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Wittich, Johann Alexander

„M. Ioh: Alexand: VVittichius. Soranus, Med: & Mathes. amator“; „[…] Philomathematicus & Medicinae Studiosus“ (Selbstbezeichnungen auf den Titelblättern, zit. 1605 zwei Prognostiken)
* 10.6.1575 Sorau/Lausitz, † 1644/45 Sankt Veit an der Glan/Kärnten
Kalender seit 1597 [?], verfaßt bis mindestens 1608

Johann(es) (Alexander) Wittich wurde am 10. Juni 1575 (dieses Datum nennt Burr, 1971, S. 176) in Sorau (poln. Żary) in der Lausitz geboren (Sora wurde gleichbedeutend verwendet, davon abgeleitet die Herkunftsbezeichnung Soranus oder Soraviensis). In den Matrikeln kann kein aus Sorau stammender Student mit dem zweiten Vornamen Alexander nachgewiesen werden (deswegen wird dieser Name in Klammern gesetzt), lediglich zwei Studenten namens Johannes Wittich aus Sorau. Hier wird angenommen, daß der Kalendermacher Johann Alexander Wittich mit dem jüngeren Johannes Wittich identisch ist (Begründung folgt unten). Dieser absolvierte sein Studium seit 1592 zunächst in Frankfurt an der Oder (Friedländer, 1887, Bd. 1, S. 371 „[1592] Johannes Wittiche Soraviensis“). Am 9. Oktober 1596 wurde er an der Universität Wittenberg immatrikuliert (Förstemann, 1841, Bd. 2, S. 435 „[1596 Octobris] 9. Iohannes Wittichius Soraviensis“). Ein älterer Johannes Wittich aus Sorau wurde 1566 an der Universität Wittenberg immatrikuliert (Förstemann, 1841, Bd. 2, S. 96 „[1566 Martio] 15. Ioannes Vetigk Sorauiensis“). Dieser ältere könnte der Vater von dem 1592 in Frankfurt an der Oder immatrikulierten Studenten Johannes Wittich gewesen sein. Der aus Sorau stammende ältere Johannes Wittich ist nicht zu verwechseln mit dem in Weimar geborenen Johannes Wittich (1537–1596), der in Jena und Wien Medizin studierte und zuletzt als Leibarzt des Grafen von Schwarzburg in Arnstadt wirkte (Jöcher, 1750/51, Bd. 4, Sp. 2034).
Von Johannes Wittich hat sich ein handschriftlich geführtes Tagebuch erhalten (überliefert in der Bibliothek des Augustiner-Chorherrnstifts Vorau in der Steiermark; Hinweis darauf in Burr, 1971, S. 176). Diese Notizen wurden bereits 1876 publiziert (Kernstock, 1876). Aus ihnen gehen weitere biographische Einzelheiten zu Wittich hervor (im folgenden entnommen aus Burr, 1971). So studierte er nach seinen Aufenthalten in Frankfurt an der Oder (1592) und Wittenberg (1596) auch in Prag (Matrikel nicht eingesehen). Danach wohnte er seit dem 24. Juli 1602 in Deggendorf in Bayern, wo er am 21. Oktober 1603 die aus Vilshofen stammende Jacobina Guttmeierin (gest. 12.5.1637) heiratete. Aus dieser Ehe gingen die Kinder Philipp (geb. 12.11.1604), Maria Lucia (geb. 13.12.1605), Benignus (geb. 28.11.1616, gest. 14.12.1625), Domitilla und Theodora (Zwillinge, geb. 22.3.1620, Domitilla starb am 12.8.1620, Theodora am 17.3.1641) hervor. Am 26. Oktober 1605 verließ Wittich Deggendorf und zog nach Osterhofen, kehrte aber am 9. Februar 1609 nach Deggendorf als Stadtarzt („pro medico civitatis ordinario“) zurück. Am 27. Mai 1612 verließ er Deggendorf endgültig und kam am 20. Juni 1612 in Ellwangen an, wo er eine Anstellung als Arzt des Propstes Johann Christoph von Westerstetten fand. Am 26. September 1620 verließ Wittich auch Ellwangen wegen drohender Kriegsgefahr und siedelte erst nach Vilshofen und dann erneut nach Osterhofen über. Am 23. August 1623 wurde Wittich erneut Leibarzt, diesmal beim Bischof von Passau. Zu Beginn der 1630er Jahre verließ Wittich Passau und ging nach Klagenfurt in Kärnten. Dort wirkte er als Arzt und Bibliothekar. 1636 wechselte er noch einmal den Wohnort, denn in St. Veit an der Glan in Kärnten wurde er zum Stadtarzt berufen. Nach dem Tod seiner Frau am 12. Mai 1637 heiratete Wittich am 27. Januar 1641 erneut. Die letzte Eintragung in das Tagebuch ist die über den Tod seiner Tochter Theodora am 17. März 1641. Wittich starb etwa 1644/45 in St. Veit (Tersch, 2013, S. 54).
Von Wittichs Schaffen als Kalendermacher sind nur zwei Prognostiken für 1602 („Practica Astrologica“ und „Prognosticon Astrologicum, Oder Practica“) und das Fragment eines Einblattkalenders für 1608 überliefert. Die „Practica Astrologica“ für 1605 widmete er den Herren „Domprobst/ Domdechant/ Seniori, vnd andern ansehenlichen Herrn Capitularn des Fürstlichen Hochstiffts Paßaw“ (Titelblatt). Die Widmung schrieb er zu „Deckendorff/ Die 14. Aprilis, Annj 1604“ (S. A4b) – das ist der entscheidende erste Hinweis darauf, daß der Kalendermacher Johann Alexander Wittich identisch ist mit dem am 24. Juli 1602 nach Deggendorf gezogenen Arzt Johannes Wittich (vgl. oben). Der zweite Hinweis darauf ist ein von Wittich an Michael Mästlin (1550–1631) geschriebener Brief, den er am 3. Februar 1619 in Ellwangen verfaßte und mit „Iohan. Alexand: Wittichius, Soranus, D.“ und damit zweifelsfrei auch mit seinem zweiten Vornamen unterschrieb (vgl. „Frühneuzeitliche Ärztebriefe“, Datenbank „Wittich, Johann Alexander“).
In der „Practica“ betonte Wittich, daß er zu jenen Kalendermachern zu zählen sei, die die Astrologie so anwenden würden, daß „gewieses auff alle tag geschlossen werden könne/ vnd wir nit für dise angesehen/ als erdichteten wir die im Schreibkalender auff alle tag verzaychneten mutationes aurae, wie dann warlich gar gemain bey etlichen jetzt lebenden Calendariographis, wie ich/ wann es von mir erfordert wurde/ von acht Jaren her gar leichtlich darthun mag“ (S. B1a). Aufgrund dieser Äußerung wird vermutet, daß Wittich bereits seit 1597 Kalender verfaßt hatte, weil er 1604 das Kalenderwesen schon das achte Jahr beobachtet hat. Er könnte somit während seines Studiums in Wittenberg (1596) damit begonnen haben. Daß Wittich tatsächlich zu seinen Prognostiken jeweils ein Kalendarium, also einen Schreibkalender verfaßte, folgt auch aus dem Schluß im „Prognosticon“, wo er hinsichtlich des Zusammenhangs von Fruchtbarkeit und Wetter meinte, daß die Ernte von Obst und Wein im künftigen Jahr 1605 nicht so reichlich ausfallen werde „wegen deß wetters/ so sich zu disen Erdgewächsen vntauglich im Aprill vnd May begibt/ wie im Schreibkalender auff alle tag verzeichnet/ zu finden ist“ (S. D2a).

Titel:
(1) 1605[?]–[1608?]: Schreibkalender [kein Exemplar ermittelt], Format 4°.
(2) 1608: Kalender, Einblattdruck [Fragment].
Druck und Verlag:
(1) Mattheus Nenninger, Passau.
(2) Konrad Kürner, Salzburg.
Nachweis:
BSB München, Res 4 Astr.p. 516,24 und Beibd. 1 (Reihe 1, vgl. Zinner, 1941/64, S. 335, Nr. 4073, 4074; nicht in Herbst, 2008a). ÖNB Wien (Reihe 2). VD17. CERL.
Online:
1605 Practica und Prognosticon [23.12.2015].
Literatur:
Viktor Burr: Der Arzt Joannes Wittichius und Ellwangen – Eine Miszelle. In: Ellwanger Jahrbuch 14 (1971), S. 176–178.

Erstellt: 06.01.2016

wittig_johann_alexander.txt · Zuletzt geändert: 2016/01/07 08:23 von klaus-dieter herbst