem Titelblatt des ersten anderen Drucks: „Gottfried Hoffmann/ Cervimont. Siles. Lycei Laub. Lus. Collega & Mathem.“, vgl. die Selbstbezeichnungen bei den Schreibkalendern (Cervimont. = Hirschberg). Zum anderen reagierte der Verfasser in der Ausgabe des Jubeljahrs 1718 auf eine Schrift von Johannes Kraus, die erst 1716 herauskam (Kraus, 1716), als der Rektor Hoffmann bereits gestorben war, der Lehrer Hoffmann aber noch lebte und weitere Schreibkalender herausbrachte. Und drittens werden die beiden Drucke im Lexikon der oberlausitzischen Schriftsteller von Gottlieb Friedrich Otto dem Lehrer Hoffmann zugeschrieben (Otto, 1800, Bd. 2, S. 143f.), der diesen klar von dem Rektor Hoffmann unterschied und bei dessen Werken die „Geschichts=Calender“ nicht aufzählte (ebd., S. 144–152), sondern bei dem Lehrer Hoffmann (1699 sollen die beiden genannten Geschichts-Kalender in Bremen noch einmal in einem Band zusammen mit einem „Biblischen Geschichtskalender“ gedruckt worden sein).
Die vermutlich letzten von Gottfried Hoffmann selbst verfaßten Schreibkalender sind ein „Neu=eingerichteter Groß=Pohlnischer Haus= Wirthschaffts= und Artzney Calender“ für das Jahr 1742 (UB Warschau, 5.11.10.15./Cz, gesehen am 15. Dezember 2015 in Warschau) und ein „Historien=Calender“ für 1742 (MB Reichenfels-Hohenleuben, 8 M 51 Kal, gesehen am 9. Mai 2017). Noch bis für 1765 erschienen Schreibkalender unter Hoffmanns Namen (Ex. für 1757 bis 1765 der Reihen 5 bis 7 sind in der StB Bautzen überliefert).

Titel:
(1) 1690–1692[?]: Kirchen=Geschicht= und Astronomischer Schreib= Calender.
(2) [1692?]–1694[?]: Astronomischer Schreib=Calender.
(3) 1692[?]–1705[?]: Schreib=Calender.
(4) 1708[?]–1735[?]: Schreib=Calender.
(5) 1716[?]–1765: Haus= und Wirthschaftskalender.
(6) 1716[?]–1764[?]: Historienkalender.
(7) [?]–1762[?]: Schreib=Calender.
(8) [?]–1699–[?]: Curioser emblematischer Hand-Calender, Format 8°.
(9) [?]–1742: Groß=Pohlnischer Haus= Wirthschaffts= und Artzney Calender.
(10) [?]–1742: Historien=Calender.
(11) 1752[?]–1761[?]: Genealogischer Calender.
Druck und Verlag:
(1) Johann Christoph Brandenburger, Leipzig.
(2) [Christoph] Zippers Erben, Görlitz.
(3) 1692–[?]: Christian Jacob, Brieg, [?]–1705: Gottfried Gründer, Brieg.
(4) Felsecker, Nürnberg.
(5), (6), (7) 1716–1756[?]: ?, Bautzen, 1757[?]–1765: Christian Scholz, Bautzen.
(8) Jacob Koppmayer und Andreas Maschenbauer, Augsburg.
(9) Michael Lorenz Presser, Lissa.
(10) Johann Gottlieb Mauke, Schleiz.
(11) Christian Scholz, Bautzen.
Nachweis:
Herbst, 2008a, S. 108. Herbst, 2011a, S. 35. Matthäus, 1969, Sp. 1353. Otto, 1800, Bd. 2, S. 143f., Supplementbd., S. 176. StB Bautzen (Ex. für 1757, 1758, 1761, 1764 der Reihe 6, für 1765 der Reihe 5, für 1762 der Reihe 7). GWLB Hannover (Ex. für 1699 der Reihe 8, jetzt Verlust). UB Breslau (Ex. für 1705 der Reihe 3). Kalendersammlung Dr. Andreas Graf, Köln (Ex. für 1752 und 1761 der Reihe 11).
Online:
(4) 1708 [07.08.2015].
Andere Drucke:
(1) Evangelischer Geschichts=Calender/ unsers Erlösers und Seligmachers Jesu Christi/ des eingebohrnen Sohnes Gottes/ […]. Lauban 1697. FB Gotha, Theol. 8° 00230/03 (01). Das ist kein Schreibkalender, sondern ein in Oktav gedruckter Abriß des Lebens Jesu Christi.
(2) Curieuser Geschichts=Calender/ Des Hocherleuchteten und von Gott zur Verbesserung der Christlichen Kirchen auserwehlten Mannes D. Martini Lutheri, […]. Leipzig 1697 (und weitere Auflagen bis 1733). FB Gotha, Theol. 8° 00230/03 (03) und Biogr. 8° 01039/02 (04). Ausgabe 1718, SBPK Berlin, 1 an: Cm 2833-1(a), online [07.08.2015]. Das ist kein Schreibkalender, sondern ein in Oktav gedruckter Abriß des Lebens Martin Luthers.
(3) Biblischer Geschichts=Calender/ […]. [Kein Exemplar ermittelt, genannt in Otto, 1800, Bd. 2, S. 143.]

Erstellt: 07.08.2015
Letzte Aktualisierung vor 20.01.2020: 19.09.2019
Letzte Aktualisierung nach 20.01.2020: 20.06.2023

hoffmann_gottfried.txt · Zuletzt geändert: 2023/06/20 15:41 von klaus-dieter herbst