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Sattler, Georg Christian

„Georgius Christianus Sattler/ Philo-Mathematicus“ (Selbstbezeichnung auf dem Titelblatt, zit. 1663)
* ?, † ?
Kalender seit 1663, verfaßt bis 1681

Über Georg Christian Sattler konnten keine biographischen Einzelheiten ermittelt werden. In den Kalendern selbst gibt es nur wenige autobiographische Stellen, die aber kaum etwas über die Person aussagen. Einmal schrieb Sattler über den Erhalt einer Zeitung (Nachricht): „im Anfang Mart. 1666. als ich mit dieser Materi umbgegangen/ kommet die Zeitung aus Wien de Dato 26. Febr. (8. Mart.) daß am selbigen Tage ein grosses Donnerwetter mit Blitzen entstanden/ in den hohen Thurn [sic] S. Stephani geschlagen […]“ (Kalender für 1667, zweiter Teil, S. C2a–b). Im gleichen Kalender ging Sattler auf eine Reaktion über seinen Kalender für 1665 ein. Darin hatte er „die Auslegung des Schlüssels über das 1665. Jahr“ gebracht. „[W]eiln ich mich aber mit der Materi zu weit eingelassen/ und ich aus gedruckten Scartecken vernommen/ daß ein berühmter und hochgelehrter Herr in einer berühmten Universität/ wider meinen ausgelegten Schlüssel über die rothgedruckte Prognostica meiner Calender/ gar hönisch ist/ in dem er mit diesen Worten heraus bricht: Worzu dienet der Schlüssel/ wann das Thor schon offen ist? […] aber weil er eines hohen Alters/ und gleichsam darinnen kindisch“, wolle er diesmal darauf nicht reagieren (ebd., zweiter Teil, S. D4b). Mit dem hier erwähnten alten und hochgelehrten Herrn an einer Universität könnte → Abdias Trew an der Universität in Altdorf gemeint sein. Noch einmal erwähnte Sattler den Erhalt einer Nachricht: „dann in dem ich eben an dieser Materi schreibe/ nehmlich den 6. (16.) August. 1674. bekame ich Schreiben“ über Unwetter in Frankfurt am Main, in Amsterdam, Utrecht, Straßburg, Rotenburg und in Thüringen (Kalender für 1676, zweiter Teil, S. B3a).
Die den Kalendern von Sattler beigegebenen Texte besitzen häufig erzählenden Charakter. Dabei ging Sattler auch auf aktuelle politische Ereignisse ein. Einen Höhepunkt stellt in dieser Beziehung der Kalender für 1679 dar, in dem Sattler die Figur des „Ratio-Status“ einführte (Quellenzitat 1) und dieser eine „Erzehlung zum Ersten Traum=Gesichte“ beginnen ließ (Kalender für 1679, Kalendarium, S. A3a). Darin bot Sattler dem Leser eine – in einen Traum verpackte – politische Analyse der von Frankreich ausgehenden Kriegsgefahr für das Deutsche Reich. (1674 war auf dem Reichstag der Reichskrieg gegen Frankreich proklamiert worden.) Er räsonierte unter anderem, daß der französische König bald die Macht der deutschen Fürsten beschneiden wird (Quellenzitat 2). Und Weil diese zum Teil die kaiserlichen Truppen nicht ausreichend unterstützten, schloß Sattler: „Meinem Urtheil nach/ dürffte es die jenige Stände/ so annoch das Zusehen gehabt/ schlecht antreiben/ das Ihrige gebührlich beyzutragen/ sondern lieber singen: Ist dir wol/ so bleib davon/ daß du nicht kriegest bösen Lohn.“ Dennoch hoffte Sattler, daß „die Oberhäupter […] endlich mit ihren grossen Schaden nach der Verbesserung trachten“ werden (Kalender für 1679, zweiter Teil, S. C3b). Im Kalender des Folgejahrs wurde die politische Analyse fortgesetzt.
Die Erzählerfigur „Ratio-Status“ und dessen „Traum=Gesichte“ erinnert an die „Wunderliche und warhafftige Gesichte Philanders von Sittewald“ (Pseudonym von Johann Michael Moscherosch). Auf diesen Philander wird in mehreren Schreibkalendern um 1670 Bezug genommen (siehe im Portal historischer Kalender unter dem Schlagwort „Schriftsteller des Barock“).

Titel:
(1) 1663–1681: Schreib=Calender und Allmanach.
Druck und Verlag:
Endter, Nürnberg.
Nachweis:
Herbst, 2008a, S. 142. Matthäus, 1969, Sp. 1360. Endter, 1784. VD17. CERL.
Online:
(1) [30.06.2016].
Quellenzitate:
(1) „Wohl=geneigter Leser! Wider meinen Willen muß ich mein Vorhaben von der Beschreibung deß H. Landes zurückstellen/ und an Statt dessen die heutiges Tages in der Europaeischen Welt überall zu Hause sich einfindenden/ so genannten Ratio-Satus, wegen jetziger ZeitLäufften nachdenckliche und Politische träumende Gesichter vorstellen. Wem nun mein Namen Ratio Status nicht recht bekandt ist/ der verfüge sich zu jetzigem König in Franckreich/ in die Schule/ der wird meines Thuns und Wesens erlernen/ was Einige längsten gewünscht/ oder vielmehr nicht gewust haben.
Ich will auch hoffen/ es wird Niemand einigen Unwillen über mich fassen/ daß ich der neu=begierigen Welt diese träumende Schwätz=Gesichter offenbahret/ viel minderer bey Einigen einen unverdienten Zorn oder Haß erwecken/ sintemahl es nur ein nichtiger Traum ist. […] Schreite also im Anfang meiner Erzehlung zum Ersten Traum=Gesichte.“ (Georg Christian Sattler: Schreib=Calender und Allmanach für 1679, Kalendarium, S. A3a).
(2) „O Ihr Teutsche Fürsten/ entdecket Euch endlich der vorgezogenen Larven (und schauet recht zu/ ob Ihr eurer über allzu grossen Freyheit unter den Flügeln deß frommen Adlers nicht mißbrauchet! […] Der König Ludwig wird Euch das DEI gratia bald beschneiden/ und eure Häubter darzu gewehnen/ daß Ihr seinen eingebohrnen Printzen/ gleich/ in seiner Gegenwart/ auch von ferne dieselbe/ ohne Bedenckung praesentiret. Er wird schon besser die reichs=Cassa anzufüllen wissen/ und wird Euch lehren/ daß Ihr alles das Jenige gar gerne thut/ was Ihr gezwungen thun müsset. Sic volo, sic jubeo wird es heissen; Denen Reichs= und Crays=Tägen (wo er sie anderst noch einmahl gestattet) wird er eben so viel Krafft zulassen/ als seinen Frantzösischen Parlaments=Häusern/ die nur den Schatten voriger Authorität führen.“ (Georg Christian Sattler: Schreib=Calender und Allmanach für 1679, Kalendarium, S. D1a).

Erstellt: 30.06.2016

sattler_georg_christian.txt · Zuletzt geändert: 2017/02/08 20:38 von klaus-dieter herbst