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Gärtner, Johann Georg

„Johann Georg. Gärtner. PCL & p t E.“; „Der hohen Astronomischen Kunst sonderbahrer Geflissener“ (Selbstbezeichnungen auf den Titelblättern, zit. 1667 Kalendarium und zweiter Teil)
* 16?? Fraustadt/Schlesien, † nach 1690 Woitsdorf oder Pangau/Schlesien
Kalender seit 1666, verfaßt bis mindestens 1678

Johann Georg Gärtner war ein kaiserlich gekrönter Dichter („PCL“ = Poeta Caesareus Laureatus) und Pfarrer („p t E“ = plenissimo titulo Ecclesiastes, mit voller Anrede Prediger), was die in den Kalendern enthaltenen Verse und der teilweise geistliche Ton in den Texten unterstreichen. Im Sommersemester 1666 schrieb Gärtner sich in die Matrikel der Universität Leipzig ein (Erler, 1909, Bd. 2, S. 123 „Gärtner, Joh. Geo. Gynecopolitan. Siles. dp. 22 gr. i S 1666 P 59“). Aus diesem Eintrag geht dessen Geburtsort Fraustadt (lat. Gynecopolis, heute poln. Wschowa) in Schlesien hervor. Daß er 1690 noch lebte, folgt aus seinem Eintrag am 10. Juni 1690 in das Stammbuch von Georg Götzel (HAAB Weimar, Stb 672, S. 297). Er unterschrieb als „Pastor in Woitzdorff et Pangau“. Die kleinen Orte Woitsdorf (poln. Wojciechów) und Pangau (poln. Pagów) in Schlesien liegen südöstlich von Oels (poln. Olesnica).
Daß diese Kalenderreihe bereits für das Jahr 1666 erschienen war, folgt aus Gärtners Notiz im Kalender für 1667: „Freundlicher Leser! Habe vorm Jahre am ende dieses Theils erwehnet […]“ (zweiter Teil, S. C3a). Vermutlich erschien auch der Jahrgang 1679, denn er wurde im Kalender für 1678 auf der letzten Seite des Kalendariums angekündigt („Künfftiges 1679te Jahr sol hier von ein mehrers folgen“). Dieses zweite überlieferte Exemplar bringt in der Textspalte des Kalendariums Gesundheitsregeln und Anweisungen zur Herstellung von Arznei. Es könnte sein, daß dieser Kalender zu einer zweiten Kalenderreihe von Gärtner gehörte, zumal Gärtner den Verleger gewechselt hatte.
In dem Kalender für 1678 setzte sich Gärtner mit den neuen Ansichten über Kometen auseinander. Anlaß war ein im Frühjahr 1677 erschienener Komet (vgl. Kronk, 1999, S. 364–367). Bedeutsam an diesem Text ist, daß den Lesern mit Verweis auf die gesammelte „Erfahrung“ vermittelt wurde, daß Aristoteles jetzt nicht mehr als Autorität in solchen Fragen heranzuziehen sei, stattdessen seien zwei andere Meinungen aktuell, von denen er die eine für richtig hält (Quellenzitat).

Titel:
(1) 1666–[1669?]: Schreib-Calender. [1670?]–1678: Gesundheit= Erhaltungs=Calender.
Druck und Verlag:
1666–[1669?]: Martha Hertz, Erfurt, [1670?]–1678: Johann Bernhard Michael, Erfurt.
Nachweis:
Herbst, 2008a, S. 90. VD17. CERL.
Online:
(1) [24.11.2014].
Quellenzitat:
„Wegen noch übrigen Raums berichte den G. L. von der Natur und Substantz des Cometen/ so den 21. April. im verwichenen 1677sten Jahre gestanden. Hier sind nun unter denen Gelehrten mancherley Meynungen: Was Aristoteles das Haupt aller Philosophorum zu seiner Zeit hiervon gelehret/ daß nemlich die Cometen nur Meteora oder Lufftzeichen/ welche aus Schwefelichten/ Salpeterischen und Irdischen Materien herkommen/ in die öberste Lufft gezogen/ und darinnen brennend würden/ solches wird heutiges Tages nicht mehr angenommen; Weil die Erfahrung uns gelehret/ daß die Cometen mehrentheils über dem Mond zu stehen pflegen. Unter denen neuesten sind vornemlich zweyerley Meynungen: Etliche halten davor/ daß die Cometen bey Erschaffung der Welt von Gott dem Herrn erschaffen worden/ zu dem Ende/ daß Er sie zu gewissen Zeiten der Welt vor Augen stellete/ wenn er ihr etwas sonderliches Gutes oder Böses anzeigen wollte. Die andern bilden ihnen ein/ als wären die Cometen nur Himmels-Wolcken/ welche von allen Welt=Cörpern/ Sonne/ Mond und Sternen gezeuget würden/ in dem grossen Welt=Raum des Himmels zusammenführen/ und von der Sonnen ihr Liecht empfingen. Dieser Meynung bin ich auch fast selbst/ und halte davor/ daß Göttliche Allmacht solche Wolcken oder Dünste alsdann sonderlich zusammen fahren/ und durch der Sonnen=Schein sichtbar werden lasse/ wann er uns etwas sonderliches andeuten solle. Den Schweiff anlangend/ ist bekannt/ daß er stets von der Sonnen abgekehret/ daraus nicht allein gewiß zu schliessen/ daß der Comet seinen Schein von der Sonnen erlange/ sondern auch zu muthmassen/ daß der Strahl eine Abbildung der SonnenStrahlen in unserer Lufft. Betrachtet man den Lauff und Ort des Himmels/ dieses und derer beyden nechst vorhergehenden Cometen/ so dörffte man wol in die Gedancken gerathen/ ob wäre ein Comet ein kleiner Welt=Cörper/ mit überaus grossen Dünsten ümbgeben/ welcher seinen Lauff umb ein gantz weit abgelegenes Centrum hätte/ und weil der Cörper so klein/ und die Dünste so groß/ als könten die Strahlen wol hindurch fahren/ und in unserer Lufft einen Strahl abbilden. Aber es bleibet wol bey Gedancken/ wir werden die Wunder des Höchsten nicht alle in dieser Sterbligkeit ergründen. Unser Wissen ist in diesem Fall nur Stückwerck.“ (Johann Georg Gärtner: Gesundheit= Erhaltungs=Calender für 1678, zweiter Teil, S. C2b).

Erstellt: 24.11.2014
Letzte Aktualisierung: 13.08.2019

gaertner_johann_georg.txt · Zuletzt geändert: 2019/08/13 14:34 von klaus-dieter herbst