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Gigas, Johannes

„Iohannes Gigante, Med. vnd Mathematicus, Professor zu Steinfurt“; „Ioannes Gigante, sonsten Riese/ Doctor, Churfürstl. Cöllnisch. bestalter Medicus zu Münster“ (Selbstbezeichnungen auf den Titelblättern, zit. 1610, 1626)
* ca. 1582 Lüdge/Westfalen, † ca. 1637 Münster
Kalender seit 1610, erschienen bis mindestens 1639

Johannes (Michael) Gigas (Gigante, Riese, Reese) wurde etwa 1582 im westfälischen Lüdge bei Pyrmont geboren. Er ist nicht zu verwechseln mit dem in Nordhausen geborenen Theologen Johannes Gigas (1514–1581). Der Vater des Kalendermachers war der aus Horn (Lippe) stammende Schulmeister und lutherische Prediger Jacob Reese (gest. 1618) (Höting, 1991, S. 74). Über den Schulbesuch des Sohnes konnten keine Einzelheiten ermittelt werden. Am 13. April 1597 begann Johannes Gigas ein Studium an der Universität in Helmstedt (Zimmermann, 1926, S. 130 „Johannes Gigas, Luidensis [1597] April 13.“). Von dort ging er nach Wittenberg, wo er sich am 9. Juli 1599 in die Matrikel der Universität einschrieb (Förstemann, 1841, Bd. 2, S. 429 „[1599. Iulii] 9. Iohannes Gigas Ludensis Westphal.“). Ende 1600 kehrte er nach Helmstedt zurück und begann ein Medizinstudium (Zimmermann, 1926, S. 149), das er seit dem 12. Mai 1601 in Basel fortsetzte (Wackernagel, 1951, Bd. 2, S. 505 „[1601. Maii] 12. Johannes Gigas, Lugdensis Westphales – 1lb“). Bereits am 21. Dezember 1601 disputierte Gigas mit anderen „De Sanitatis ac Morbi Essentia“ (anderer Druck, Titel 1; vgl. Husner, 1942, S. 44). Von Basel aus zog Gigas weiter nach Italien und schrieb sich am 15. November 1602 in die Matrikel der Universität in Padua ein (Rosetti/Dosio, 1986, S. 125 „Iohannes Gigas Lugdensis Westphalus inclytae Germanorum nationi nomen suum, persolutis persolvendis, dedit 15 nonembris anno 1602“). Ein Jahr später, am 15./25. November 1603, folgte die Innauguraldissertation in Basel zu dem Thema „De Dysenteria“ (anderer Druck, Titel 3; vgl. Husner, 1942, S. 46). Die Schrift widmete er seinem Vater „Dn. Iacobo Giganti ministro verbi Divini in ecclesia Lvgdensi“. Für die Promotion zum Doktor der Medizin am 29. November 1603 verfaßte → Peter Ryff ein Einladungsschreiben (Ryff, 1603). Aus der Studentenzeit hat sich ein medizinisches Lehrbuch aus dem Besitz von Gigas erhalten („D. Alexii Pademontani de secretis libri septem, a Joan. Jacobo Veckero“, Basel 1563, in der UB Münster), das er im Juli 1599 von einem älteren Studenten in Wittenberg erworben hatte (Prinz, 1959, S. 20).
Zwischenzeitlich hatte Gigas am 25. September 1603 in Metelen (Westfalen) Maria von Dorsten (geb. ca. 1582), Tochter des Stiftsrentmeisters Ewald von Dorsten und dessen Frau Agnes von Münster, geheiratet (Höting, 1991, S. 74). Aus der Ehe gingen acht Kinder hervor: Anna (geb. 1604), Ewald (gest. 2.4.1670 oder 1671), Wilhelm Heinrich, Adolph, Magdalena, Amelia, Maria (getauft 23.3.1617), Johann (gest. um 1680) (ebd.).
Nach dem Studium wurde Gigas 1605 mit einem Jahresgehalt von 25 Reichstalern außerordentlicher Professor der Mathematik an der 1591 gegründeten protestantischen Hohen Schule in dem ca. 25 km nordwestlich von Münster gelegenen Steinfurt (Höting, 1991, S. 74). Am 12. März 1607 wurde diese Stelle umgewandelt in eine ordentliche Professur für Mathematik und Medizin mit einem Gehalt von jetzt 120 Reichstalern (ebd.). 1608 erhielt er ein Privilegium zum Betreiben einer Apotheke, für dessen Errichtung ihm die gräfliche Regierung 600 Reichstaler vorstreckte (Prinz, 1959, S. 23). Zu seinen Lehrverpflichtungen kam 1609 die Physik dazu. Obwohl er seit 1610 Prorektor der Hohen Schule war, bat er in einem Brief vom 31. Mai 1613 Graf Arnold Jost von Bentheim-Steinfurt (1580–1643) um Entlassung aus dem Schuldienst (überliefert im Fürstlichen Archiv Burgsteinfurt, siehe „Frühneuzeitliche Ärztebriefe“, Datenbank „Gigas, Johannes“), „war dann aber in seinem Professorenamt geblieben“ (Höting, 1991, S. 76). Erst weitere Streitigkeiten veranlaßten ihn, den Dienst endgültig zu kündigen. Seine Abdankung wurde für Michaelis 1614 angeordnet. Bis Ostern 1616 wohnte er noch in der Professorenwohnung in Steinfurt, mußte sie dann aber räumen, als sein Nachfolger auf dem Lehrstuhl, Heinrich Nolle, eintraf. Gigas siedelte mit seiner Familie nach Münster über, wo er und seine Kinder am 9. September 1622 eingebürgert wurden (Höting, 1991, S. 76; Prinz, 1959, S. 26).
Seit der Zeit in Münster trat Gigas als Kartograph einzelner westfälischer und angrenzender Territorien (Erzbistum Köln, Herzogtum Westfalen, Bistum Paderborn, Bistum Münster, Diözese Corvey, Bistum Hildesheim, Bistum Osnabrück; vgl. Bergmann, 2012, S. 13, 37) in Erscheinung. Daneben führte er seine ärztliche Praxis. Gigas erhielt die Titel eines Kurfürstlich-Kölnischen, Fürstlich-Osnabrückischen, Osnabrück-Verdischen und Mindischen Leibarztes (vgl. Prinz, 1959, S. 27). Er war Leibarzt des Bischofs Franz Wilhelm von Osnabrück, des Erzbischofs Ernst von Bayern in Münster und des Kurfürsts Ferdinand von Bayern. In Münster konvertierte Gigas zum katholischen Glauben (Höting, 1991, S. 76). Er starb ca. 1637 in Münster (vgl. Höting, 1991, S. 77).
Seit 1610 verfaßte Gigas Schreibkalender. Vom ersten Jahrgang ist ein fragmentarisches Exemplar in der Schloßbibliothek zu Burgsteinfurt überliefert (es fehlen die Blätter von der Schreibseite des Monats Mai bis zum Monatskalendarium September sowie von der Schreibseite des Monats Dezember bis zum Finsterniskapitel des Prognostikums; für das Aufspüren dieses Exemplars und für die am 4. Januar 2018 geschickte Kopie danke ich Dr. Gunnar Teske, LWL-Archivamt für Westfalen, Münster). Gigas widmete seinen ersten Kalender dem „Herrn Arnold Josten/ Graffen zu Bentheim/ Tecklenburg/ Steinfurt vnd Limburg“ usw. (Kalender für 1610, S. A1b). Die Schreibseiten enthalten sehr viele handschriftliche Notizen.
Gigas’ Kalenderreihe soll „noch lange nach seinem Tode unter seinem Namen erschien[en]“ sein (Prinz, 1964, S. 391). Neben dem großen Schreibkalender verfaßte Gigas auch den kleinen „Münsterschen Almanach“ (Prinz, 1959, S. 24).

Titel:
(1) 1610–[?]: Schreÿbkalender. 1625[?]–1639[?]: Schreib Kalender, Format 4°.
(2) [?]–[?]: Münsterscher Alamanch, Format 8° oder 16°.
Druck und Verlag:
(1) 1610–[?]: Theophil Caesar, Steinfurt, 1625[?]–1628: Michael von Dale, Münster, 1629–1639: Bernhard Raesfeldt, Münster.
(2) ?, [Münster?].
Nachweis:
Herbst, 2008a, S. 91 (Ex. für 1626). Prinz, 1959, S. 24 und Höting, 1991, S. 77 (Ex. für 1610 in der Schloßbibliothek zu Burgsteinfurt; genauer: Fürstliche Bibliothek Burgsteinfurt, Sign. B 9). HA Köln (Ex. für 1625–1631, 1636, 1638, 1639). VD17. CERL.
Andere Drucke:
(1) (Disputation) Johann Nicolaus Stupanus (Praeses), Wenceslaus Cavinus, Jacob Behrnauer, Johannes Gigas (Respondenten): Pathologiae Pars Prima. De Sanitatis ac Morbi Essentia, primisque Morborum Generib. 21.12.1601. Basel. BSB München, Diss. 2262, 16. Und in anderer Bibliothek.
(2) (Disputation) Johann Nicolaus Stupanus (Praeses), Johannes Gigas (Respondent): Conclusiones Medicae De Oblivione Sev Laesa Memoria. 13.9.1602. Basel. BSB München, Diss. 2262, 20. Und in anderer Bibliothek.
(3) (Disputation) Johannes Gigas: Dispvtatio Medica De Dysenteria […] Pro Gradv Doctorali Et Svmmis in arte Medicâ privilegijs acquirendis. 15.11.1603. Basel. UB Erlangen, H00/DISS. A. S 1038. Online [23.02.2017].
(4) (Disputation) Johannes Gigas (Praeses), Hermann Rapp (Respondent): Disputatio Physiologica, De Oßibus Humani Corporis. Steinfurt 1609. UB Erfurt, LA. 4° 00235 (11). (5) (Disputation) Johannes Gigas: Enchiridion Disputationum Physiologicarum, Quas De Fabrica Humani Corporis In Illustri Arnoldino, quod est Steinfurti, publici exercitii gratiâ proposuit. Joannes Gigas Med. D. et Mathem. Professor. Steinfurt 1612. FB Gotha, Med. 8° 00031/01 (03).
(6) (Disputation) Johannes Gigas (Praeses), Petrus Stroer (Respondent): Problemata Philosophica De Globo Terreno, Ejusque Accidentibus […]. Steinfurt 1613. UB Erfurt, LA. 4° 00235 (10).
(7) Enchiridion Sphaericvm, Id Est, Systema Cosmographicvm Compendiosvm, Continens vtriusque globi, caelestis et terrestris accuratam descriptionem, in gratiam eorum, qui ad solidam Astronomiae et Geographiae cognitionem aspirant, Libris Dvobvs Adornatvm: Avtore Joanne Gigante Medicinae Doctore, & Mathematum in illustri Schola Steinfurtensi Professore. Hannover 1615. HAB Wolfenbüttel, 345 Quod. (2). Online [23.02.2017]. Und in anderen Bibliotheken.
(8) (Atlas) Prodromvs Geographicvs hoc est Archiepiscopatvs Coloniensis Annexarvmq[ue] Et Vicinarvm Aliqvot Regionum descriptio nova. [Köln] 1620. Provinzialbibliothek Amberg. Reprint Bottrop 2012 (Bergmann, 2012).
Neben den hier aufgeführten Disputationen nennt Ingeborg Höting einen Sammelband mit 9 medizinischen Disputation (gedruckt in Steinfurt) der Respondenten Johannes Westenberg 2x, Johannes Stark, Johannes Fr. Vietor, Johannes Crass, Johannes Rusius, Hermann Wellemeyer, Nicolaus von Felligen, Gerl. Molitor, Heinrich Luthmann (Höting, 1991, S. 77f.).
Literatur (Auswahl):
Joseph Prinz: Johann Gigas (Riese). In: Westfälische Lebensbilder. Bd. 8. Münster 1959, S. 17–36.
Joseph Prinz: Art. „Gigas (eigentliche Riese), Johann“. In: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 390f.
Ingeborg Höting: Die Professoren der Steinfurter Hohen Schule. Steinfurt 1991 (= Steinfurter Schriften 21). Zu Johannes Gigas: S. 74–78.
J. Engel: Die Karten d. J. G. v. Fürstbistum Münster. In: Westfälische Forschungen 12, 1959, S. 45–61.
Werner Bergmann (Hrsg.): Johannes Gigas. Neue Beschreibung des Erzbistums Köln und seiner angrenzenden Gebiete. Der erste Atlas Nordrhein-Westfalens aus dem Jahre 1620. Bottrop 2012.

Erstellt: 15.03.2017
Letzte Aktualisierung vor 20.01.2020: 14.08.2019
Letzte Aktualisierung nach 20.01.2020: 05.05.2022

gigas_johannes.txt · Zuletzt geändert: 2022/05/05 11:53 von klaus-dieter herbst