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Tancke, Joachim

„M. Ioachimus Tanckius, Perlebergensis“; „Astronom. et Medicinae Studios. zu Leipzig“; „Astron. Studios. & Medic. Bacular.“; „der Ertzney Licentiat, vnd Profess. publ. zu Leipzig“; „Philosoph. & Med. Doct. & Profess. publ. in der Vniversitet Leipzig“ (Selbstbezeichnungen auf den Titelblättern, zit. 1586 (zweiter Teil), 1588 (zweiter Teil), 1590 (zweiter Teil), 1591, 1597 (zweiter Teil))
* 7.9. oder 9.12.1557 Perleberg/Mark Brandenburg, † 17.11.1609 Leipzig
Kalender seit 1586, verfaßt bis 1599

Joachim Tancke wurde am 7. September oder 9. Dezember 1557 in Perleberg in der Mark Brandenburg geboren (Görmar/Heinze, 2017, S. 4). In Perleberg war der Familienname Tancke weit verbreitet (vgl. Benzenhöfer, 1987, S. 12f. mit Verweis auf die Kirchenvisitationsregister der Stadt Perleberg, gedruckt in Herold, 1929). Tancke studierte zunächst seit 1574 an der Universität in Frankfurt an der Oder (Friedländer, 1887, Bd. 1, S. 236 „[1574.] Joachimus Tancke Perlebergensis“). Bereits dreißig Jahre früher wurde in Frankfurt ein namensgleicher Joachim Tancke aus Perleberg immatrikuliert, der später Doktor der Medizin wurde (ebd., S. 91). Dieser ältere Tancke könnte der Vater des hier zu behandelnden jüngeren Tancke gewesen sein. In Wittenberg setzte der Jüngere seit dem 19. Mai 1579 sein Studium fort (Förstemann, 1841, Bd. 2, S. 282 „[1579. Maius.] 19. Ioachimus Tankius Perleberg.“). Im Sommersemester 1582 wechselte er an die Universität in Leipzig (Erler, 1909, Bd. 1, S. 459 „Tanck, Ioach. Perleberg. 10 gr. 6 d. i S 1582 S 24“), wo er am Tag des Herbstäquinoktiums 1582 zum Baccalaureus promoviert wurde. Zu Beginn seines Aufenthaltes in Leipzig mußte sich Tancke als Hauslehrer bei dem Bürger Hans Schwarz ein Zubrot verdienen (Benzenhöfer, 1987, S. 68, Anm. 11). An der Universität folgten die Promotionen zum Magister der Freien Künste im Wintersemester 1583, zum Baccalaureus der Medizin am 23. Januar 1589, zum Licentiaten der Medizin am 20. Mai 1591 und zum Doktor der Medizin am 26. September 1592 (ebd.). Auf die Medizin hatte sich Tancke spätestens 1586 gelegt (Benzenhöfer, 1987, S. 11 mit Verweis auf Tanckes Prognostikum für 1588). Tancke lehrte an der Leipziger Universität als Professor für Poesie (seit 1589) und für Anatomie und Chirurgie (seit 1595, vgl. den anderen Druck, Titel 5; Ernennung zum Professor am 31.12.1594, siehe Benzenhöfer, 1987, S. 11). Tancke wurde auch zum kaiserlichen Poeten gekrönt, vermutlich 1589 (Flood, 2006, Bd. 4, S. 2052). Er starb am 17. November 1609 in Leipzig (Jöcher, 1751, Bd. 4, Sp. 997).
Nach Tanckes Tod erschien in Berlin ein Druck von einem Joachim Tancke „Perlebergensis“, der nicht zu verwechseln ist mit dem Leipziger Professor, denn er bezeichnete sich als „Mitdiener am Wort Gottes doselbst zu Putlitz“ (Tancke, 1615, Titelblatt; im VD17 werden beide nicht unterschieden). Dieser Pfarrer Joachim Tancke in Putlitz wird ein Verwandter des Professors Joachim Tancke in Leipzig gewesen sein. Der Pfarrer Tancke studierte seit dem Wintersemester 1588 in Leipzig und wurde am 20. März 1596 zum Baccalaureus promoviert (Erler, 1909, Bd. 1, S. 459).
Ein vierter Joachim Tancke war der Sohn des Medizinprofessors. Er wurde im Sommersemester 1593 an der Leipziger Universität immatrikuliert, als sein Vater gerade Rektor war (Erler, 1909, Bd. 1, S. 459 „Tanck, Ioach. Lipsien. fil. meus (Rectoris Ioach. Tanckii) n. 10 gr. 6 d. i S 1593 M 1“). Über Tanckes Familie könnte die Leichenpredigt auf Tancke den Älteren (Werdenhagen, 1610) weiteren Aufschluß geben. Tancke war verheiratet mit Justina Schreyvogel (1570–1606), Tochter des Dresdner Bauschreibers Joachim Schreyvogel (1541–1599) (Kühlmann/Telle, 2013, Bd. 3.2, S. 1003; CERL).
Tanckes Schriften weisen ihn als Astronom, Kalendermacher, Dichter, Arzt und Alchemist aus. In seinen letzten Lebensjahren widmete er sich vor allem der paracelsistischen Chemiatrie und damit im Zusammenhang der Herausgabe alchemistischer Bücher. Als Mediziner trat er gegen „die aristotelisch-galenistische Ärzteschaft“ auf und „als ein entschiedener Anwalt einer paracelsisch inspirierten Alchemica medica hervor“ (Telle, 2009, S. 426). Er versuchte die aristotelisch-galenische Medizin „mit der paracelsistischen Lehre zu verknüpfen“ (Wollgast, 2013, S. 776; vgl. Benzenhöfer, 1987, S. 37). Wie sich dieser Versuch in seinen Kalendern und Prognostiken von 1586 bis für 1599 (für 1599 überliefert in der MB Halle, R 3.71 (44)) darstellte, wurde noch nicht analysiert.
Von der Korrespondenz Tanckes sind 24 Briefe erhalten (vgl. „Frühneuzeitliche Ärztebriefe“, Datenbank „Tancke, Joachim“), darunter aus den Jahren 1607 bis 1609 zehn Briefe an → Johannes Kepler und ein Brief von Kepler (gedruckt in KGW, Bd. 16), in denen es um die Drucklegung von Kometenschriften Keplers in Leipzig ging (vgl. Benzenhöfer, 1987, S. 18f.). Sechs Briefe mit Bezug zur Alchemie sind veröffentlicht in Kühlmann/Telle, 2013, Bd. 3.2, S. 1013–1061).
Tancke wies die Leser seiner Kalender stets darauf hin, daß man den Zustand des kommenden Jahres aus der Himmelsfigur zum Frühlingsanfang nicht gewiß vorhersagen kann: „Dieser eingang der Sonnen/ ob er nach dem Tag des Monats nit vnbewust/ dennoch kan man nit gewiß/ weder aus dem Calculo Alphonsino noch Prutenico, die stunde vnd minut/ on welch kein rechte figura coeli kan auffgericht werden/ desselben eingangs halben/ sintemal wir noch nit gewiß den lauff der Sonnen erfahren“ (Kalender für 1588, zweiter Teil, S. A3a). Zur Unterstreichung dessen stellte Tancke die Ergebnisse seiner Rechnungen nach verschiedenen astronomischen Tafeln vor, z. B. rechnete er den Winterbeginn am 11. Dezember 1588 nach den Daten von Erasmus Reinhold d. Ä., Cyprian Leowitz, Johann Stadius und Georg Peurbach (Kalender für 1589, zweiter Teil, S. A2a; vgl. Kalender für 1598, zweiter Teil, S. A2a–b).
In dem Prognostikum für 1597 (S. E1a–b) berichtete Tancke über seine Beobachtungen der Kometen von 1585 und 1596 (Komet C/1585 T1, Komet C/1596 N1, vgl. Kronk, 1999, S. 324, 329).

Titel:
1586–1599: Allmanach vnd Schreib=Calender.
Druck und Verlag:
1586: Druck Andreas Petri, Eisleben, Verlag Johann Börner, Leipzig, 1587: Zacharias Berwaldt, Leipzig, 1588[?]–1596: Johann Beyer, Leipzig, 1597–1599: Druck Vincent Strach, Leipzig, Verlag Nicol Nerlich, Leipzig.
Nachweis:
Zinner, 1941/64, S. 290, Nr. 3244 (Prognostikum für 1586) und passim. ZKAAD, 1987–1993, Teil 4, S. 327, Nr. 4027 (Prognostikum für 1586) und passim. Benzenhöfer, 1987, S. 42 (Kalendarium für 1589 in der National Library of Medicine, Bethesda, Maryland; Kalendarium für 1595 in der British Library London). Ergänzung: StGM Leipzig, I K 1019 (Kalendarium für 1596). VD16. VD17. CERL.
Online:
1591 Kalendarium, 1592 Prognostikum, 1597 Prognostikum [04.11.2016].
Andere Drucke (Auswahl):
Ein fast komplettes Werkverzeichnis bietet Benzenhöfer, 1987, S. 39–57. Darin wird unterteilt in I. Gelegenheitsgedichte (10), II. Mathematica (8, darunter 2 Kalender und 5 Prognostiken für 1586 bis 1597), III. Medizinische Schriften (6), IV. Alchemica – Ausgaben (15), V. Varia (8, darunter Stammbucheinträge und die Briefe an Joseph Duchesne, Johannes Kepler, Martin Ruland und Gregor Horst) und VI. Dubia (4).
(1) Trivmphvs Sancti Michaelis Archangeli, Qvem De Diabolo Et Eivs Sociis Egit. Leipzig 1583. HAB Wolfenbüttel, 240. 27 Quod. (3). (Nicht aufgeführt in Benzenhöfer, 1987.)
(2) (Disputation) De Halone capita quaedam Dispvtatione Ordinariae, In Schola Physica Celeberrimae Academiae Lipsiensis publicè proposita, Ad diem XI. M. Aprilis […] 1584. A M. Joachimo Tanckio Perlebergensi Marchiaeo. Leipzig. RSB Zwickau, 12.9.39.(16). (Nicht aufgeführt in Benzenhöfer, 1987.)
(3) (Pro-Loco-Disputation) Disputatio De Stellis Pro Loco, Vt Vocant, In Inclyta Communicate Collegij Philosophici, celeberrimae Academiae Lipsiensis suscepta. Leipzig 1586. UB Erlangen, H61/TREW.Fx 373/375. (Benzenhöfer, 1987, Nr. II.2.)
(4) De Insignibvs Et Symbolo Reuerendi & Clarissimi viri Dn. Simonis Gedicci, Theologiae Licentiati; & Illvstrissimo Atqve Generosißimo Principi, ac Domino, Dn. Ioachimo Friderico, Primatus ac Archiepiscopatus Magdeburgensis Administratori, Marchiae Brandenburgensis & Borussiae Duci, &c. à Sacris Concionibus & Consilijs Ecclesiasticis. Carmina. In quibus De Summi gradus in S.S. Theologia Titvlo Et Insignibvs à Reuerendo & amplissimo Collegio Theologico, ad 14. Calend. Nouemb. Anni 1592. […]. Leipzig 1592. ULB Halle, Nv 1996 (41). Online [04.11.2016]. Und in anderen Bibliotheken. (Nicht aufgeführt in Benzenhöfer, 1987.)
(5) (Disputation) Joachim Tancke (Praeses), Johann Forquer (Respondent): De Cheirvrgia Dispvtatio Pvblicata Et Ordinaria Institvenda In Schola Medica Celeberrimae Academiae Lipsiensis. Leipzig 1595. ULB Leipzig, Nic. 1548/13. Online [04.11.2016]. (Benzenhöfer, 1987, Nr. III.3.)
(6) (Disputation) Joachim Tancke (Praeses), Georg Feige, Andreas Emmen, Johannes Kögler (Respondenten): Analysis Exegetike [griech. Typen] Primi membri libri […] Hippocratis In Capita Ordinariae Dispvtationis Tribvta. 22. April 1602. Leipzig. SLUB Dresden, Coll. diss. B. 23, misc. 32. Online [04.11.2016]. Und in anderer Bibliothek. (Nicht aufgeführt in Benzenhöfer, 1987.)
(7) De Lapide Philosophico Tractatvs Gemini, Prior, Anonymi, Posterior, Pauli Eck de Sultzbach […]. Frankfurt am Main 1604. BSB München, Alch. 315#Beibd. 1, online und Alch. 277, online [04.11.2016]. (Benzenhöfer, 1987, Nr. IV.1.)
(8) Succincta et brevis Artis Chemiae Instrvctio. Das ist Volkommner gründlicher Bericht der rechten vnd waren Alchimey/ aus warhafftigem Fundament vnd Schrifften der Philosophen beydes Particulariter vnd Vniversaliter Philosophischer weise erkleret vnd zusammen getragen/ hierbevor von einem wolerfahrenen Philosopho hinderlassen. Nunmehr männiglichen vnd insonderheit der Chimischen Künste Liebhabern in Druck verfertiget. Leipzig 1605. HAB Wolfenbüttel, Xb 7218 (1). Und in anderen Bibliotheken. (Benzenhöfer, 1987, Nr. IV.6.)
(9) Alchimistisch Waitzenbäumlein/ Das ist: Vom Stain der Weisen. Ein wolgegründtes Philosophisch Gesprech Vaters vnd Sohns. Von einem Christlichen Philosopho beschrieben. Nunmehr den Filijs Doctrinae publicirt, vnd in Druck verfertiget. Leipzig 1605. FB Gotha, Math 8° 00917/02 (01). Und in anderen Bibliotheken. (Benzenhöfer, 1987, Nr. IV.5.)
(10) (Disputation) Joachim Tancke (Praeses), Philipp Müller (Respondent): De Phlegmone γενικώς Ex sententiâ Galeni l. 2. ad Glauconem, Philosophum Platonicum, Pars Prima […] Disputationis Ordinariae. 7. April 1608. Leipzig. SBPK Berlin, Jx 5651. Und in anderen Bibliotheken. (Benzenhöfer, 1987, Nr. III.6.)
(11) Panegyricum De Ivris Et Legvm Lavdibvs, In honorem Quinque Virorum genere & virtute, jurium cognitione, & experientiâ praestantissimorum L. Casparis Ivngermanni Lipsiensis. L. Gabrielis Tincelii Halensis. L. Friderici Georgii L. Sigismvndi Finckelthavs L. Friderici Scipionis Lipsiensium. Cum Ivris Vtrivsqve Doctores renunciatione publicâ rearentur atque inaugurarentur, In celeberrimâ Academiâ, quae est Lipsiae, III. Calend. M. Aprilis, Anno […] M.DC.IX. Leipzig 1609. ULB Halle, Pon IIk 206, QK, online. FB Gotha, Diss. phil. 8° 00200 (49), online [04.11.2016]. Und in anderen Bibliotheken. (Nicht aufgeführt in Benzenhöfer, 1987.)
(12) Promptuarium Alchemiae, Das ist: Vornehmer gelarten Philosophen vnd Alchimisten Schriffte vnd Tractat/ von dem Stein der Weisen/ sammt künstlichen Alchimistischen Handgriffen/ vnd bewerten schönen bereitungen allerley Artzeyen […]. Leipzig 1610. FB Gotha, Math 8° 00903/03 (01). (Benzenhöfer, 1987, Nr. IV.15.)
Literatur (Auswahl):
Johann Angelius von Werdenhagen: (Gelegenheitsschrift: Gedenken) Кωλίτης funebris, In memoriam Ioachimi Tanckii, Medic. Lips. & Chim. Clarissimi, Magnifico & Clarissimo Martino Rvlando, Consiliario, Med. & Chim. Caesareo, Consecratus. Altenburg 1610. UB Leipzig, St. Thomas. 606/14. Und in anderen Bibliotheken.
Udo Benzenhöfer: Joachim Tancke (1557–1609) Leben und Werk eines Leipziger Paracelsisten. In: Paracelsus und Paracelsisten Vorträge 1984/85. Salzburger Beiträge zur Paracelsusforschung 25 (1987), S. 9–81.
Joachim Telle: Art. „Tancke, Tanckius, Joachim“. In: Wilhelm Kühlmann (Hrsg.): Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2., vollständig überarbeitete Auflage. 13 Bände. Berlin 2008–2012. Hier: Bd. 11 (2009), S. 426f.
Siegfried Wollgast: Art. „Tancke, Joachim“. In: Neue Deutsche Biographie, Bd. 25 (2013), S. 775f.
Gerhard Görmar und Wolfgang Heinze: Joachim Tancke (1557–1609) – Profes¬sor der Medizin und Chi¬rurgie, Paracelsist, Astronom, Poet sowie Rektor der Universität Leipzig. In: Mitteilungen Nr. 25 (2017) der Fachgruppe »Geschichte der Chemie« in der Gesellschaft Deutscher Chemiker, S. 3–30.

Erstellt: 08.11.2016
Letzte Aktualisierung: 15.01.2020

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