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**„M. Bartolemaeus Scultetus von Görlitz/ der Mathematischen künsten besondern liebhaber“; „Bartolemaeus Scultetus Gorl. Philomatem.“ (Selbstbezeichnungen auf den Titelblättern, zit. 1568, 1584)\\ | **„M. Bartolemaeus Scultetus von Görlitz/ der Mathematischen künsten besondern liebhaber“; „Bartolemaeus Scultetus Gorl. Philomatem.“ (Selbstbezeichnungen auf den Titelblättern, zit. 1568, 1584)\\ |
* 15.5.1540 Vorwerk auf dem Rabenberg bei Görlitz, † 21.6.1614 Görlitz\\ | * 14.5.1540 Vorwerk auf dem Rabenberg bei Görlitz, † 21.6.1614 Görlitz\\ |
Kalender seit 1568, verfaßt bis 1614** | Kalender seit 1568, verfaßt bis 1614** |
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Nach dem Besuch der Görlitzer Stadtschule und der höheren Lateinschule (Koch, 1907, S. 58; Jecht, 1914, S. 3) begann Scultetus am 1. September 1557 ein Studium an der Universität in Wittenberg (Förstemann, 1841, Bd. 1, S. 332 „[1557] Mense Septembri. 1. [...] Bartholomeus Schiltetus Görlicensis“), wechselte aber im Wintersemester 1559 nach Leipzig (Erler, 1909, Bd. 1, S. 427 „Scultetus Bartholom. Gorlicen. 3 gr. 6 d. i W 1559 P 13“). In Leipzig wohnte er im Haus des Mathematikprofessors Johann Hommel (1514–1562), der Scultetus auch beim Anfertigen mathematischer Instrumente anleitete (Koch, 1907, S. 58; zu den Instrumenten siehe Zinner, 1956/79, S. 532–534), und er lernte den Astronomen Tycho Brahe (1546–1601) kennen, der vom 24. März 1562 bis zum 17. Mai 1565 in der Messestadt weilte (Zinner, 1956/79, S. 388; Hellman, 1970, S. 401f.; vgl. Mosley, 2007, S. 35 und Pannier, 2015, S. 42). Brahe ließ sich einen Jakobsstab durch Scultetus mit Transversallinien, die eine genauere astronomische Messung ermöglichten, versehen (Koch, 1907, S. 58). Von dem umfangreichen Briefwechsel zwischen Brahe und Scultetus sind nur von fünf Briefen die Inhalte bekannt, es sind jene vom 12.10.1581, 17.8.1588, 8.12.1590, 12.3.1592, 7.1.1600 (Helfricht, 1999, S. 11; vgl. Mosley, 2007, S. 353).\\ | Nach dem Besuch der Görlitzer Stadtschule und der höheren Lateinschule (Koch, 1907, S. 58; Jecht, 1914, S. 3) begann Scultetus am 1. September 1557 ein Studium an der Universität in Wittenberg (Förstemann, 1841, Bd. 1, S. 332 „[1557] Mense Septembri. 1. [...] Bartholomeus Schiltetus Görlicensis“), wechselte aber im Wintersemester 1559 nach Leipzig (Erler, 1909, Bd. 1, S. 427 „Scultetus Bartholom. Gorlicen. 3 gr. 6 d. i W 1559 P 13“). In Leipzig wohnte er im Haus des Mathematikprofessors Johann Hommel (1514–1562), der Scultetus auch beim Anfertigen mathematischer Instrumente anleitete (Koch, 1907, S. 58; zu den Instrumenten siehe Zinner, 1956/79, S. 532–534), und er lernte den Astronomen Tycho Brahe (1546–1601) kennen, der vom 24. März 1562 bis zum 17. Mai 1565 in der Messestadt weilte (Zinner, 1956/79, S. 388; Hellman, 1970, S. 401f.; vgl. Mosley, 2007, S. 35 und Pannier, 2015, S. 42). Brahe ließ sich einen Jakobsstab durch Scultetus mit Transversallinien, die eine genauere astronomische Messung ermöglichten, versehen (Koch, 1907, S. 58). Von dem umfangreichen Briefwechsel zwischen Brahe und Scultetus sind nur von fünf Briefen die Inhalte bekannt, es sind jene vom 12.10.1581, 17.8.1588, 8.12.1590, 12.3.1592, 7.1.1600 (Helfricht, 1999, S. 11; vgl. Mosley, 2007, S. 353).\\ |
Die akademische Ausbildung schloß Scultetus mit der Promotion zum Magister der freien Künste und der Philosophie an der Wittenberger Universität am 24. Februar 1564 ab (UA Halle, Rep. 1, Nr. XXXXV, 1, Bd. 2, S. 189, Nr. 17; vgl. Koch, 1907, S. 58 mit Verweis auf Scultetus’ autobiographische Notiz in seiner Vorrede zur Gnomonik (anderer Druck, Titel 3); Helfricht, 1999, S. 14 mit Verweis auf den entsprechenden Eintrag im Dekanatsbuch der Philosophischen Fakultät, UA Halle, Rep. 1, Nr. XXXXV, 1, Bd. 2). Anschließend hielt Scultetus Vorlesungen in Wittenberg und Leipzig, aber es gelang ihm nicht, eine akademische Anstellung an einer der Universitäten zu erlangen (Koch, 1907, S. 60). Als Nachfolger von Hommel in Leipzig wurde Valentin Thau (1531–1575) berufen (UA Leipzig, Vetter, Vol. III, S. 141), mit dem Scultetus im Briefwechsel stand (Koch, 1907, S. 60 mit dem Hinweis auf einen Brief in der Landshuter Bibliothek).\\ | Die akademische Ausbildung schloß Scultetus mit der Promotion zum Magister der freien Künste und der Philosophie an der Wittenberger Universität am 24. Februar 1564 ab (UA Halle, Rep. 1, Nr. XXXXV, 1, Bd. 2, S. 189, Nr. 17; vgl. Koch, 1907, S. 58 mit Verweis auf Scultetus’ autobiographische Notiz in seiner Vorrede zur Gnomonik (anderer Druck, Titel 3); Helfricht, 1999, S. 14 mit Verweis auf den entsprechenden Eintrag im Dekanatsbuch der Philosophischen Fakultät, UA Halle, Rep. 1, Nr. XXXXV, 1, Bd. 2). Anschließend hielt Scultetus Vorlesungen in Wittenberg und Leipzig, aber es gelang ihm nicht, eine akademische Anstellung an einer der Universitäten zu erlangen (Koch, 1907, S. 60). Als Nachfolger von Hommel in Leipzig wurde Valentin Thau (1531–1575) berufen (UA Leipzig, Vetter, Vol. III, S. 141), mit dem Scultetus im Briefwechsel stand (Koch, 1907, S. 60 mit dem Hinweis auf einen Brief in der Landshuter Bibliothek).\\ |
Anfang 1567 kehrte Scultetus nach Görlitz zurück und bestritt seinen Lebensunterhalt zunächst mit dem Stellen von Nativitäten, dem Anfertigen von Landkarten und mit dem Verfassen von Druckschriften, die er hochgestellten Personen dedicirte und dafür Verehrungen (Geld) erhielt (Koch, 1907, S. 62; Pannier, 2015, S. 43; vgl. Kroker, 1921 und Reuther, 1957). 1570 wurde Scultetus „Mathematikus an dem 5 Jahre vorher im ehemaligen Franziskanerkloster eröffneten Görlitzer Gymnasium“ (Koch, 1907, S. 64). Die am 5. Juni 1570 gehaltene Antrittsrede „de antiquitate et usu arithmetices in schola Gorlicensis“ ist nicht überliefert (ebd.). Zuvor hatte Scultetus am 24. April 1570 die 44jährige Agnes Winkler, Tochter von Thomas Winkler und Witwe des Johann Tiele, geheiratet (Koch, 1916, S. 46 mit Verweis auf die Gelegenheitsschrift mit Glückwunschgedichten zur Hochzeit). Nachdem diese am 15. August 1572 gestorben war, heiratete Scultetus am 26. Januar 1573 die erst 15jährige Helene Röber, Tochter von Hans Röber dem Älteren und Justina (Jancke, 1868, S. 268; Koch, 1916, S. 46; Koch, 1907, S. 64, 73). Aus der Ehe mit Helene gingen von 1574 bis 1595 drei Söhne – Michael Honorius (geb. 28.9.1574), Emauel Friedrich (geb. 6.3.1580), Nathanael (geb. 2.8.1589) – und drei Töchter – Helene (geb. 29.4.1577), Sabina (geb. 28.1.1584), Rosina (geb. 1595) – hervor (Koch, 1916, S. 47–52; vgl. Koch, 1907, S. 74; Bahlcke, 2010 nennt nicht Michael Honorius und macht aus Emanuel Friedrich zwei Söhne).\\ | Anfang 1567 kehrte Scultetus nach Görlitz zurück und bestritt seinen Lebensunterhalt zunächst mit dem Stellen von Nativitäten, dem Anfertigen von Landkarten und mit dem Verfassen von Druckschriften, die er hochgestellten Personen dedicirte und dafür Verehrungen (Geld) erhielt (Koch, 1907, S. 62; Pannier, 2015, S. 43; vgl. Kroker, 1921 und Reuther, 1957). 1570 wurde Scultetus „Mathematikus an dem 5 Jahre vorher im ehemaligen Franziskanerkloster eröffneten Görlitzer Gymnasium“ (Koch, 1907, S. 64). Die am 5. Juni 1570 gehaltene Antrittsrede „de antiquitate et usu arithmetices in schola Gorlicensis“ ist nicht überliefert (ebd.). Zuvor hatte Scultetus am 24. April 1570 die 44jährige Agnes Winkler, Tochter von Thomas Winkler und Witwe des Johann Tiele, geheiratet (Koch, 1916, S. 46 mit Verweis auf die Gelegenheitsschrift mit Glückwunschgedichten zur Hochzeit). Nachdem diese am 15. August 1572 gestorben war, heiratete Scultetus am 26. Januar 1573 die erst 15jährige Helene Röber, Tochter von Hans Röber dem Älteren und Justina (Jancke, 1868, S. 268; Koch, 1916, S. 46; Koch, 1907, S. 64, 73). Aus der Ehe mit Helene gingen von 1574 bis 1595 drei Söhne – Michael Honorius (geb. 28.9.1574), Emanuel Friedrich (geb. 6.3.1580), Nathanael (geb. 2.8.1589) – und drei Töchter – Helene (geb. 29.4.1577), Sabina (geb. 28.1.1584), Rosina (geb. 1595) – hervor (Koch, 1916, S. 47–52; vgl. Koch, 1907, S. 74; Bahlcke, 2010 nennt nicht Michael Honorius und macht aus Emanuel Friedrich zwei Söhne).\\ |
Als Lehrer erhielt Scultetus jährlich 30 Taler (Koch, 1907, S. 66). Bis zum 17. Oktober 1584 lehrte er am Gymnasium, gab dann aber diese Tätigkeit aufgrund der Übernahme mehrerer städtischer Ämter (z. B. Ratsherr seit 1578, Bürgermeister, Richter, Kirchenvorsteher, Kämmerer) auf (Jancke, 1861a, S. 265; vgl. Koch, 1907, S. 66 mit dem Hinweis auf Scultetus geringe Stellung im Lehrerkollegium, was diesen zur Aufgabe der Lehrtätigkeit bewogen haben könnte). Aufgrund seiner angesehenen Stellung in der Stadt hatte er einen großen Bekanntenkreis. Von den ihn besuchenden auswärtigenden Gelehrten seien hier nur die auch als Kalendermacher tätig gewesenen genannt: → [[meine_menius_matthias|Matthias Meine]] aus Danzig besuchte Scultetus seit 1571 mehrfach und wohnte von 1573 bis 1574 auch in Görlitz (Koch, 1907, S. 69f.), der aus Lauban stammende → [[fabricius_paul|Paul Fabricius]] in Wien besuchte ihn 1574 (Fröde, 2010, S. 64), am 26. April 1607 kam → [[kepler_johannes|Johannes Kepler]] zu Besuch (Koch, 1916, S. 29; vgl. Keplers Brief an Scultetus vom 20.2.1605, KGW, Bd. XV, S. 160).\\ | Als Lehrer erhielt Scultetus jährlich 30 Taler (Koch, 1907, S. 66). Bis zum 17. Oktober 1584 lehrte er am Gymnasium, gab dann aber diese Tätigkeit aufgrund der Übernahme mehrerer städtischer Ämter (z. B. Ratsherr seit 1578, Bürgermeister, Richter, Kirchenvorsteher, Kämmerer) auf (Jancke, 1861a, S. 265; vgl. Koch, 1907, S. 66 mit dem Hinweis auf Scultetus geringe Stellung im Lehrerkollegium, was diesen zur Aufgabe der Lehrtätigkeit bewogen haben könnte). Aufgrund seiner angesehenen Stellung in der Stadt hatte er einen großen Bekanntenkreis. Von den ihn besuchenden auswärtigenden Gelehrten seien hier nur die auch als Kalendermacher tätig gewesenen genannt: → [[meine_menius_matthias|Matthias Meine]] aus Danzig besuchte Scultetus seit 1571 mehrfach und wohnte von 1573 bis 1574 auch in Görlitz (Koch, 1907, S. 69f.), der aus Lauban stammende → [[fabricius_paul|Paul Fabricius]] in Wien besuchte ihn 1574 (Fröde, 2010, S. 64), am 26. April 1607 kam → [[kepler_johannes|Johannes Kepler]] zu Besuch (Koch, 1916, S. 29; vgl. Keplers Brief an Scultetus vom 20.2.1605, KGW, Bd. XV, S. 160).\\ |
Neben den oben erwähnten Briefwechseln mit Brahe und Thau ist ein einzelner Brief von Scultetus vom 19. Januar 1597 an Johannes Welsz, Bürgermeister zu Görlitz, unter den Handschriften in der CWB Zittau (A 245 f, Collectanea Bartholomaei Sculteti, Bd. IV, Bl. 139; vgl. Fröde, 2009, S. 559) überliefert, den er im Kontext seiner städtischen Ämter verfaßte. Ein weiterer Brief vom 29. Oktober 1576 befindet sich im GNM Nürnberg (Historisches Archiv, V. Astronomen). Dieser war ein Begleitschreiben von Scultetus an den Rat der Stadt Löbau (abgedruckt in Koch, 1916, S. 55–57), der er seinen Schreibkalender für 1577 gewidmet hatte und dafür 10 Taler Verehrung erhielt. Die SLUB Dresden (Mscr. Dresd. C. 565, 123 und 191) verwahrt zwei Briefe von Scultetus an Christian Diestelmeyer (1552–1612), verfaßt 1603 und am 12. Oktober 1603. Schließlich besitzt die WLB Stuttgart (Cod. math. 4“ 14b, fol. 38r–39v) einen Brief von Scultetus an → [[hubner_bartholomaeus|Bartholomaeus Hubner]] vom 31. März 1583.\\ | Neben den oben erwähnten Briefwechseln mit Brahe und Thau ist ein einzelner Brief von Scultetus vom 19. Januar 1597 an Johannes Welsz, Bürgermeister zu Görlitz, unter den Handschriften in der CWB Zittau (A 245 f, Collectanea Bartholomaei Sculteti, Bd. IV, Bl. 139; vgl. Fröde, 2009, S. 559) überliefert, den er im Kontext seiner städtischen Ämter verfaßte. Ein weiterer Brief vom 29. Oktober 1576 befindet sich im GNM Nürnberg (Historisches Archiv, V. Astronomen). Dieser war ein Begleitschreiben von Scultetus an den Rat der Stadt Löbau (abgedruckt in Koch, 1916, S. 55–57), der er seinen Schreibkalender für 1577 gewidmet hatte und dafür 10 Taler Verehrung erhielt. Die SLUB Dresden (Mscr. Dresd. C. 565, 123 und 191) verwahrt zwei Briefe von Scultetus an Christian Diestelmeyer (1552–1612), verfaßt 1603 und am 12. Oktober 1603. Schließlich besitzt die WLB Stuttgart (Cod. math. 4“ 14b, fol. 38r–39v) einen Brief von Scultetus an → [[hubner_bartholomaeus|Bartholomaeus Hubner]] vom 31. März 1583.\\ |