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Fülle, Johannes

„Johannes Fülle Weidensis, der Astronomischen Kunst Liebhaber“ (Selbstbezeichnung auf dem Titelblatt, zit. 1647)
* ca. 1577 Weida, † 7.7.1668 Plauen
Kalender seit 1624, verfaßt bis 1663

Der aus Weida im Vogtland stammende Johannes Fülle studierte 1605 an der Universität Leipzig (Erler, 1909, Bd. 1, S. 124 „Fülle, Joh. Weiden. n. 8 gr. i S 1605 M 133“). Das Geburtsjahr 1577 wurde aus der autobiographischen Angabe auf dem Titelblatt des zweiten Kalenderteils für 1662 abgeleitet („seines Alters im fünff und achtzigsten Jahr“). An gleicher Stelle setzte Fülle fort: „in stellung seiner Calender 39. Jahr“, sodaß der erste Kalender von Fülle für das Jahr 1624 erschienen sein muß. Den 40. Jahrgang widmete Fülle den Bürgermeistern der Stadt Freiberg, wobei er in der Unterzeichnung wiederum Autobiographisches mitteilte: „dediciret Von Johanne Fülle/ W. altem 49. Jährig=gewesenen Kirch= und Schuldienern/ der Astronomischen und freyen Künste beflissenen/ im 86. Jahr seines Alters/ wohnhafftig zu Plauen“ (Kalender für 1663, zweiter Teil, S. A1b). Bereits auf dem Titelblatt des Kalenders für 1662 gab Fülle seinen Wohnort Plauen an, wo er bereits am 4. Januar 1643 das Bürgerrecht „gratis vnd vmbsonst“ erhalten hatte, weil er dem Plauener Rat „daß vergangene vnd heürige iahr seine Calender dediciret“ hatte (Stadtarchiv Plauen, Bürgerbuch 1570–1654, Bl. 226v; vgl. Quellenzitat). Davor war er „Diener der Schulen zu Koßka“, gemeint ist das heutige Unterkoskau (mit dem eingemeindeten Oberkoskau) unweit der Stadt Tanna im thüringischen Schiefergebirge (Kalender für 1637, zweiter Teil, S. A1b). Als er am 8. Juni 1650 Christian Köhlas „Hauß, Hoff, vnd Gärtlein vorn Straßberger Thor über der Obermühl gelegen“ für 45 Gulden und einen Reichstaler Herdgeld (für Köhlas Frau) kaufte, war er Schulmeister im vor Plauen gelegenen Straßberg (Stadtarchiv Plauen, Gerichtsbuch Nr. 390, Bl. 196v). In diesem Zusammenhang wurde auch von „Fülle vnd seinen Erben“ geschrieben.
Über die familiären Verhältnisse von Johannes Fülle ist nichts bekannt. Der Familienname Fülle ist in Weida bis 1587 zurückzuverfolgen. Damals gab es einen „Gastwirt Hans Fülle“ (Häßner, 2008, S. 58). Ebenfalls ein Hans Fülle ist für 1655 nachweisbar, von dem ein Sohn auch Johannes hieß und am 5. Februar 1655 getauft worden ist (Ev.-luth. Kirchgemeinde Weida, Kirchenbuch 1633–1655, S. 39b, Nr. 8 „Den 5 [Februarij 1655] ist gedauft ein Sohn Johannes pater Hanns Fülle we[iß]gerber“). Aufgrund des Vornamens ist es denkbar, daß der Kalendermacher Johannes Fülle aus der Familie des Gastwirtes Hans Fülle stammte. Im Weidaer Kirchenbuch sind weitere Personen mit dem Namen Fülle nachweisbar, z. B. ein Caspar Fülle (gest. 14. April 1674, ebd., Kirchenbuch 1674–1684, S. 285, Nr. 8), von dem 1640 die Tochter Sara am 26. Februar 1640 getauft worden ist sowie am 20. September 1653 und 19. April 1655 die Töchter Margarethe und Maria heirateten (ebd., Kirchenbuch 1633–1655, S. 18b, Nr. 5, S. 30a, Nr. 5, S. 31b, Nr. 5).
In dem Gerichtsprotokoll zum Hauskauf von 1650 wird Fülle auch als „Buchtrucker“ bezeichnet (Stadtarchiv Plauen, Gerichtsbuch Nr. 390, Bl. 196v). Der Kalendermacher und Schulmeister war damit gleichzeitig Plauens erster Drucker (die neuere Literatur zur Druckgeschichte kennt Fülle nicht, vgl. zu Plauen Reske, 2007, S. 773, Reske kennt die ältere Literatur nicht: Neupert, 1918, S. 88; Steube, 1973, S. 64; Fröhlich, 1983, S. 58). Eine 1647 erschienene Schrift des Plauener Stadtarztes Georg Leißner soll von Fülle gedruckt worden sein (Neupert, 1918, S. 89). Der vermutlich einzige erhaltene und zweifelsfreie Druck aus der Druckerei von Fülle ist die „Feuer=Ordnung der Stadt Plauen im Voigtlande/ verneuert. Anno 1654. Plauen/ Gedruckt bey Johann Füllen/ Im Jahr Christi/ 1654.“ (Stadtarchiv Plauen, Sign.: O.u.h.v. K 13, Nr. 12). Der zweite Plauener Drucker Johann Christian Meisse hat nach Fülles Tod 1668 das Gebetbuch „Der Gottesfürchtigen Seelen Welt=Valet“ herausgegeben, das hinterlassen wurde „von Johann Fülle/ alten 50. Jährig gewesenen Schul= und Kirchen=Diener/ und freyer Künste Liebhabern zu Plauen“ (Titelblatt). Da sich Fülle 1662 (siehe Kalender für 1663) in seinem 49. Dienstjahr befand, muß er 1663 im hohen Alter von 86 Jahren den Schuldienst quittiert haben.

Titel:
(1) 1624–1663: Der grosse Schreib=Calender.
Druck und Verlag:
[1624]–[1629?]: ?, [1630?]–1637[?]: Druck Melchior Göpner, Zwickau, Verlag Johannes Fülle selbst, [1638?]–1649: Georg Beuther d. Ä., Freiberg, 1650–1663: Melchior Göpner, Zwickau.
Nachweis:
Herbst, 2008a, S. 89. VD17. CERL.
Online:
(1) [10.07.2014].
Andere Drucke:
(1) Calendarium Generale Perpetuum. Ein Allgemeiner Calender/ auff alle vnd jede Jahr/ biß man schreibet Tausend vnd Neunhundert Jahr/ in vier Theil vnterschieden/ jederman nützlich zugebrauchen. […] nach dem Alten Calender Männiglichen zu Nutz vnd Gebrauch in diese Ordnung mit Fleiß verfasset. Durch Johannem Fülle Weidensem. 1637. Gedruckt zu Zwickaw/ bey Melchior Göpnern. Vnd in Verlegung des Authoris. FB Gotha, Math. 4° 00177/03 (1) [(2) ist der Kalender für 1637].
(2) Der Gottesfürchtigen Seelen Welt=Valet: Das ist: Wie ein Christ sich täglich Morgens und Abends Gott befehlen/ in seinem Christenthumb aus GOttes Wort sich stärcken/ die ware Buße und Gebrauch des H. Abendmals sich angelegen seyn lassen/ […] soll: Mit Fleiß also zusammen getragen/ und zum Valet hinterlassen von Johann Fülle/ alten 50. Jährig gewesenen Schul= und Kirchen=Diener/ und freyer Künste Liebhabern zu Plauen. Plauen 1668. ULB Halle, II 302 d (2).
Quellenzitat:
„Johann Fülle geweßener Schul: vnd Kirchendiener zu Koßkau ist vff vorgelegte Kundtschafft von der Gemeinde daselbst vnd abgelegten Burger Eÿdt zum Burger vff genommen vnd weilen E. E. Rath Er daß vergangene vnd heürige iahr seine Calender dediciret vnd ein guter armer mann ist, daß Burger Kelt ihme gratis vnd vmbsonst conferiret worden. Actum den 4 Jan: Ao 1643.“ (Stadtarchiv Plauen, Bürgerbuch 1570–1654, Bl. 226v).

Erstellt: 10.07.2014
Letzte Aktualisierung: 13.08.2019

fuelle_johann.txt · Zuletzt geändert: 2019/08/13 09:55 von klaus-dieter herbst