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Limmer, Augustin

„Pfarrer zu Wahren bey Leipzig/ der zugelassenen Physiognomiae und Astrologiae Beflissenen“; „P. L. C. Mathematicus und Historicus, Pfarrer zu Wahren“ (Selbstbezeichnungen auf den Titelblättern, zit. 1649, 1659)
* 1609 Schönborn bei Triptis, † 1661 Wahren bei Leipzig
Kalender seit 1649, verfaßt bis 1660

Augustin Limmer war ein Sohn des Pfarrers Augustin Limmer d. Ä. (1578–1660), der von 1606 bis 1660 als Pfarrer zu Schönborn und Ottmannsdorf, beides Dörfer bei Triptis, tätig war (vgl. Groß, 1727, Bd. 3, S. 191). Der jüngere Limmer besuchte 1624 das Thomasgymnasium (Grünberg 1939/40, Bd. 2, S. 532) und seit 1626 die Universität in Leipzig, wo er 1630 den Magistergrad erlangte (Erler, 1909, Bd. 1, S. 265 „– Augustin. Tripticens. u. 12 gr. i S 1626 M 9, iur. ao. 1630 M. A. Corvino“). Nach dem Studium bezog er 1633 das Pfarramt in Dewitz und schließlich 1637 das in Wahren, beides Vororte von Leipzig (Grünberg, 1939/40, Bd. 2, S. 532; vgl. Pfarrerbuch Sachsen, Bd. 5, S. 385 mit den Angaben nicht zu diesem, sondern zu dessen Sohn gleichen Namens). Im Kalender für 1654 unterzeichnete er die Dedikation als Pfarrer „zu Wahren und Lindenthal“ (Kalendarium, S. A1b). Die Adressaten dieser Widmung geben zugleich Aufschluß über Limmers Familie: der Vetter Christoph Limmer („auff Zeilsdorff Erbsassen u. J. U. Doctori, […] Consistorial-Rath zu Gera“), der Vater Augustin Limmer d. Ä. (der „Inspection zu Neustadt an der Orla Senior, und wol verdienten Pfarrern zu Schönborn im 48. Jahre/ seines Alters im 76.“) und der Bruder Christoph Limmer („Not. Publ. Caes. Jur. Practico, auch […] Gleitsverwaltern zu Gera“).
Aus einer überlieferten Leichenpredigt erfährt man von Limmers Ehefrau Maria (1617–1651), geb. Döring aus Taucha (Mülmann, 1652). Dem dieser Predigt beigegebene Lebenslauf (S. E4b–F2a) liefert weitere biographische Details: Heirat am 23. Nov. 1633 in Dewitz, 5 Söhne und 1 Tochter, 3 Söhne und die Tochter waren 1651 noch am Leben. Die dieser Schrift angehängten Trauergedichte stammen von dem Vetter Christoph Limmer in Zeilsdorf (S. F3b), dem Vater August Limmer d. Ä. (S. F4a), dem nachgeborenen Sohn („Agnatus“) Ambrosius-Gottfried Limmer, Pfarrer in Nienburg an der Saale (S. F4a), dem Bruder Christoph Limmer in Gera (S. G1a), dem Schwager und Vetter Christoph Höfer, Pfarrer in Pillingsdorf (S. G2a), dem Schwager David Schilling, Prediger in Münchenbernsdorf (S. G2b), dem Bruder Paul Limmer in Poschwitz bei Altenburg (S. G3a), dem erstgeborenen Sohn August Limmer (S. G4a) sowie von Christoph Knauer, Student der Theologie (S. G3b). Somit können von dem Kalendermacher August Limmer d. J. (II) neben der Gattin Maria und dem Vater Augustin d. Ä. (I) auch zwei Brüder, Christoph und Paul, sowie zwei Söhne, Augustin (III) und Ambrosius-Gottfried, benannt werden. Der Sohn Augustin Limmer (III) wurde 1660 Substitut und 1662 Pfarrer in Liebschütz bei Oschatz (Pfarrerbuch Sachsen, Bd. 5, S. 385).
Auf den Titelblättern ab 1651 bezeichnete sich Limmer auch als kaiserlich gekrönter Poet. Eine weitere autobiographische Notiz hinterließ Limmer im Kalender für 1652. Innerhalb der Ausführungen zur Physiognomie schrieb er von zwei seiner Lehrer, „dem weitberühmten Theologo Heinrico Höpffnero, D. und Professore zu Leipzig/ wie auch M. Bartholomaeo Majero SS. Theol. Bacc. und Diacono zu S. Niclas in Leipzig/ derer als meiner sonderlichen Patronen und Praeceptoren ich billich in allen Ehren gedencke“ (ZT, S. A4b).
Der Pfarrer und Kalendermacher Augustin Limmer d. J. bietet die Gelegenheit, auf eine Nahtstelle zwischen den verschiedenen frühneuzeitlichen Medien hinzuweisen, bei der sich Autoren, Drucker und Verleger in mehreren Bereichen betätigt haben. Beispielsweise verfaßte Limmer nicht nur den „Kirchen= und Haus=Kalender“, sondern seit 1658 auch mehrere Fortsetzungen „Der Zehen=Jährigen Historischen Relation/ Gregorii Wintermonats/ Das ist: Warhafftige Beschreibung aller denckwürdigen Historien/ Handlungen/ und Geschichten/ so seithero […] sich zugetragen […] aus den einkommenden Zeitungen/ auch Particular=Schriften mit Fleiß zusammen getragen“, das sind die Leipziger Meßrelationen. Politische Informationen aus diesen Relationen verwendete Limmer auch in seinen Kalendern. So füllte er das damals umstrittene Kapitel „Von Krieg und Frieden“ statt mit den traditionellen astrologischen Mutmaßungen mit zahlreichen Meldungen über die politische Entwicklung in Europa des Vorjahres (vgl. z. B. im Kalender für 1657, zweiter Teil, S. C3b, wo Limmer auch Quellenverweise anbringt, z. B. „vide Rel. Hist. pag. 14“).
In der „Continuatio V. […] so seithero des verflossenen Leipziger Oster=Marckts/ bis auff den ietzigen Michaelis=Marckt des 1660. Jahrs“ heißt es am Schluß mit Bezug auf Limmers Tätigkeit als Kalendermacher: „NB. WEil Idioten/ Vngelehrten und Vnerfahrnen nachgesehen wird/ daß sie Calender drucken und drucken lassen/ viel fictis nominibus/ oder die längst verstorben/ ausgegeben werden/ und solches zu hoher Beschimpffung der edlen Kunst und aller Gelehrten gereichet/ als habe ich/ wiewol ungern/ keinen Calender mehr schreiben wollen/ welches dem Leser zur Nachricht hierbey gesetzet“ (Limmer, 1660, S. 80). Hier liegt der seltene Fall vor, in dem ein Kalendermacher ankündigte, daß er keine Kalender mehr herausbringen werde. Und tatsächlich ist für 1661 kein Kalender von Limmer bekannt, so daß jener für 1660 der letzte seiner Reihe ist (vgl. Herbst, 2008a, S. 228f.).

Titel:
(1) 1649–1660: Der Grosse Kirchen= und Haus=Kalender.
Druck und Verlag:
1649–1654, 1656–1657: Thimotheus Ritzsch, Leipzig, 1655, 1658–1660: Johann Bauer, Leipzig.
Nachweis:
Herbst, 2008a, S. 120. VD17. CERL.
Online:
(1) [12.06.2014].
Andere Drucke:
(1) Newes Prognosticon, Auff das Jahr Christi M. DC. XLVII. gerichtet: […] calculirt/ vnd gestellet in einer Newen JahrsPredigt von Augustino Limmero, Pfarrern zu Wahren/ vnd der zugelassenen Physiognomiae vnd Astrologiae Beflissenen. Leipzig [1646]. FB Gotha, Math 4° 00096-96a (04). (2) Augustini Limmeri Continuatio I. Astrologischer Anmerckungen/ Sammt Historischer Relation Europeischer Händel/ Was nemlich nicht allein an Gewitter/ sondern auch andern denckwürdigen Historien in Europa/ fürnemlich aber in Teutschland sich fast von Tag zu Tage hin und wieder begeben und zugetragen im Aprili, Maio, Iunio, Iulio und Augusto dieses 1651sten Jahrs. Allen Liebhabern der Astrologie und Historien zur Nachricht/ Nutz und Belustigung mit Fleiß gestellet und auffgezeichnet. Leipzig 1651. SBPK Berlin, Qh 3065. (3) Continuatio […]. Der Zehen=Jährigen Historischen Relation/ Gregorii Wintermonats/ Das ist: Warhafftige Beschreibung aller denckwürdigen Historien/ Handlungen/ und Geschichten/ so seithero des verflossenen Leipziger Neuen Jahrs=Messe/ bis auf den itzigen Oster=Marckt des 1658. Jahrs hin und wieder in der Welt/ fürnemlich aber im Heiligen Römischen Reich sich zugetragen/ fast von Tage zu Tage/ benebenst den Astrologischen Anmerckungen/ Allen Liebhabern der Historien zur Nachricht/ Nutz und Belustigung/ aus den einkommenden Zeitungen/ auch Particular=Schriften mit Fleiß zusammen getragen/ observiret und in öffentlichen Druck verfertiget durch Augustinum Limmerum, P. Laur. Caes. Astrologum und Historicum. Leipzig 1658[–1662].
Literatur:
Christian Mülmann: Praeludium & Praemium Christianorum. […] Bey Christlicher und Volckreicher LeichenBestattung/ Der Erbahren unnd EhrenTugendsamen Frauen Marien/ Des Ehrwürdigen/ Achtbarn und Wolgelahrten Herrn Augustini Limmeri, P. L. Caes. Wolverordneten/ getreuen Pfarrs und Seelsorgers der Christlichen Gemeine zu Wahren und Lindenthal vielgeliebten HausEhre. […]. Leipzig 1652. SUB Göttingen, 4 CONC FUN II, 117 (43). Leichenpredigt auf Limmers Frau Maria (1617–1651) mit Lebenslauf und Trauergedichten. Online [12.06.2014].

Erstellt: 12.06.2014
Letzte Aktualisierung vor 20.01.2020: 22.10.2019
Letzte Aktualisierung nach 20.01.2020: 29.11.2021

limmer_augustin.txt · Zuletzt geändert: 2021/11/29 14:37 von klaus-dieter herbst